Der ISIS Effekt

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"Syria and Iraq 2014-onward War map" by Haghal Jagul - Licensed under Creative Commons Zero, Public Domain Dedication via Wikimedia Commons
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Als wäre der Globus ein Disneyland, reagiert die westliche Welt auf eine perfekte Hollywood Inszenierung: Drei Enthauptungen im mittelalterlichen Stil, wunderschön in der Wüste beim Abendlicht mit knalligen Kostümen gefilmt. Das bewegte Amerikaner, Franzosen und sogar Australier, mit ihren Kampffliegern gegen die ISIS loszuschlagen. Das Spektakel war darauf angelegt, urtümliche, von Grimms Märchen geprägte Seelenschmerzen der Europäer in Wallungen zu bringen. Sogar das pazifistische Deutschland ist plötzlich bereit, nicht nur Zelte und Decken für totgeweihte Jesiden auf der Flucht vor grausamen und gewissenslosen ISIS Kämpfern zu spendieren, sondern ihnen auch Waffen zu liefern, damit sie sich wehren können. Syrien und Irak liegen in Trümmern. Der Vormarsch der ISIS wurde mit schönen Grafiken in Zeitungen dargestellt, war aber kein Grund zu militärischem Eingreifen.

Flächenbrand und Krieg ist erst, wenn Israel mit Verteidigung droht oder die Amerikaner mitmachen.

Tausende Tote durch Selbstmordattentäter im Irak an jedem zweiten Wochenende wurden versteckter gemeldet als eine umgekippte Fähre in Bangladesch. Und der Bürgerkrieg in Syrien wurde erst ernst genommen, als das Assad-Regime nach über 100.000 Toten Giftgas eingesetzt hatte. Denn Giftgas ist in der westlichen Welt seit dem Ersten Weltkrieg ein emotionales Tabu, während Völkermord, die Zerstörung uralter Kulturstädte wie Aleppo oder Damaskus, die Ermordung und Vertreibung von Millionen Christen die Europäer so wenig berührt, wie der Genozid im ehemaligen Jugoslawien.

Manche Israelis versuchen derzeit, die Hamas mit ISIS zu vergleichen. Tatsächlich hat die Hamas schon in ihrer Gründungscharta von 1987 die Errichtung eines islamischen Kalifats in Palästina (anstelle Israels) zum Ziel erklärt. Seit den 1990-er Jahren hat die Hamas von Hisbollah im Libanon und Iran die gefährlichste taktische Waffe der Menschheit übernommen. Sie wurde in Nahost 1982 erstmals in Beirut gegen amerikanische und französische Friedenstruppen eingesetzt: Selbstmordattentate. Die lebenden Bomben können selbstständig denken. Zynisch, brutal und mit der Absicht, Zivilisten in Angst und Schrecken zu versetzen, ist das eine tückische wie effektive Methode, „weiche Ziele“ wie Linienbusse, Restaurants oder Synagogen anzugreifen.

Kein Zweifel. Die Hamas ist zu ähnlichen gewissenlosen Verbrechen gegen Juden, aber auch gegen Ausländer, Journalisten und palästinensischen Widersachern fähig, wie heute die ISIS. Nur hat sie niemals ihre Verbrechen derart wirkungsvoll präsentiert, wie es die ISIS mit drei Enthauptungen getan hat.

Die Palästinenser versuchten – von Jassir Arafat bis Mahmoud Abbas, von der Fatah-Partei und bis zur Hamas – seit den Flugzeugentführungen in den siebziger Jahren, dem Terrorüberfall auf das olympische Dorf in München 1972, Anschlägen in Wien, Paris, Rom und anderswo, systematisch, ein massives Vorgehen der internationalen Gemeinschaft gegen ihren Hauptfeind Israel zu veranlassen. Als jüngste Beispiele können hier der Gazakrieg und die mit schlimmsten Anfeindungen gespickte Rede des Präsidenten Mahmoud Abbas in der UNO genannt werden, wo Abbas Israel eines Genozid und anderer Kriegsverbrechen bezichtigt hat.

Mit Formeln wie „legitimer Widerstand gegen die Besatzung“ rechtfertigen die Palästinenser übelste Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Massenmorde an Frauen und Kindern. Die Mörder werden wie Helden verherrlicht und erhalten üppige Gehälter im israelischen Gefängnis (finanziert von den Europäern). Schulen, Plätze und Strassen werden nach den „Märtyrern“ benannt. Nirgendwo sonst in der Welt werden schlimmste Verbrechen als „legitimer Widerstand“ geduldet, weder in der amerikanischen oder sowjetischen Besatzungszone in Deutschland bis 1990, in Nordzypern oder in der Sahara. Palästinenser aller politischen Fraktionen verfolgen dabei nicht das Ziel, sich selber in Unrecht zu versetzen. Im Gegenteil, ihr Ziel ist vielmehr der Versuch, mit geballter Propaganda und Terror einen „ISIS-Effekt“ gegen Israel zu erreichen, indem die pure Existenz des jüdischen Staates infrage gestellt wird und ansonsten, wo es geht, vermeintliche oder echte Eigenschaften hervorgehoben werden, um die Völkergemeinschaft dazu zu bewegen, Israel abzuschaffen oder als Paria auszugrenzen.

So versucht die BDS Boykottbewegung gegen Israel einen weltweiten Boykott wegen vermeintlicher Apartheid und wegen der Besatzung zu forcieren. Teilweise hat BDS sogar Erfolg, indem die EU-Kommission eine Kennzeichnungspflicht von Waren aus den „illegalen Siedlungen“ durchsetzt. Dass damit rund 30.000 in den Siedlungen arbeitenden Palästinensern mehr geschadet wird, als der israelischen Wirtschaft, interessiert dabei die BDS-Bewegung nicht.

Obama war der erste amerikanische Präsident, der diese Siedlungen für „illegal“ erklärt hat, 2009 in Kairo, während sie zuvor nur als verhandelbares „Hindernis“ bezeichnet worden waren. Damit betrachteten die Palästinenser jegliche Verhandlungen für unmöglich, weil es doch nun Aufgabe der Amerikaner sei, die vermeintlich illegalen Siedlungen wegzuräumen. Israel könne den Palästinensern für deren Abbau nun keinen Preis mehr abverlangen. Auch der jüngste Gazakrieg wurde mit ähnlichen Gedanken angezettelt und von der Hamas in die Länge gezogen. Dabei beging die Hamas vielfältige Kriegsverbrechen, gemäss jeglichen Kriterien. Sie missbrauchte ihre Bevölkerung als menschliche Schutzschilde, beschoss mit Raketen Städte, also zivile Ziele in Israel, und liess andere Palästinenser hinrichten, ohne dass es zu internationalen Protesten gekommen wäre. Und trotz aller Kritik von Abbas an der Hamas, wegen der 15 mal gebrochenen Feuerpausen statt „nur“ 115 über 2.000 Tote im Gazastreifen verschuldet zu haben, bezichtigte der palästinensische Präsident vor der UNO Israel eines „Genozids“, obgleich längst erwiesen ist, dass an den von der Hamas veröffentlichten Totenlisten vieles nicht stimmt und von einem israelischen Massenmord im Gazastreifen nicht die Rede sein kann.

Wieder einmal wird so versucht, den Staat Israel der Völkergemeinschaft als das schlimmste Schreckgespenst auf Erden darzustellen. Dabei werden, wie im Falle der ISIS, durch Begriffe wie Völkermord, Rassismus und Landraub tief sitzende Gefühle mobilisiert.

Im Laufe der Jahrzehnte wurden die Palästinenser schon fürstlich belohnt mit internationaler Anerkennung, Bobachterstatus in der UNO, Mitgliedschaft in der UNESCO und Botschaften sogar in Berlin, Bern und Moskau. Bedauerlicherweise benutzen die Palästinenser diese Erfolge kaum, um sich selber voran zu bringen und ihren künftigen Staat aufzubauen. Vielmehr wollen sie Israel schaden, israelische Politiker und Militärs vor das internationale Gericht als Kriegsverbrecher zerren und den Staat wirtschaftlich boykottieren, anstatt mit ihm zu kooperieren. Pech für die Palästinenser ist, dass der Staat Israel bei aller Kritik an seiner Politik und ungeliebten Regierung nicht so einfach auf eine Stufe mit den fotogenen Scharfrichtern der ISIS gestellt werden kann. Und deshalb ist es auch nicht zu einem internationalen Krieg gegen Israel gekommen, wie es die Palästinenser anstreben, um am Ende ihren Staat auf dem Silbertablett präsentiert zu bekommen.

Ob man durch eine sentimentale Infantilisierung der Politik ein Volk in die Selbstständigkeit führen kann, ist ohnehin zweifelhaft.

2 Kommentare

  1. Wie schon mein Vater zu seinen lebzeiten zu sagen pflegte:
    "Die Welt will belogen werden, sonst ist sie nicht zufrieden."

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