1.500 neue Wohnungen für jüdische Siedler

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Die 1.500 neuen Wohnungen in der „völkerrechtlich illegalen jüdischen Siedlung“ Ramot Schlomo in Jerusalem haben schon mehrfach internationale Empörung ausgelöst und werden in Zukunft zu weiteren Skandalen hochgespielt werden können.

In Agenturmeldungen hieß es in der Nacht zum Mittwoch, dass der israelische Armeehörfunk den Bau der neuen Wohnungen „verkündet“ hätte. Eine Nachfrage beim israelischen Innenministerium ergab, dass der Armeehörfunk keine Befugnis habe, Wohnung zu bauen oder deren Bau zu verkünden. Vielmehr habe das Innenministerium in der Zeitung Ma’ariv eine „statutorische Anzeige“ geschaltet, wie es bei jeder Ausschreibung von Regierungsprojekten gesetzliche Pflicht sei. Solche Anzeigen würden periodisch geschaltet, ohne jeden Zusammenhang mit aktuellen Ereignissen wie der Freilassung palästinensischer Häftlinge.

Die Sprecherin des Innenministeriums, Efrat Orbach, sagte auf Anfrage, dass 2010 die Veröffentlichung einer Ausschreibung für die Planung des gleichen Projekts ausgerechnet während des Besuches des US-Vizepräsidenten Joe Biden zu einer Krise zwischen Israel und den USA geführt hatte. Jetzt wurde die Ausschreibung für den Bau der inzwischen geplanten Wohnungen als „Reaktion“ auf die umstrittene Freilassung von palästinensischen Häftlingen interpretiert. Weitere Empörung steht an, sowie der Baubeginn der Wohnungen und danach deren Übergabe veröffentlicht wird.

Eine Zufallsbefragung von Bewohnern solcher „Siedlungen“ in Ostjerusalem ergab, dass sich viele der Befragten überhaupt nicht bewusst waren, „Siedler“ zu sein. In Jerusalem allein leben etwa 250.000 Menschen in solchen „Siedlungen“ jenseits der „Grünen Linie“ (Waffenstillstandslinie bis 1967) in Ostjerusalem. Israelis betrachten diese „Siedlungen“ als Stadtviertel. Zudem stellt sich heraus, dass einige der größten Viertel, darunter Gilo mit allein 70.000 Einwohnern, Newe Jaakov und Armon Hanatziv auf Grundstücken errichtet worden sind, die schon in den Dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts von Juden erworben worden sind. Es handelt sich also nicht um arabisches oder palästinensisches Privatland. Hinzu kommt, dass auch der Begriff „jüdische Siedlungen“ verfälschend ist. In den meisten „Siedlungen“ wohnen auch Araber, Moslems und Christen, also Nicht-Juden.

Über Ulrich W. Sahm

Ulrich W. Sahm, Sohn eines deutschen Diplomaten, belegte nach erfolgtem Hochschulabschluss in ev. Theologie, Judaistik und Linguistik in Deutschland noch ein Studium der Hebräischen Literatur an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Seit 1975 ist Ulrich Sahm Nahost-Korrespondent für verschiedene deutschsprachige Medien und berichtet direkt aus Jerusalem.

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4 Kommentare

  1. Das Problem ist, dass man Berichtigungen schreiben kann, noch und nöcher, aber das wird die Medienleute nicht davon abbringen weiterhin zu verdrehen, zu lügen. Wie man da Abhilfe schaffen könnte – keine Ahnung. Es müssten jüngere Menschen drangehen, die sich mit den modernen Kommunikationsmitteln auskennen.
    lg
    caruso

  2. Trotzdem: in den Augen der Weltöffentlichkeit stellt das zeitliche Zusammentreffen eine Provokation dar. Das zu riskieren ist völlig unnötig. Insbesondere, wenn es sich um "periodisch geschaltete" Anzeigen handelt, könnten diese doch problemlos zu einem anderen Zeitpunkt innerhalb einer vorgegebenen Frist eingestellt werden.

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