Nach Fayyad

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Salam Fayyad. Foto Cologny. Lizenziert unter CC BY-SA 2.0 via Wikimedia Commons.
Lesezeit: 5 Minuten

Der Druck von Fatah und Hamas auf Salam Fayyad zwang den Ministerpräsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde PA letztendlich zum Rücktritt. Damit erlitten die Bemühungen, einen modernen palästinensischen Staat aufzubauen, der in Frieden mit Israel lebt, in den vergangenen Wochen einen erheblichen Rückschlag.

Fayyad, promovierter Ökonom, arbeitete zuvor als IWF-Vertreter bei der PA und dann für Arab Bank, bevor der im Juni 2002 zum Finanzminister der PA ernannt wurde. Das war kein Zufall: Yassir Arafat stand unter enormem Druck der USA und anderer wichtiger Geldgeber, der beachtenswerten Korruption und Unterstützung des Terrorismus, die seine Regierung gekennzeichnet hatten, ein Ende zu setzen. Fayyad begann mit der Umsetzung der gewaltigen Aufgabe, korrupte Beamte und Praktiken in Arafats verwahrloster Satrapie anzugreifen. Es erübrigt sich zu sagen, dass er sich damit unter korrupten Fatah und PLO Funktionären und Beamten, die sich lange Zeit an internationalen Hilfsgeldern überfressen hatten keine Freunde gemacht hat. Fayyad hat sich der Effektivität, Produktivität und sauberen Regierung verschrieben. Er stellte das gesamte PA-Budget, welches bislang geheim war, ins Internet.

Er gab sein Ministeramt auf, um im Januar 2006 an den Parlamentswahlen teilzunehmen, bei denen die Hamas die Mehrheit und Fayyads Unabhängigkeitspartei lediglich zwei Sitze erzielte. Nach dem Hamas-Coup in Gaza setzte PA-Präsident Mahmud Abbas im Juni 2007 die von der Hamas geführte Regierung ab und machte Fayyad zum Ministerpräsidenten.

Die Fatah-Seilschaften hegen den verständlichen Wunsch, in eine Prä-Fayyad Ära zurückkehren zu wollen, in der Milliarden Dollar an Hilfsgeldern korrupten Beamten ein gutes Leben bescherte. Sowohl von der Fatah als auch der Hamas gibt es Widerstand gegen Fayyads positive Herangehensweise zum Staatsaufbau. Palästinensische Politkultur ist gegensätzlich: Im Zentrum steht der ‚Widerstand‘ gegen Israel. Fayyads grösster Schwachpunkt ist, dass er nie auf Israelis geschossen, noch in einem israelischen Gefängnis gesessen hat. Stattdessen ist er ein Baumeister – von Institutionen, und letztendlich hofft er auf einen modernen Staat.

Bei einer Gelegenheit hörte ich, wie er sagte, dass Israel nicht 1948 geschaffen, sondern in diesem Jahr vielmehr anerkannt worden sei; es wurde im Verlauf von Jahrzehnten von zionistischen Anstrengungen geschaffen und so sollte auch ein palästinensischer Staat geschaffen werden. Das war der Kern dessen, was als Fayyadismus bekannt werden würde, ein und vollständig gewaltfreier Ansatz zur Staatsbildung, der voraussetzt, dass Palästinenser einen Staat aufbauen müssen, eine Institution nach der anderen, wenn sie einen haben wollen. Der Fortschritt war beachtlich, nicht nur beim Aufbau der grundlegende Ministerien, sondern auch bei der Gründung einer nationalen Polizei, deren Beamte dem Innenminister und schliesslich Fayyad unterstellt waren, der ständig wiederholte, dass ihre Aufgabe nicht darin bestand, Israel anzugreifen oder die Fatah zu beschützen, sondern Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Zusammenarbeit mit Einheiten der israelischen Polizei und Militär war ausgiebig.

Aber Fayyad wusste immer, dass es ein schwerer Kampf sein würde, seine Botschaft in die palästinensische Agenda einfliessen zu lasse. Natürlich ist es enttäuschend, dass seine Botschaft für viele Palästinenser wenig reizvoll war; am Ende hört sich Staatsbildung nach schwerer Arbeit an, ganz ohne Drama oder sofortiger Gratifikation, die sich aus Anschlägen gegen Israelis ergeben könnten. Wenn Fayyad heute enttäuscht ist, dann mit dem Grad an Unterstützung, welcher sein Ansatz von arabischen Regierungen, Israel und den USA erhielt.

Von den Arabern erhielt Fayyad immer bemerkenswert wenig. Die palästinensische Sache eignet sich grossartig für Reden, ist aber weniger verlockend, wenn man Schecks ausstellen soll. Nur wenige arabische Staaten hielten sich an ihre Zusagen, zahlten pünktlich oder erhöhten ihre Zahlungen, wenn ein Anstieg des Ölpreises ihrem Budget ebenfalls einen Überschuss zuteilte. Monat um Monat schwächte Fayyad sein Unvermögen, die PA-Gehälter auszubezahlen, von der viele (in Wirklichkeit zu viele) Palästinenser abhängig sind.

Auch israelische Regierungen liessen ihm weniger Zusammenarbeit zuteilwerden, als er verdient hätte. Hätte sich das Leben für Palästinenser im Westjordanland spürbar verbessert, hätte Fayyads Ansatz vielleicht mehr Anerkennung erhalten. Dafür wäre eine regelmässige Überweisung der PA-Steuereinnahmen durch Israel erforderlich gewesen, ohne die häufig eingeleiteten Verzögerungen.

Checkpoints und Absperrungen im Westjordanland, die Mobilität und Handel beeinträchtigen, während sie so wenig zum Schutz der israelischen Sicherheit beitragen, hätten schneller aufgehoben werden sollen.

Die ausländische Staatsmacht USA, die am meisten Zeit, Geld und Energie für die Förderung der Zweistaatenlösung investiert hat, konzentrierte sich weitaus mehr aus Verhandlungen als auf den eigentlichen Aufbau palästinensischer Institutionen. Vor der Annapolis-Konferenz sagte Fayyad „[die USA] helfen mir nicht. Es geht nur um Abbas und die PLO und die Gespräche, aber nicht um das, was ich versuche hier aufzubauen.“ Er hatte Recht: die USA lobte zwar Fayyad und seine Bemühungen, aber sie standen nie im Mittelpunkt amerikanischer Politik.

Wenn Fayyed weg ist, werden zumindest zwei Auswirkungen wahrscheinlich: Erstens werden Geldgeber noch zögerlicher agieren; Unsicherheit über die Empfänger der Gelder wird vermutlich in Europa, den USA und den Golfstaaten zu vernehmen sein. Korruption unter obersten Fatah Funktionären war nie verschwunden und ohne Fayyad, der sie bekämpft hat, wird sie erneut zunehmen.

Zweitens könnten palästinensische Polizeieinheiten wieder zu dem werden, was sie unter Arafat waren: Fatah-Banden. In den letzten Jahren sind sie bereits der Kontrolle von Fayyad entglitten und waren immer deutlicher Abbas unterstellt. Dieser gefährliche Trend gefährdet die Menschenrechtslage im Westjordanland, schwächt Recht und Ordnung, reduziert vermutlich die israelisch-palästinensische Sicherheitszusammenarbeit und läuft Gefahr einer Konfrontation mit israelischen Einheiten.

Fayyads Abgang gibt dem – durch die turbulenten Umwälzungen in Ägypten, dem Krieg in Syrien und die instabile Lage bereits unzeitgemässem –  „Verhandlungen jetzt!“- Friedensmantra von US-Aussenminister Kerry eine weitere bedrückende Note bei. Selbst wenn die Parteien an den Tisch kommen sollten: was dann? Wenn das amerikanische Ziel die Zweistaatenlösung ist –dass ein ordentlich, demokratischer, friedlicher palästinensischer Staat neben Israel zustande kommt – hat dieses Ziel gerade erst einen heftigen Schlag erlebt. Weil Fayyad Recht hat: ein palästinischer Staat wird nicht in der UN oder auf der Wiese des Weissen Hauses geschaffen oder am Verhandlungstisch; er muss vor Ort geschaffen werden, Stück für Stück. Und diese Aufgabe ist just um einiges schwieriger geworden.

Elliott Abrams is a senior fellow for Middle Eastern studies at the Council on Foreign Relations and author of the new book Tested by Zion: The Bush Administration and the Israeli-Palestinian Conflict.

Kurzfassung der Originalversion: After Fayyad by Elliott Abrams © The Weekly Standard, April 16, 2013.

2 Kommentare

  1. Lieber David,

    Die westliche Welt ist noch viel gemeiner als Sie denken und hat einen internationalen Strafgerichtshof geschaffen, der Leute verurteilen kann, welche zu Genoziden oder Angriffskriegen aufrufen.

    Mit freundlichen Grüssen
    Werner T. Meyer

  2. Shalom meine Freunde ,

    einen Friedensvertrag zwischen israel und den Palästinenser ist nun in weiter,weiter Ferne gerückt .
    Israel kann doch mit dieser Bande,meine Meinung,keinen Frieden machen<<die israel und sein Volk vernichten wollen.
    Ausserdem haben alle Gruppen der Palis<< israel bisher
    nicht anerkannt.Man sollte die Hamas und Hisbolla vernich
    ten.Aber die westl. Welt zahlt diesen Terroristen noch
    hunderte Millionen EURO und Doller<<damit sie gegen Israel
    witer machen können. David

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