Mit Beduinen Israel angreifen

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Der „Tag des Zorns“, der von einigen israelischen Beduinen Ende November inszeniert wurde, ist für Kritiker Israels die perfekte Gelegenheit, einige ihrer Standardphrasen vom jüdischen Staat, der arabisches Land klaue, aufzutischen. Das war der Dünkel eines Briefes, der von vielen britischen Künstlern und Propagandisten unterzeichnet wurde, die man normalerweise bei Demonstrationen gegen die Existenz Israels antrifft. Auch anderenorts wurden Kundgebungen veranstaltet, an denen Sympathien für Beduinen und die Verachtung für Israel ihren  Lauf nahmen. Sogar linke jüdische Gruppen wie die Rabbis for Human Rights, stimmten mit ein, indem sie trügerische Vergleiche der zwischen der Vorgehensweise der israelischen Regierung und den Opfern antisemitischer Unterdrückung im zaristischen Russland anstellten. Aber wie bei den vielen Sünden, derer Israel beschuldigt wird, haben  die tatsächlichen Geschehnisse nichts gemein mit dem allzu einfachen Moralmärchen über die zionistische Niedertracht, das man zu hören bekommt.

Die Proteste der Beduinen konzentrieren sich auf einen Regierungsplan, der ausgearbeitet wurde, um dem ärmsten Bevölkerungsteil im Land zu helfen. Die Beduinen leben zusammengezogen im Negev, wo sie seit Generationen als Nomaden existieren. Eine Regierungskommission forderte die Umsiedlung von etwa 30‘000 Beduinen in neue Städte, die drei bis fünf Kilometer von ihrem gegenwärtigen Wohnort entfernt liegen und wo sie staatliche Dienstleistungen erhalten könnten, die man unmöglich Personen zukommen lassen kann, die entweder im Land umherziehen oder verstreut in Slums wohnen.

Haviv Rettig Gur veröffentlichte in der Times of Israel eine ausgezeichnete Analyse der Situation: „Israel hat bereits etliche willkürliche Zelt-Städte der beduinischen ‚Zerstreuung‘ anerkannt, kann aber in dieser Form nicht unendlich weitermachen aus dem einfachen Grund, weil die Beduinen aus dem Negev gemäss der israelischen Regierung die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe der Welt sind. Alle 15 Jahre verdoppelt sich ihre Zahl und bis 2020 wird diese vermutlich auf 300‘000 ansteigen. Ohne städtische Planung und mehrstöckigen Häusern gibt es keinen nachhaltigen Weg, solch eine rasant wachsende Bevölkerungsgruppe unterzubringen.“

Während die israelischen Beduinen einen legitimen Groll gegen die Regierung hegen, ist das Denkbild, dass ihnen Land gestohlen und sie zu einer weiteren Gruppe heimatloser palästinensischer Flüchtlinge gemacht werden, hingegen Schwachsinn.

Wie Gur anmerkt, besteht eine Kluft zwischen jenen, die behaupten im Namen der Beduinen zu sprechen, und den meisten Angehörigen diese Gruppe. Obwohl die ausländischen Unterstützer von ihnen als „Palästinenser“ sprechen, sind die Beduinen loyale israelische Staatsbürger, deren Söhne in der IDF dienen. Die Beduinen und palästinensischen Araber sind Angehöriger zwei verschiedener Gruppen mit unterschiedlicher Geschichte und Identitäten. Die überwältigende Mehrheit stellt keine Forderungen wegen Landverlust und sogar die Minderheit, die Forderungen stellt, hat nur wenig in den Händen, um diese zu unterstützen. Die meisten werden nicht umgesiedelt und einige ihrer Städte von der Regierung anerkannt und sie werden erhebliche Geldspritzen bekommen, um die notwendige Infrastruktur aufzubauen.

Wie Gur und andere Israelis, die mit der Notlage der Beduinen sympathisieren, feststellen, ist es gänzlich möglich zu behaupten, dass diejenigen, die aus Slums ohne sauberes Wasser, Abwasser oder anderen Vorzügen in neue Bauprojekte umgesiedelt werden, keine ausreichende Entschädigungszahlung erhalten könnten. Ebenfalls gibt Bedenken, dass die neuen Orte unangemessen sein könnten. Gewiss sollte Israels Geschichte dürftig geplanter Baustädten für Hunderttausende jüdische Flüchtlinge aus arabischen und muslimischen Ländern (die wahren vergessenen Flüchtlinge) in den 1950er Jahren jeden beunruhigen, der in Erwägung zieht, dieses Beispiel mit Beduinen wiederholen zu wollen.

Wenn jedoch Beduinen staatliche Leistungen, die sie brauchen und verdienen, erhalten wollen, müssen viele von ihnen sesshaft werden, statt weiterhin eine nomadische Existenz zu führen. Diese ist inkompatibel  mit der Aufrechterhaltung von Gesundheitsstandards, geschweige denn von Bildung und Möglichkeiten im Arbeitsmarkt.

Die Romantisierung der nomadischen Lebensform in westlicher Literatur und Vorstellung trägt dazu bei, Ressentiments gegen Israels Bemühungen anzufachen. Aber es gilt zu verstehen, dass die Zustimmung der israelischen Regierung zum Status Quo das schlechteste Ergebnis für die Beduinen wäre. Wenn Hunderttausenden israelischen Staatsbürgern ein anständiger Lebensstandard geboten wird, ist die Schaffung von Städten, in denen Beduinen Zugang zu sauberem Wasser, anständigen Wohnungen und Schulen haben, ein Muss. Die Behauptung, man müsse die ganze Wüste als offenen Bereich betrachten, in dem es Beduinen erlaubt sein müsste herumzuwandern, ohne das Recht oder das Bedürfnis anderer israelischer Bürger zu berücksichtigen oder das Wohlergehen der Beduinen selbst, die gegenwärtig in unhygienischen und nicht malerischen Zeltstädten leben, ist eine Haltung, die weder im Gesetz, noch in guter öffentlicher Politik verwurzelt ist.

Doch die Kritiker Israels sind nicht wirklich an diesen Fakten interessiert, genauso wenig wie sie zu verstehen versuchen, warum der jüdische Staat einen Sicherheitszaun bauen musste, um seine Bevölkerung vor palästinensischen Selbstmordattentätern zu schützen, oder warum man nicht weiter zulassen darf, dass terroristische Enklaven in Gaza weiter Raketen auf Städte, Dörfer und Farmen  in Südisrael abfeuern.

Im Negev ist Israel mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, eine Situation zu verwalten, in der eine prämoderne Lebensform gegen die Realität des Lebensstandards des 21. Jahrhunderts ausgespielt wird. Während Israels Politik vielleicht nicht perfekt ist, nutzen die meisten, die behaupten, den Beduinen wohlgesonnen zu sein, sie lediglich als einen weiteren Knüppel, mit dem man auf Israel einschlagen kann.

Die Demonstrationen in Europa und den USA haben nur wenig gemein mit dem tatsächlichen Leid eines Teils der Beduinen zu tun oder mit dem, was Israel mit ihnen richtig oder falsch macht. Es ist bloss eine weitere Ausrede für diejenigen, die glauben, dass Juden kein Recht auf Souveränität in jedwedem Teil ihrer antiken Heimat haben, um falsche Anschuldigungen des Landraubes aufzustellen. Obwohl die Beduinen eine faire Behandlung verdienen, wollen jene, die dieses Thema für sich ausschlachten, eine unfaire Behandlung von Israel.

Originalversion: Using the Bedouin to Attack Israel by Jonathan S. Tobin © Commentary Magazine, December 2, 2013.

1 Kommentar

  1. Danke für diesen wirklich informativen Artikel, der alle wesentlichen Punkte verständlich zusammenfasst.
    Dass die Beduinen von einigen, auch jüdischen Gruppierungen instrumentalisiert werden, habe ich am vergangenen Samstag auf dem Helvetiaplatz in Zürich erlebt. Auf den wenigen, DIN A3 grossen Plakätchen stand "Stop Pawer". Das war alles, was es an Information gab. So musste man sich nicht wirklich festlegen, für, rsp. gegen was man eigentlich demonstrierte. Für die Beduinen war es kaum, es ging wohl eher, wie bei diesen Anlässen üblich gegen Israel!

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