Die mutige Ruth Colian

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Die mutige Ruth Colian. Foto Facebook
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Eine der kleinsten Parteien, die bei den israelischen Wahlen am Dienstag kaum eine Chance hat, auch nur ein Mandat zu gewinnen, ist die neunköpfige ultra-orthodoxe Frauenpartei „U-bis’chutan“ („Und in ihrem Verdienst“).

Diese von der ultra-orthodoxen Anwältin Ruth Colian gegründete Partei hat sich gegen vehementen Widerstand in den eigenen Kreisen durchsetzen müssen. So ging sie zum Beispiel gegen zwei ultra-orthodoxe Zeitungen gerichtlich vor, weil diese sich weigerten, Werbeannoncen für ihre Partei zu inserieren. Und sie gewann.

Vielen Israelis ist der Name Ruth Colian aber in einem ganz anderen Zusammenhang ein Begriff. Als im Dezember 2012 in der Konsumentenschutz-Sendung namens „Kolbotek“ ein Beitrag über die furchtbaren Bedingungen in einem Schlachthof namens Adom Adom ( Rot rot) ausgestrahlt wurde, empörte sich die Öffentlichkeit. Der Schlachthof, ein Tochterunternehmen des Konzerns Tenuva, musste einen regelrechten „Shitstorm“ über sich ergehen lassen. Während sich die Wogen bald wieder legten (und der besagte Schlachthof unter die Aufsicht des Tierschutzes kam), war es eine ultra-orthodoxe Frau namens Ruth Colian, welche die israelische Bevölkerung in Staunen versetzte. Nachdem sie eine Sammelklage gegen die Muttergesellschaft Tenuva für 100 Millionen Shekel eingeleitet hatte, organisierte sie eine von Ultra-Orthodoxen geleitete Demonstration gegen Tierquälerei.

Kashrut-Gesetze
Doch dann unternahm Colian einen wirklich gewagten Schritt: In Israel benötigen Lebensmittel einen sogenannten „Hechscher“, ein Gütesiegel einer in den jüdischen Gesetzen bewanderten Person welches bezeugt, dass die Ware unter strenger Einhaltung der jüdischen Speisegesetze ( „Kashrut-Gesetze“) hergestellt worden ist. Ruth Colian stellte den Koscher-Stempel für Fleisch von Tieren, die unter unnötigen Qualen gehalten und geschlachtet wurden, in Frage.

Die mutige Frau tat etwas, was noch nie jemand vor ihr versucht hatte: Sie wandte sich persönlich, mit Schlachthofbildern des Grauens ausgestattet, an für Kashrut verantwortliche rabbinische Institutionen und Rabbiner, welche den strengsten Koscherstempel für Lebensmittel erteilen. So z.B. an Rabbiner Machpud und an die „Badatz“-Kommission der Aschkenasischen Ultraorthodoxen Gemeinden. In ihrer ruhigen aber selbstsicheren Art, brachte sie ihre Klage vor, dass Fleisch, bei deren Produktion das jüdische Verbot der Tierquälerei übertreten worden war, doch nicht als koscher gelten könne. Die rabbinischen Persönlichkeiten waren von dem Gesehenen erschüttert – und gaben ihr Recht. Sie erliessen eine formelle Deklarierung, in welcher sie festlegten, dass unnötige Tierquälerei von der Tora strengstens verboten sei. Und wer dies bei der Tierhaltung und Schlachtung von Tieren übergehe – dem werde das Gütesiegel und der Koscher-Stempel entzogen.

ruthcoMenschen, welche die aufwendige Organisation zur Einhaltung des koscheren Essens einerseits und das Fehlen von weiblichen Stimmen in der ultra-orthodoxen Gesetzesauslegung andererseits kennen, können sicherlich abschätzen, welche Revolution Ruth Colian damals – im Namen des Tierschutzes – ausgelöst hat. Ihre Partei „U-Bis-Chutan“ wird es bei den Wahlen am Dienstag schwer haben, irgendwelche Sitze zu holen. Schade – denn Frauen wie sie wären für die Knesset eine Bereicherung.