Die Berichterstattung verschiedener Schweizer Medien zur gegenwärtigen Krise in Gaza und der vorangegangen Eskalation im Westjordanland hat Audiatur-Online bereits als einseitig kritisiert. Diese These lässt sich eindrücklich an den Schweizer Medienberichten vom Mittwoch 15.07.2014 festmachen. Eben jener Tag, an dem eine von Ägypten vermittelte Waffenruhe hätte in Kraft treten sollen. Doch während noch Widersprüchlichkeiten zu den Hintergründen noch ungeklärt sind – wurde die Hamas nun formell von Ägypten kontaktiert? Was ist mit den n widersprüchlichen Reaktionen vom Hamas-Politbüro, den Qassam-Brigaden als auch des Palästinensischen Islamischen Jihads? – ist es bezeichnend, wie die Schweizer Medien berichten.
Am frühen Morgen wurde zwar noch von allen Medien vermeldet, dass Israel die Waffenruhe akzeptiere, die Hamas aber nicht, lauteten die Schlagzeilen danach wie folgt: „Netanyahu droht Hamas mit verstärkten Angriffen“ (Newsnetz/Tagesanzeiger Online/Berner Zeitung Online, 11:38), „Hamas meldet israelischen Luftangriff auf den Gazastreifen“ (Tagesanzeiger Online, 13:16), „Israel fliegt wieder Angriffe auf den Gazastreifen (Newsnetz/Tagesanzeiger Online/Berner Zeitung Online, 14:35).
Einzig Tagesanzeiger-Online („Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen geht weiter“, 10:51) und die NZZ-Online („Wieder drei Raketen aus dem Gazastreifen eingeschlagen“, 10:22; „Weiterhin Raketenbeschuss Israels“, 11:08) wiesen in den Schlagzeilen eines Berichts bzw. zweier Agenturmeldungen auf die anhaltenden Raketenangriffe durch die Hamas hin. Erst als am späteren Abend dann erstmals ein israelischer Zivilist durch Mörserfeuer getötet wurde, wiesen auch weitere Medien in ihren Schlagzeilen auf den Raketenbeschuss hin.
In der einseitigen fünfstündigen Feuerpause seitens Israels (ab 9:00 Uhr) wurden über 50 Raketen von Hamas, PIJ und den Al-Aqsa-Brigaden der Fatah abgefeuert, bis Mitternacht waren es gemäss Angaben der IDF 141.
Bei der Titelwahl fällt ein weiterer Aspekt auf: Israel bzw. Netanyahu werden als Akteure benannt, ihre Handlungen mit einem aktiven Verb illustriert – „Netanyahu DROHT…“, „Israel FLIEGT…“. Anders der Raketenbeschuss aus Gaza: Hier fehlt der Akteur und demzufolge wird die Handlung mit einer passiven Verbkonstruktion beschrieben oder nominalisiert – „Raketen EINGESCHLAGEN“, „Wieder RAKETENBESCHUSS“.
Wie lässt sich die Entscheidung, Israel als Akteur zu benennen, Hamas und andere Terrororganisationen aber nicht, erklären? Möglich wäre, dass bei Israels Luftangriffen keine Zweifel darüber herrscht, wer diese durchführt im Gegensatz zu den Raketenangriffen aus Gaza, wo nicht immer klar ist, wer de facto die Verantwortung dafür trägt, zumal sich teilweise mehr als eine Gruppe zu Abschüssen bekennt. Abhilfe schaffen könnte, die Akteure als „Radikale Palästinensern“ oder „Militante“ zu benennen, wie in den Artikeln gängig.
Journalisten und Redakteure sollten die Wirkungskraft kennen, die Schlagzeilen entfalten können –sie sind oftmals das einzige, was von einem Artikel in Erinnerung bleibt. Von den Schweizer Medien wäre angesichts ihrer eigenen Ansprüche einen besser reflektierten Umgang mit der Titelsetzung zu erwarten; nicht nur, aber gerade auch in Bezug auf den Nahostkonflikt.