Wachstum in der Tourismusbranche, Profit für Israelis und Palästinenser

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Zahlen des israelischen Ministeriums für Tourismus zeigen, dass 2013 ein Rekordjahr war: 3.6 Millionen Touristen kamen nach Israel. Eine erhellende Geschichte in dem sonst eher düsteren Bild der Tourismusbranche im östlichen Mittelmeer. Eine Region, beeinflusst von der andauernden politischen Instabilität und Gewalt in Ägypten, Libyen und Tunesien, dem Blutbad des Bürgerkriegs in Syrien und den Wellen von Flüchtlingen, die in den Libanon, die Südtürkei, den Irak und Jordanien gelangen.

Im Vergleich zu 2012 ist der Tourismus zwar nur um 2 Prozent angestiegen; doch dass überhaupt ein Wachstum zu verzeichnen ist, bezeugt ein erfolgreiches Marketing in den traditionellen Märkten in Westeuropa und Nordamerika. Zudem ist eine beeindruckende Zahl von Besuchern aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion und Lateinamerika zu verzeichnen.

Die politischen Spannungen zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde unter der Fatah im Westjordanland halten an. Die Beziehung zwischen Israel und Gaza unter der Hamas bewegen sich stets am Rande eines Krieges. Trotzdem profitiert die palästinensische Wirtschaft – besonders im Westjordanland – enorm vom Zuwachs im Tourismus in Israel. Zu erwarten ist, dass etwa 2.5 Millionen Touristen im Jahr 2013 die palästinensischen Gebiete besuchten. Ebenfalls ein Rekord an Besucherzahlen.

Die Mehrheit der Touristen in Israel sind Christen, die neben den christlichen Stätten auch andere Orte besichtigen wollen, wie Jerusalem, Nazareth, das Tote Meer, Jaffa, den See Genezareth, die alle unter israelischer Verwaltung stehen. Zudem will der Grossteil der christlichen Touristen auch Städte besuchen, die entweder ganz oder teilweise in palästinensisch verwalteten Gebieten im Westjordanland liegen, wie Bethlehem, Jericho, Hebron und Nablus. Während sich palästinensische Politiker stets und lautstark über die Sicherheitskontrollen zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten beschweren, haben Touristen selten Probleme, diese zu passieren, besonders wenn sie in organisierten Reisegruppen unterwegs sind.

Vielmehr gibt es eine beachtliche und solide Zusammenarbeit zwischen der israelischen und palästinensischen Tourismusbranche, um einen grenzüberschreitenden Verkehr zu ermöglichen. Allerdings gibt es dazu nur selten Mitteilungen. Besonders war das 2013 zu den Weihnachtsfeierlichkeiten in Bethlehem deutlich: Einzel- und Gruppenreisende, die aus Jerusalem kamen, erhielten einen Passierschein für die Gottesdienste und fuhren mit einem Charterbus nach Bethlehem. Zu Ostern und Weihnachten sind Unterkünfte in Jerusalem oftmals ausgebucht und viele Reisegruppen bleiben einfach in Bethlehem, Jericho und anderen palästinensischen Städten. In der Tat sind Unterkünfte im Westjordanland oftmals preiswerter als in Israel, was preisbewusste Pilgerreisende anspricht.

Die Wirtschaft in Jericho und Bethlehem beruht zum Grossteil auf der Tourismusbranche. Der Tourismus macht schätzungsweise 30% des palästinensischen BIP im Westjordanland aus. Während der Al Aqsa-Intifada zwischen Oktober 2000 bis Dezember 2003 gab es sowohl in Israel als auch in den palästinensischen Gebieten alarmierende Einbrüche im Tourismusbereich. Mit Ende der Intifada konnte sich der Tourismus erholen, zum wirtschaftlichen Profit von Israel und des Westjordanlandes.

Ein gegenseitiges wirtschaftliches Selbstinteresse ist der Antrieb für die Zusammenarbeit der staatlichen Verkehrsbüros und Privatunternehmen dieser Branche – israelische wie palästinensische. Doch diese Zusammenarbeit steht im starken Gegensatz zu den meisten anderen Aspekten der israelisch-palästinensischen Beziehung. Es zeigt aber auch, dass das Selbstinteresse am Tourismus und der Wirtschaft im weiteren Sinne auf Gegenseitigkeit beruht und langfristig gesehen das Potenzial birgt, ein wichtiger Antrieb für ein politisches Abkommen zwischen Israelis und Palästinensern zu sein.

Die Vorteile, die eine Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinensern in der Tourismusbrache bringen, konfrontieren die Verfechter von Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) gegen Israel mit unbequemen Fragen. Wie sollen denn jene, die angebliches Interesse an der Solidarität mit Palästinensern bekunden und zu einem Boykott des Tourismus nach Israel aufrufen, aber nach Palästina reisen wollen, um die dortige Wirtschaft unterstützen wollen, das genau machen?

Zum jetzigen Zeitpunkt gelangt man in die palästinensischen Gebiete nur via israelisches Gebiet; Gaza wäre von Ägypten her erreichbar, doch die Grenze ist derzeit geschlossen. Es gibt keine Direktflüge ins Westjordanland. Um ihrem Hass gegen Israel Ausdruck zu geben, wollen BDS Anhänger die palästinensische Wirtschaft ruinieren. Sie verwehren damit Tausenden Palästinenser in der Reisebranche ihre Arbeit und reduzieren sie, von internationaler Sozialhilfe abhängig zu sein – und das nur, um eine inhaltslose politische Aussage zu machen. Reisende aus aller Welt werden weiterhin mit ihren Füssen abstimmen und nach Israel und die palästinensischen Gebiete reisen – ungeachtet des Geschwätzes der BDS-Anhänger und ihren Webseiten.

Die Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinensern in der Tourismusbranche erfolgt vielleicht tatsächlich unter Zähneknirschen – auf beiden Seiten. Lange bevor ich mich akademisch mit dem östlichen Mittelmeerraum und dem israelischen Tourismus auseinandergesetzt habe, war ich Zeuge von viel aufrichtigem Goodwill zwischen israelischen und palästinensischen Verkehrsfachleiten und Regierungsbeamten. Die Grundlage eines Friedensprozesses, wie überstrapaziert diese auch sein mag, ist eine rentable Friedensdividende für alle Beteiligten. Der Anstieg im Tourismus und in der Wirtschaft und die daraus entstehenden Vorteile – gegenwärtig und in naher Zukunft – sind für Israelis und Palästinenser gleichermassen ein Lichtstrahl in einer aufgewühlten Region.

The author of this article, Dr. David Beirman, is a Senior Lecturer in Tourism – University of Technology – Sydney. He was National Secretary of the Eastern Mediterranean Tourism Association (Australia) from 2000-2012 and Director of the Israel Govt. Tourism Office (Australasia/Oceania) 1994-2006.

Quelle: Israel’s tourism growth in 2013 – a bright spot in Middle East tourism by David Beirman, special to eTN © eTN Global Travel Industry News, February 5, 2014.