Wo ist die Flottille für Syrien?

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Mavi Marmara. Foto "Free Gaza movement" Lizenziert unter CC BY-SA 2.0 via Wikimedia Commons.
Lesezeit: 4 Minuten

Nach UN-Schätzungen sind bisher mehr als 100.000 Menschen im Bürgerkrieg in Syrien getötet worden; mehr als 2 Millionen Syrer sind in die angrenzenden Nachbarländer geflüchtet. Das Ausmass der humanitären Katastrophe ist offensichtlich nicht gross genug, als dass Menschenrechtsaktivisten eine Flottille initiieren könnten. Bereits vor einem Jahr hat der Bürgerkrieg in Syrien vier Mal mehr Opfer gefordert, als der israelisch-palästinensische Konflikt in den vergangenen 20 Jahren. Die Flottille, die im August 2012 Kurs Richtung Nahost machte, legte in Syrien nur zu einem Landgang an, um dann nach Gaza weiterzufahren! Ron Prosors Worte über selbsternannte Menschenrechtsaktivisten und wirklich dringend benötigte humanitäre Hilfe sind heute so aktuell wie vor einem Jahr, als er sie veröffentlichte.

Wo ist die Flottille für Syrien?

Von Ron Prosor

Im August 2012 lichtete eine Gruppe Skandinavier von einem schwedischen Hafen aus Anker und nahem Kurs auf den Nahen Osten unter dem Vorwand, Hilfsgüter zu liefern. Der nordische Nebel könnte die Wahl ihres Zielortes getrübt haben. Der moralische Kompass dieser selbsternannten Menschenrechtsaktivisten steuerte sie in den Gazastreifen, nicht nach Syrien.

Die Flotten von Flottillen, Booten, Yachten, Segelschiffen und Katamaranen, die in den letzten Jahren nach Gaza in See gestochen sind, kommen der spanischen Armada gleich. Doch könnte man einwenden, dass humanitäre Flottillen nur ein wenig dringender gebraucht werden in Syrien, wo mehr Zivilisten vom Assad Regime getötet wurden, als beim Erdbeben 2011 in Japan, Tsunami, Hurrikan Katrina und 9/11 zusammengenommen.

Der Konflikt in Syrien hat in den vergangenen 20 Monaten [Anm. Stand September 2012]knapp vier Mal mehr Opfer eingefordert, als im israelische-palästinensischen Konflikt in den vergangenen 20 Jahre getötet wurden. Die Einwohner von Gaza erfreuen sich weiterhin an mehr internationaler Hilfe als praktisch jede andere Bevölkerung auf dieser Welt, aber kaum Hilfe erreicht die 2 Millionen vertriebenen Menschen innerhalb Syriens – das sind nahezu 10% der syrischen Bevölkerung.

Die Flottille Clique setzt andere Prioritäten. Sie arbeiten lieber rund um die Uhr, um gegen Israels legitime Verteidigung gegen Terroristen, die Zivilisten anvisieren und Tausende Raketen auf israelische Städte abfeuern, zu demonstrieren. Vielleicht sollte uns das nicht überraschen: Es ist wesentlich einfacher, neuen Kameras in Tel Aviv gegenüberzustehen, als Geschossen in Damaskus.

Ja, Israel ist eine Luxusdestination der Wahl für diese Typen von „Menschenrechtsaktivisten.“ In Israel sind diese Wochenend-Revoluzzer frei von der Gefahr vor willkürlichen Verhaftungen, Inhaftierung und Exekution, von denen es in totalitären Staaten, die den Rest der Region ausmachen, nur so strotzt. Statt zu versuchen, die den dunklen Abgrund der Missbräuche und Verstösse in den angrenzenden Staaten einzudringen, flätscheln sie lieber in der Bequemlichkeit der israelischen demokratischen Institutionen, Zivilgesellschaft und unabhängigen Medien, die ein Meer an einfach zugänglichen Informationen bieten, die sie nutzen, um Israel anzugreifen.

Die Last der Demokratie wiegt immer schwer, und Israel trägt diese mit Stolz. Mit mehr Journalisten und Menschenrechtsaktivisten pro Kopf als anderenorts auf der Welt, verstehen wir zutiefst die unbezahlbare Rolle der Zivilgesellschaft, obwohl ihre Institutionen zuweilen von jenen gebraucht, aber auch missbraucht werden können, die eine radikale Agenda haben.

Heute gleicht die internationale Menschenrechtsarena einem Maskenball, auf dem extremste Ansichten leicht unter der leeren Verwendung von Worten wie „Demokratie“ und „Menschenrechte“ getarnt werden können. Der norwegische Wissenschaftler Johan Galtung, Anführer der skandinavischen Boote nach Gaza wurde von World Peace Academy in Basel wegen einer Reihe antisemitischer Tiraden suspendiert. Galtung empfahl allen Studierenden zur Lektüre der „Protokolle der Weisen von Zion“, einem niederträchtigem Propagandastück aus dem 19. Jahrhundert, das in Nazi-Schulklassen verwendet wurde.

Weit davon entfernt, Tyrannen des Nahen Ostens zu kritisieren, verbindet sich die Flottille Clique oftmals mit ihnen. Erst im Mai 2012 genoss die britische Aktivistengruppe Viva Palestina auf ihrem Weg nach Gaza bei einem Boxenstopp in Syrien die Gastfreundschaft von Bashar Assad. Etwa gleichzeitig als Assads Schergen sich auf ein Massaker an Kindern in Houla vorbereiteten, twitterten Mitglieder von Viva Palestina stolz ihren Aufenthaltsort und posteten Fotos von sich und Vertretern des Regimes auf Facebook.

Statt mit Diktatoren und Tyrannen zu tanzen, was wäre, wenn die Flottille Clique in See stechen würde, in die Richtung, wo Hilfe wirklich dringend benötigt wird?

Originalversion: Where Is the Flotilla for Syria? By Ron Prosor © The Wall Street Journal, September 4, 2012.

2 Kommentare

  1. Syrien ist nicht Gaza. Es grenzt zwar an Israel, der Bürgerkrieg in Syrien hat jedoch nichts mit Israel oder gar mit Juden zu tun.

    In Gaza war die Situation anders. Gaza wurde angeblich von Israel belagert und vom Rest der Welt wirtschaftlich isoliert. So entstand die Idee der Israel- und Judenhasser, Israel zu provozieren. Genutzt hat diese Aktion Gaza am wenigsten, profitiert haben nur PM Erdogan und die Hamas.

    Die syrischen Bürgerkriegsopfer, mehr als 100000, haben leider keine Lobby wie die Palästinenser oder wie damals die türkischen Märtyreraspiranten auf der Mavi Marmara. Das Leid der Syrer interessiert Juden- und Israelhasser nicht. Nicht einmal die barmherzig umtriebige JVJP.CH, die sich doch so sehr um ihre Schützlinge, PA, PLO, Fatah und Hamas bemüht, vergoss eine Zähre.

  2. Bestechende Argumente – klasse geschrieben. Nur schade, dass solche Beiträge selten die erreichen, die es angeht. Noch seltener ist es, dass die Angesprochenen von guten Argumenten auch nur irritiert werden. Der sorgsam gepflegte eigene Nimbus als "Kritiker" wäre dahin und ginge in Gefahr einer nüchternen Auseinandersetzung mit der Realität Platz machen. Der klitzekleine Nachteil dabei ist, dass man sich dann auch mal mit einer Außenseiterrolle anfreunden muss.

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