Die Hamas und ihr Friedensveto

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Die Erwartungen, dass die neuen Nahost-Friedensgespräche zu Frieden führen werden, könnten nicht tiefer sein, was vor allem durch den Narrativ zu erklären ist, wonach weder Israel noch die Palästinenser wirklich an Frieden interessiert seien. Diese gängige Meinung basiert auf einer falschen Moralrelativierung zwischen der Position des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Mahmud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA). Netanjahu hat seit Jahren Friedensgespräche ohne Vorbedingungen angeboten und hat während seiner ersten Amtszeit Friedensabkommen mit Jassir Arafat unterzeichnet (und eingehalten). Abbas hat bereits in 2008 einen Friedensvertrag abgelehnt, der viel grosszügiger war als derjenige, der ihm dieses Mal höchstwahrscheinlich angeboten wird.

Der wahre Fehler in der Berichterstattung über die Wiederaufnahme der Gespräche liegt aber in der Nichtberücksichtigung eines Faktors, der per definitionem eine Übereinkunft unmöglich macht: Die Hamas. Das Problem mit Abbas liegt nicht nur darin, dass er nicht wirklich an einem echten Frieden interessiert ist oder sich bereits im neunten Jahr seiner vierjährigen Amtszeit befindet. Es besteht darin, dass er und die PLO, die durch Abbas’ Fatah Partei dominiert ist, nicht für die 40 Prozent Palästinenser sprechen, die in Gaza von der Hamas regiert werden.

Das Problem ist nicht allein, dass die Hamas Israels Existenz und sein Recht zu existieren nicht anerkennt. Sondern, dass die Hamas abgesehen vom offiziellen Namen bereits einen unabhängigen Palästinenserstaat betreibt und deshalb über ein funktionales Veto verfügt über alles, was Abbas vielleicht unterzeichnet – vorausgesetzt natürlich, Abbas unterzeichnet überhaupt etwas.

Friedensprozess-Optimisten anerkennen die Absenz der Hamas am Verhandlungstisch, aber erklären dies für irrelevant. Ihr Argument lautet, dass die Hamas Israel bereits implizit anerkannt habe und zwar mit dem indirekten Waffenstillstand, der den Kampfperioden an der Grenze folgten, und dass die islamistische Organisation die Verantwortung für die Verhandlungen mit dem Jüdischen Staat an Abbas und die Fatah abgetreten habe. Aber dies sind einzig taktische Schritte, die nichts am Weltbild der Hamas oder ihren Absichten ändern.

Jene, welche die beiden Bewegungen als sich irgendwie gegenseitig ergänzend betrachten, ignorieren die Tatsache, dass Fatah und Hamas sich noch immer in einem Todeskampf um die Kontrolle der palästinensischen Politik befinden.

Die Dynamik der israelischen Politik sieht so aus, dass eine überwältigende Mehrheit der Israelis vermutlich jeden Friedensvertrag unterstützen würden, der ein Ende des Konfliktes verspricht – so wie 1993, als die Osloer Abkommen unterzeichnet wurden. Aber wenn Abbas jemals einen Vertrag seinem Volk präsentiert, der – und das muss er – Israels Existenz als Jüdischer Staat schützt und damit der „Recht auf Rückkehr“-Fantasien für die Nachkommen der Flüchtlinge von 1948 ein Ende setzt, wird Abbas der Hamas sein eigenes Haupt auf einem Tablett servieren.

Genauso wenig würde die Miteinbeziehung der Hamas die Gespräche für Abbas einfacher machen. Unterstützung für diese Idee basiert auf westlicher Naivität und Ignoranz gegenüber dem Einmaleins der palästinensischen Politik. Die internationale Legitimierung der Hamas würde einzig und allein die Verfechter von Intoleranz und Unnachgiebigkeit in der palästinensischen Gesellschaft stärken, die Frieden ohnehin bereits unmöglich machen.

Vor 20 Jahren glaubte Jitzhak Rabin, dass Oslo Arafat und die Fatah stärken würde, um die Hamas auszuschalten und dadurch einen Weg für Frieden zu bereiten. Doch statt den Islamisten den Krieg zu erklären, beschloss die Fatah, ihre Terroroffensive gegen Israel fortzusetzen. Eine historische Gelegenheit war verloren und die gegenwärtigen Bedingungen scheinen Abbas nicht die gleiche Chance zu bieten. Bis der Tag kommt, an dem entweder die Hamas ihre islamistische Philosophie abstreift oder die PA eine Führungskraft mit dem Willen zur Bekämpfung der Hamas findet, sind die Chancen für Frieden minimal. Es ist dieser Hamas-Faktor, der ein Hindernis für den Frieden bleibt.

Originalversion: Hamas still has the peace veto by Jonathan Tobin © Commentary Magazine, July 30, 2013.