Offener Brief der Reformierten Kirche Bern-Jura-Solothurn an Professor Stegemann

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Heiliggeistkirche Bern. Foto Absolutely new. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.
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Der Rat des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds (SEK), das Hilfswerk Evangelischer Kirchen Schweiz (HEKS) und die Reformierten Medien haben einen Brief erhalten, der von den „Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn“ an Prof. emer. Dr. Ekkehard Stegemann wegen seines Offenen Briefs an den Rat des SEK geschrieben wurden. Hier dokumentieren wir nun den Brief, der von den „Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn“ im Namen des Bereichs OeME (Oekumene, Mission und Entwicklung) von dessen Leiter öffentlich zugänglich gemacht wurde.

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Sehr geehrter Prof. emer. Dr. Stegemann

Die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn stehen wohl kaum im Verdacht, dem HEKS unkritisch gegenüber zu stehen (siehe Debatte um die Berufung von Roland Décorvet in den Stiftungsrat oder um den Ausstieg des HEKS aus der Guatemala-Kooperation).

Es ist uns aber aus der Perspektive des Bereichs OeME-Migration der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn ein Anliegen, dies im Sinne eines konstruktiven Beitrags zur Weiter-entwicklung „unseres“ Hilfswerks zu tun.

Ihr Vorwurf dagegen, HEKS betreibe eine “obsessiv anti-israelische Kampagne“ und unterstütze „extremistische“ Partner, welche „politisch auf die Abschaffung Israels zielen“ ist Polemik, die offenbar den einzigen Zweck hat, dem Werk ideell und finanziell zu schaden.

Die Arbeit des HEKS in Israel/Palästina ist breit abgestützt in internationalen Netzwerken der Zusammenarbeit, beim Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf, mit dem Ökumenischen Begleitprogramm in Palästina und Israel, EAPPI (für welches der SEK in der Schweiz das Patronat hat) und mit dem ökumenischen Forum Palästina-Israel, PIEF. Auch in der Schweiz besteht eine enge Vernetzung des HEKS mit weiteren säkularen und kirchlichen Hilfsorganisationen, die sich für die Menschenrechte und die Einhaltung internationalen Rechts in Israel/Palästina einsetzen.

Der Versuch, HEKS ein Extremismus-Label aufzudrücken wird keiner Prüfung standhalten.

Mit den Vorzeichen, welche Sie in ihrem offenen Brief setzen, kann leider auch für die von Ihnen geforderte Debatte unter den Mitgliedkirchen des SEK keine gute Prognose gegeben werden. Wenn die unaufgeregte Arbeit von Zochrot rund um das Rückkehrrecht palästinensischer Flüchtlinge, die konkreten Vorschläge, wie eine solche Rückkehr aussehen könnte und z.B. die Kurse zu fairen Planungsprozessen bereits eine Polemik auslösen, bei der die Aktivitäten ehemaliger Mitarbeitender der Organisation ins Feld geführt werden, ist die Gefahr einer Schlammschlacht gross.

Grundvoraussetzung für eine Debatte wäre, sich mindestens gegenseitig zuzugestehen, dass es die Intention der verschiedenen christlichen Hilfswerke und verschiedener Gruppen der Israel/Palästina-Solidarität ist, einen Beitrag zu einem gerechten Frieden in Israel/Palästina zu leisten. Als Basis gehörte dazu auch der Respekt der Arbeit ökumenischer Organisationen und des Kairos-Palästina-Prozesses christlicher Kirchen in Palästina.

Unter Anerkennung, dass das HEKS sehr gute Arbeit nach internationalen Standards leistet, müsste es dann wohl möglich sein, ohne gegenseitige Projektionen und Pauschalurteile darüber zu sprechen, wie sich Kirchen in der Schweiz einen Beitrag zum Frieden in Israel/Palästina wünschen und inwiefern solche Vorstellungen Völkerrecht und die Menschenrechte respektieren. Einer solchen sachlichen und fair geführten Debatte wird sich HEKS mit Sicherheit nicht verschliessen.

Übrigens: Selbstverständlich ist internationale Zusammenarbeit von Nichtregierungsorganisationen parteiisch. Sie steht nicht auf der Seite der ökonomischen, politischen und militärischen Macht, dort wo Menschen durch eben diese Mächte unterdrückt werden. Nichtregierungsorganisationen stehen auf der Seite der Menschen, die durch die bestehenden Verhält-nisse unter die Räder kommen, deren Grundbedürfnisse nicht gedeckt sind, deren Rechte missachtet werden und deren Entwicklungsmöglichkeiten systematisch beschnitten werden.

Deshalb ist jede Hilfe auch politisch. Dies ist für Staaten überall und immer unangenehm, auch für Israel/Palästina oder für die Schweiz.

Ein kirchliches Werk hat hier in der Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen einen wichtigen Auftrag. indem es unbegrenzten Ansprüchen ökonomischer, politischer und militärischer Macht entgegentritt, den Menschenrechten Gehör verschafft und die unantastbare und unverfügbare Würde des Menschen verteidigt.

Mit freundlichen Grüssen

Im Namen des Bereichs OeME-Migration der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn

Heinz Bichsel

Bereichsleiter

15. Januar 2015

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Ein Kommentar von Sacha Wigdorovits zu diesem Brief:

Sehr geehrter Herr Bichsel, als nicht der reformierten Kirche angehörend (ich bin Jude), kann ich mich an dieser innerkirchlichen Diskussion nur sehr partiell beteiligen. Zum Beispiel in Bezug auf den Schlusssatz Ihres Briefes, mit dem Sie zum Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern Stellung nehmen: „Ein kirchliches Werk hat hier in der Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen einen wichtigen Auftrag. indem es unbegrenzten Ansprüchen ökonomischer, politischer und militärischer Macht entgegentritt, den Menschenrechten Gehör verschafft und die unantastbare und unverfügbare Würde des Menschen verteidigt.“ Im Kontext Ihres Briefes ist es klar, dass sich das „den Menschenrechten Gehör verschaffen“ an die Adresse Israels richtet. Ich hoffe deshalb, es macht Ihnen nichts aus, mich als Uneingeweihten darüber aufzuklären, wie Sie bzw. das HEKS den „Menschenrechten“ jener palästinensischen Schulkinder oder Kranken Gehör verschafft, die darunter leiden, dass die Hamas Raketenstellungen auf Schulhäusern oder Spitälern postiert und dadurch gezielt die Gefährdung des Lebens dieser Schüler und Patienten in Kauf nimmt, um sie propagandistisch auszuschlachten. Oder was Sie bzw. das HEKS tut, um die „Menschenrechte“ jener israelischen Zivilisten zu schützen, auf welche diese Raketen gerichtet sind – selbst wenn diese „nur“ Juden sind.

Sacha Wigdorovits

 

1 Kommentar

  1. Als Christ und Schweizer bin ich zutiefst beschämt über solchem antiisraleischem Gesülz von Papierchristen. Jesus it Jude und in Israel geboren.

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