Journalist als Historiker

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In der Weihnachtszeit läuft die palästinensische Propaganda auf Hochtouren, zumal Jesus in der palästinensischen Autonomiestadt Bethlehem geboren wurde. Da wird zum Beispiel behauptet, dass Bethlehem „völlig von der Mauer umgeben sei“. Das ist faktisch falsch. Aber wie kann man das Gegenteil beweisen, wenn Touristen von Jerusalem kommend durch den „Checkpoint 300“ nach Bethlehem ein- und ausreisen, und rechts und links nur die Mauer zu sehen ist?

Wenn man auf der sogenannten Tunnelstraße in Richung Westjordanland unterwegs ist und auf der alten Straße zwischen Hebron und Jerusalem nach Bethlehem einfährt, ist jedoch weit und breit keine Mauer zu sehen. Dort steht neben der Straße ein rotes Schild, das israelischen Staatsbürgern die Einreise in palästinensische Gebiete „unter Strafe“ strikt verbietet. Der Grund sind zahlreiche Morde an Juden in den palästinensisch verwalteten Gebieten, darunter auch in Bethlehem. Nach 300 Metern gibt es einen palästinensischen Checkpoint. Die Polizisten prüfen Autofahrer in Fahrzeugen mit gelben (israelischen) Kennzeichen. Juden werden zurückgeschickt. Araber und Journalisten werden durchgelassen.

Josef und die schwangere Maria wären heutzutage von der palästinensischen Polizei zurückgewiesen worden! Denn sie wären gemäß heutigen Vorstellungen Israelis und keine Palästinenser. Obgleich Kaiser Hadrian erst im Jahr 132 die römische Provinz Judäa in „Palästina“ umbenannt hat, wird Jesus in der Propaganda anachronistisch als „erster Palästinenser“ bezeichnet.

Aus aktuellem Anlass, nämlich Weihnachten, wollten wir mal prüfen, wie die Medien mit diesem Phänomen umgehen. Heute gibt es nicht nur Google, sondern auch das kürzlich geöffnete Archiv der NZZ. Eingescannt wurde die ganz Zeitung zurück bis 1789. Wir gaben also das Suchwort „Palästinenser“ ein.

Zwischen 1780 und 1960 wurden in der ehrwürdigen Schweizer Zeitung nur ein einziges Mal „Palästinenser“ erwähnt: am 19.9.1958. In einem Bericht über Libanon steht da in der Kurzfassung: „Palästinenser nennen sie sich selbst. In Libanon sind etwa 30.000 ehemalige Palästinenser zu Bürgern des Landes geworden. Sehr oft zeigen die reichen Palästinenser eine abgründige Verachtung für ihre armen Landsleute…“

Eigentümlich. Könnte es sein, dass die NZZ bis 1958 nichts von dem vermeintlich uralten Volk der Palästinenser wusste? Die „Nakba“ (die Vertreibung/Flucht der Palästinenser 1948) und sogar die „Tatsache“, dass Jesus „Palästinenser“ war, bleiben in der NZZ unerwähnt.

Den Begriff „Palästinenser“ gibt es eigentlich erst seit 1968, als Jassir Arafat den „Arabern Palästinas“ den Namen „Palästinenser“ verpasste und für sie nationale Ansprüche erhob. Weitere Recherchen ergeben, dass die UNO erstmals 1974 den Begriff „Palästinenser“ in einer Resolution verwendete. Sogar die UNO-Flüchtlingshilfeorganisation UNWRA, die sich allein um „palästinensische Flüchtlinge“ kümmert (die UNHCR ist für alle übrigen Flüchtlinge der Welt verantwortlich) redet bis heute nicht von „Palästinensern“, sondern korrekt von „Arab refugees of Palestine“ (Arabischen Flüchtlingen aus Palästina). Mit Palästina war das Gebiet des britischen Mandats gemeint. Und wenn die UNO-Organisation die Betonung auf „Arab Refugees“ legt, so macht sie implizit klar, dass sie kein Mandat habe, sich um jüdische Flüchtlinge zu kümmern, etwa aus dem jüdischen Viertel der Altstadt Jerusalems.

Das gleiche Spiel mit anderen Begriffen bringt ebenso überraschende Ergebnisse, zum Beispiel „Menschenrechte“. Erwartungsgemäß berichtet die NZZ über die Ausrufung der universellen Menschenrechte infolge der französischen Revolution am 12. September 1789. Zwischen 1780 und 1933 erinnert die Zeitung einige Male an die Ausrufung der Menschenrechte, doch während des Zweiten Weltkriegs wird das Wort nur drei Mal erwähnt.

Niemand zweifelt wohl, dass die Menschenrechte niemals so schlimm verletzt worden sind wie während des Zweiten Weltkriegs. Obgleich das Wort schon existierte, wurde es für die ungeheuerlichen Verbrechen jener Zeit nicht angewandt.

Weitere Schlüsse aus dieser simplen Entdeckung sollten Historiker ziehen, doch generell gilt, darauf zu achten, Begriffe nicht vor ihrer Erfindung zu verwenden. Das gilt natürlich auch für „Israelis“. Die sind wie die Palästinenser nicht vom Himmel gefallen. Dennoch gibt es Israelis erst seit dem 15. Mai 1948 und keinen Tag zuvor.

Die weit verbreitete Verwendung von Begriffen und Worten vor ihrer Erfindung dient der Schaffung eines historischen Bewusstseins, das reine Geschichtsklitterung und deshalb absurd ist.

1 Kommentar

  1. Danke, Ulrich Sahm! Eine so klare, richtige Beschreibung eines Sachverhalts ist nicht jedermann gegeben.
    lg und frohe Weihnachten
    caruso

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