Netanyahu: Die Rede seines Lebens, und des unsrigen

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In seiner Rede am Begin-Sadat Center for Strategic Studies der Bar-Ilan Universität am 6. Oktober verschwand der Politiker Benjamin Netanyahu, und an seiner Stelle trat Netanyahu der Staatsmann ans Podium; Netanyahu der politische Anführer, der vor seiner Nation und der Welt stand, um die Wahrheit auszusprechen, die seine und die unsrige, wie ein Prophet oder ein Prediger vor den Toren.

Er unternahm keine Versuche, es dem US-Präsidenten gleichzutun, indem er falsche Hoffnungen auf eine Einigung mit den Iranern schürte, sondern hielt eine scharfe, bissige Rede, bei der sich Obama im Stuhl gewunden hätte. Netanyahu sah nicht über das iranische Problem hinweg, sondern ergriff es mit beiden Händen und stellte es der Welt in seiner nackten, schmerzhaften Wahrheit dar. Er optierte, seine gute Beziehung mit Obama zu riskieren, um der Welt mitzuteilen: Hütet euch vor den Machenschaften der Iraner.

Netanyahu sprach ausdrücklich über die Beweise für ein existierendes militärisches Atomprogram – einschliesslich Zentrifugen und Plutoniumreaktor – um Verhandlungen mit dem Iran möglichst einen Strich durch die Rechnungen zu machen. Mit solchen öffentlich gemachten Beweisen können Verhandlungen nicht weniger einfordern, als das, was Netanyahu in seiner Rede verlangte, so hofft er zumindest.

In Punkto Palästinenser sah man den stolzen Juden, der entgegen aller Gegner unmissverständlich die Existenz des jüdischen Volkes in seinem Land forderte: „Sie müssen Israel als den jüdischen Staat mit seinem Anrecht auf sein Land anerkennen. Wenn Sie ihn nicht anerkennen, werden Sie keinen Frieden haben.“ Das ist eine legitime, wichtige und aufrichtige Forderung, aber die Araber werden dieser aus verschiedenen Gründen nie zustimmen:

1. Muslime glauben, dass das Judentum als Religion aufgehoben wurde, als das Christentum entstand, und das gleiche geschah mit dem Christentum, als der Islam ankam. Und wenn das Judentum null und   nichtig ist, wie können  dann also Juden sagen, dass sie ein heiliges Land ganz für sich alleine haben?

2. Für Araber sind Juden keine Nation, sondern eine Religionsgemeinschaft, die sich zusammensetzt aus verschiedenen Ethnien und Ländern, in denen Juden Hunderte von Jahren gelebt haben. Wenn sie also keine Nation sind, wozu brauchen sie dann Israel?

3. Gemäss dem Koran ist das Land Israel islamisches heiliges Land, daher wird keine muslimische Ordnungsinstanz einen jüdischen Staat in Israel anerkennen.

4. Jerusalem ist das Sturmzentrum: Gemäss dem Islam kann es keine jüdische Souveränität über Jerusalem geben, weil solch ein Vorgang bedeuten würde, dass das Judentum aus dem Grab auferstanden ist, nachdem der Islam es abgeschafft hatte.

All diese Gründe verhindern, dass es je zu einer islamische Anerkennung von Israel als einen jüdischen Staat kommen wird. Indem er zugleich auf die Anerkennung beharrte und die Verhandlungen hinauszögerte, schaffte es Netanyahu, die Gründung eines palästinensischen Staates per Abkommen mit Israel um mehrere Jahre zu verzögern.

Ohne Zweifel war das der Kern von Netanyahus Rede; eine Rede, die ihn als politischen Führer und Staatsmann mit einer Weltsicht positionierte, die in den Nahen Osten passt, einer Weltsicht, die sowohl unsere Feinde als auch Freunde wertschätzen können. Sein Recht aufzugeben ist verachtenswert, darauf zu beharren ehrenwert. Netanyahu, und wir mit ihm, verdient sich seinen Respekt im Nahen Osten und seine Haltung muss berücksichtigt werden.

© Dr. Mordechai Kedar

Dr. Mordechai Kedar ist Dozent für Arabisch und Islam an der Bar-Ilan University in Israel und Direktor des dortigen Center for the Study of the Middle East and Islam (im Aufbau). Er ist spezialisiert auf islamische Ideologie und Bewegungen, den politischen Diskurs in arabischen Ländern, arabische Massenmedien und syrische Innenpolitik.

Dieser Artikel wurde im Rahmen des Center for the Study of the Middle East and Islam (im Aufbau) der Bar Ilan Universität, Israel, verfasst.

Weitere Beiträge von Dr. Mordechai Kedar auf seinem Blog. Dieser Beitrag erschien ebenfalls auf i24news (7. Oktober 2013)

Hier die Rede von Benjamin Netanyahu zum Nachlesen (auf Englisch): http://www.timesofisrael.com/full-text-of-netanyahus-speech-at-bar-ilan/

4 Kommentare

  1. Gut, dass unser PM diese Rede gehalten hat. Hoffentlich nimmt sie der Westen zur Kenntnis. Das ändert leider nichts an der Tatsache, dass der unglaubliche Hass der Palästinenser auf Juden und Israel nach einer Staatsgründung kein Ende haben wird.

  2. Es war eine grossartige Rede, und auch der Artikel ist sehr gut. Ist diese Rede den westlichen Politikern bekannt? Oder haben subalterne Leute dies verhindert? Vielleicht würde die Lektüre der Rede bewirken, dass dem einen oder anderen Politiker ein Licht aufgeht. Wie könnte man es bewerkstelligen, dass der Redetext diese Leute erreicht? Mag sein, dass ich naiv bin, aber ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Das widerspräche meiner Natur.
    lg
    caruso

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