"Where are you from?"

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Saeb Erekat. Fofo Seeds of Peace
Saeb Erekat. Fofo Seeds of Peace
Lesezeit: 4 Minuten

Ein Amerikaner fragt: „Where are you from?“ und verabschiedet sich mit dem Spruch: „Have a nice day.“

Im Nahen Osten führt das leicht zur anzüglichen politischen Anklage. Israelis sieht man es an, wenn sie aus Äthiopiern stammen und hört es bei Einwanderern aus Russland. Palästinenser empören sich, in „ihrem Land“ an Strassensperren von einem „Russen“ oder einem „Äthiopier“ kontrolliert zu werden. Israelis aus Irak, Marokko, Polen oder Deutschland scheinen sie weniger zu stören, obgleich auch sie irgendwann eingewandert sind.

Israelische Juden sind meist stolz auf ihre Herkunft. Denn die mitgebrachte Kultur, Musik, Sprache, Kunst und Hautfarbe bedeuten keinen Widerspruch zu ihrer Zugehörigkeit zum jüdischen Volk.

Anders die Palästinenser. Auch die wissen meist genau, wo sie herstammen, aber sie wollen es nicht wahr haben. Manchmal verrät es der Nachname. El Masri bedeutet „der Ägypter“. Der „palästinensische“ Präsident des  Lutherischen Weltbundes heißt Munib Younan, also der Grieche. Hidschasi und Hourani sind Provinzen in Saudi Arabien und Syrien. Die Dadschanis sind eine bekannte Grossfamilie aus Damaskus. Kurios wird die Liste beim mächtigen Natsche-Clan aus Hebron. Angeblich handelt es sich um eingewanderte Glasbläser aus der Schweiz, die irgendwann das „i“ in ihrem Namen in ein „a“ verwandelt haben: „Nietzsche“!

Ethymologie von Familiennamen ist ein spannendes Thema. Wer Müller, Meier, Schmidt, Kohl oder Koch heisst, der weiß, was seine Vorfahren getrieben haben. Die jüdischen Schapiras oder Szpiros lebten im Mittelalter in Speyer. Kohn, Kahn, Katz, Cohen und Katzenellenbogen bezeugen die Zugehörigkeit zur jüdischen Priesterkaste, Nachkommen des biblischen Aahron. Wer Königsberg heisst, müsste sich heute, politisch korrekt, in Kaliningrad umbenennen.

Das alles wäre unbedeutend und eine Spielwiese für Hobbyforscher, wenn der palästinensische Friedensverhandler Saeb Erekat daraus nicht tierischen Ernst gemacht hätte. Erekats Familie gehört zum Beduinenstamm Huweitat aus der Hidschas Region im heutigen Saudi Arabien. Anfang des vorigen Jahrhunderts wanderte sie durch das heutige Jordanien nach Palästina ein und ließ sich in Abu Dis bei Jerusalem nieder. Doch Erekat erklärte, ein Nachfahre der biblischen Kanaanäer zu sein und deshalb den unter Josua als Eroberer eingefallenen Israeliten in „Palästina“ um Jahrhunderte zuvor gekommen zu sein. Der Politiker wollte bekräftigen, dass er ein „Eingeborener“ sei und deshalb exklusiven Anspruch auf das Land erhebe, während die Juden, Nachfahren der biblischen Israeliten, spätere Eroberer gewesen seien.

Wie die Behauptung, dass Jesus der erste Palästinenser war und dass es nie einen jüdischen Tempel in Jerusalem gegeben habe, darf auch Erekats Erklärung nicht als lächerliches Kuriosum abgetan werden. Es geht um die Erfindung eines palästinensischen „Narrativs“, einer Nationalideologie, die zunehmend einer „Lösung“ des Nahostkonflikts im Wege steht. Denn diese Form des Nationalismus postuliert exklusiver Anrechte für nur ein Volk, ignoriert die Geschichte und dient in diesem Fall dazu, den jüdischen Staat und das jüdische Volk zu delegitimieren.

Die UNO, die USA, Israel und der Rest der Welt haben ab 1974 das „palästinensische Volk“ anerkannt. Heute gibt also zweifelsfrei ein Volk, aber ohne Geschichte, Staatsgebiet oder Erwähnung in älteren Dokumenten. Aus alten Reiseberichten und Volkszählungen der Briten während der Mandatszeit geht eine massive Zuwanderung von Arabern aus umliegenden Regionen hervor, während gleichzeitig Juden aus Europa und später aus allen arabischen Staaten kamen. Selbst Christen sind Stolz, wenn sie ihren Stammbaum bis zu den Kreuzfahrern zurückverfolgen können. Nur ein Bruchteil der Bewohner des Heiligen Landes dürften echte Nachfahren einer „Urbevölkerung“ sein, die schon in biblischer Zeit durch Kriege und Eroberungen ständig gewechselt hat.

Das versucht Erekat nun per Geschichtsklitterung zu korrigieren, indem er sich als Nachfahre der untergegangenen oder „ausgestorbenen“ Kanaanäer bezeichnet. So erhebt er mit rassistischen Argumenten politische Ansprüche. Das ist genauso fragwürdig wie Schlomo Sands „Erfindung des jüdischen Volkes“ oder  die Methode eines anderen israelischen Forschers, Tzvi Misinai, mit Anthropologie und genetischer Forschung alle Palästinenser (bis auf 5 % Araber unter ihnen) zu jüdischen Blutsbrüdern zu machen. Sie seien Nachfahren der biblischen Israeliten. Das Nahostproblem lasse sich ganz einfach lösen, indem sich die Palästinenser ihrer jüdischen Ursprünge erinnern und dem zionistischen Projekt Israel anschließen. Wie man es auch dreht. Alle Versuche, politische Ansprüche mit Genetik, Rasse oder Anrechten von „Eingeborenen“ zu gestalten, erweisen sich als absurdes und gefährliches Ansinnen.

Zu viele Völkerwanderungen haben die Welt derart verändert, dass man nicht einfach das Rad zurückdrehen und ganze Kontinente wie Amerika oder Australien den „Eingeborenen“ übergeben könnte.

Genetische Laborergebnisse haben nirgendwo Staatsgrenzen oder die Identität von Völkern bestimmt. Sonst müssten die aus Afrika zugewanderten Homo Sapiens ganz Europa zugunsten der (ausgestorbenen) Neandertaler räumen.

 

Über Ulrich W. Sahm

Ulrich W. Sahm, Sohn eines deutschen Diplomaten, belegte nach erfolgtem Hochschulabschluss in ev. Theologie, Judaistik und Linguistik in Deutschland noch ein Studium der Hebräischen Literatur an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Seit 1975 ist Ulrich Sahm Nahost-Korrespondent für verschiedene deutschsprachige Medien und berichtet direkt aus Jerusalem.

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1 Kommentar

  1. Saeb Erekat @ Nach der Bibel, soll Joshua die kananitischen Bewohner Jerichos mit ausnahme der Hure Rahaw und ihrer Angehoerigen, ausgeloescht haben. Saeb Erekat, der sich Kananiter aus Jericho, bezeichnet ist entweder ein Luegner oder aber der Sohn einer ….. .

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