Israel anzuerkennen wäre Selbstmord für die Hamas

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Spekulationen, dass die Hamas ihre Haltung in Sachen Israel revidieren könnte und den Staat anerkennt, wurden zuletzt durch die Wiederwahl von Khaled Mashaal genährt. Mit seinem Image als Pragmatiker scheint es naheliegend, dass nun die Hamas als Ganzes wie selbstverständlich einen pragmatischen Weg einschlägt. Dass er die Hamas jedoch nicht verändern kann, weil sie sich nicht ändern will, bestätigt der Leitartikel des palästinensischen Journalisten Khalid Amayreh auf der Webseite der Hamas. Auch seine Ansichten zur PLO und Fatah lassen eine Aussöhnung zwischen der Hamas und Fatah mehr als fraglich erscheinen. Seine offenherzigen Äusserungen sind äusserst aufschlussreich, was die Rolle und die Positionen der Hamas betrifft.

Nachfolgend ein Auszug seines Leitartikels, der am 9. April 2013 auf der Al-Qassam-Website der Hamas veröffentlicht wurde:

Khalid Amayreh*:
[…] Solche Gerüchte kursieren nicht zum ersten Mal in den Medien. Seit Jahrzehnten hören wir diese Gerüchte bereits, im Grunde seit der Gründung des Islamistischen Befreiungsorganisation 1987. Dass solche Gerüchte in Umlauf gebracht werden, ist kein unschuldiges Tun, sondern soll den Eindruck erwecken, die Hamas schlage den gleichen Weg wie die Fatah ein, als sie Israel anerkannte und die unglücklichen Osloer Abkommen vor 20 Jahren unterzeichnete.

Es soll Verwirrung stiften und die Hamas diskreditieren, besonders nachdem die palästinensische islamistische Bewegung nun mehr oder weniger einen Anflug von Abschreckung vis-à-vis Israel erreichte.

Im Grunde genommen hat die Hamas ihre Meinung zu den grundlegenden Themen des arabisch-israelischen Konflikts nicht geändert. Die Hamas wird Israel vor allen Dingen aus religiösen Gründen nicht anerkennen. Israel anzuerkennen bedeutet für die Hamas der sofortige und deutliche politische und moralische Selbstmord. Die Masse der Hamas-Unterstützer würde sich von der Bewegung abwenden und, falls die Hamas das zionistische Regime anerkennen würde, eine neue Bewegung gründen. Die Anerkennung Israels wäre nichts weniger, als Ehebruch mit der palästinensischen Sache zu begehen. Die Hamas würde zu einer armen Nachahmung der Fatah werden, was Kunden dazu veranlassen würde, sich für die Originalversion und nicht das Imitat zu entscheiden.

Die PLO anerkannte Israel 1993, sogar ohne gegenseitige israelische Anerkennung eines palästinensischen Staates. Und, was war das Ergebnis? Bekamen die Palästinenser ihre Rechte? Liess Israel die Gründung eines lebensfähigen palästinensischen Staates zu? Stoppte Israel die Judaisierung Jerusalems und fand sich mit dem Rückkehrrecht von Millionen palästinensischer Flüchtlinge ab, die von den zionistisch-jüdischen Eindringlingen aus Osteuropa von ihrem Familiensitz entwurzelt wurden?

[…]

Nun, die Hamas ist nicht auf Gespräche weder mit den Amerikaner noch Europäern erpicht, und wird es auch nicht sein. Die USA sind Teil des Problems. Nicht zuletzt dank der unbegrenzten und uneingeschränkten amerikanischen Unterstützung und dem Rückhalt für Israel, ist Israel in der Lage, seine Aggression und Unverfrorenheit in der ganzen Region zu verbreiten.

[…]

Die USA sind den jüdischen Pressure Groups zu unterwürfig, um sich selbst den notwendigen freien Willen zuzugestehen, um eine wirklich unabhängige und ehrliche Aussenpolitik führen zu können. Damit die USA eine aufrichtige ehrliche konstruktive Rolle in der Aufgabe Frieden im Nahen Osten zu schaffen spielen können, müssen sie sich zuerst aus dem engen israelisch-jüdischen Würgegriff befreien.

Auch die Europäer (die ursprünglichen Sünder) können sehr wenig machen. Haben diese Heuchler sich nicht einmal gefragt, wer hier wen anerkennen muss – Israel, ein atomar bewaffneter Staat, der die einzige Supermacht auf Welt nach seiner Pfeife tanzen lässt, oder die gepeinigten Palästinenser, die unter der lang dauerndsten Militärbesatzung in der Geschichte erschwacht sind?

Die Hamas wird nicht danach streben, die Mächte dieser Welt zu befriedigen, damit diese ihr ein Zeugnis für gute Führung ausstellen; sie ist ganz bestimmt nicht darauf erpicht, ins Weisse Haus oder in die Hauptzentrale der Europäischen Union nach Brüssel eingeladen zu werden, um sich der „zivilisierten Welt“ anzuschliessen; die gleiche Welt, die Israel auf Palästina gesetzt hat, was zum grössten Diebstahl aller Zeiten wurde. Es ist die gleiche zivilisierte Welt, die Millionen unschuldiger Menschen umgebracht hat und die genozidal ethnische Säuberung „offenkundiges Schicksal“ nannte.

Die Hamas ist nicht gegen Israel, weil Israel jüdisch ist. Jede Andeutung oder Anspielung darauf birgt nicht einen Jota Wahrheit. Wahre Anhänger Moses haben ihre historische wie auch religiöse Rechtmässigkeit im Islam.

Die Hamas ist gegen Israel, weil Israel ein Mörder, Dieb und Aggressor ist. Israel hat unser Heimat geraubt, unser Volk ermordet, unser Häuser und Dörfer zerstört und uns in alle vier Winde zerstreut. Sollen wir solch einen Staat anerkennen, der auf Terror, Gewalt und Krieg beruht? Wurden die Franzosen gebeten, die Rechtmässigkeit der Nazi-Besatzung ihres Landes anzuerkennen?

Israel verhandelt mit der PLO seit zwei Jahrzehnten. Die PLO ist jeder denkbaren israelischen Forderung nachgekommen, auch der Folter und Tötung palästinensischer Aktivisten im Namen Israels. Die PLO kroch Israel zu lange zu Fusse und hat Israel in einem vorher unvorstellbarem Mass beschwichtigt. Doch Israel hat die PLO wie einen besiegten Bittsteller, nicht wie einen Friedenspartner behandelt.

Die Hamas darf diese Erfahrung unter keinen Umständen wiederholen, auch wenn es kostet, von den USA als Schurke (pariah) angesehen zu werden. In dieser heuchlerischen Welt sollte es als ultimative Tugend und nicht als Stigma verstanden werden, als Schurke zu gelten.“

*Khalid Amaryeh ist palästinensischer Journalist und schreibt für die ägyptische Zeitung al-Ahram. Beiträge von ihm werden zudem regelmässig auf der Webseite der Hamas veröffentlicht, bis 2010 erschienen seine Beiträge auch auf ikhwanweb, der Website der Muslimbruderschaft. Weil er äusserte, dass Ismail Haniye der rechtmässige palästinensische Ministerpräsident sei, wurde er 2012 von Sicherheitskräften der PA zum Verhör einbestellt.

Originalversion: Opinion: Hamas will not commit suicide by recognizing Israel by Khalid Amayreh © Al-Qassam. Ezzedeen al-Qassam Brigades – Information Office (Webseite der Hamas), 9 April 2013.

5 Kommentare

  1. …. um dann schlussendlich doch von Hamas wieder gebrochen zu werden!
    Wie lange es jeweils dauert ist nur eine Frage der Zeit.
    Mit welchen dramatischen Folgen, ist manchmal auch eine Frage des Glücks.
    So wurde die zweite Quassam, die wohl als Begrüssungsgeschenk für Präs. Obama abgeschossen wurde, zunächst nicht gefunden. Man ging davon aus, dass sie innerhalb von Gaza "gelandet" sei. Tage später, knapp vor dem Ende der Pessach Ferien fand man sie: sie hatte das Dach eines israelischen Kindergartens durchschlagen.
    Wären nicht Ferien gewesen, es hätte Dutzende von unschuldigen Opfern gegeben.

  2. Sorry, die Zeitung firmiert im Kopf unter
    Ezzedeen Al-Qassam Brigades Information Office.
    Nicht als Hamas.
    Unter "About us" firmieren die Brigaden alleine, nicht die Regierung.
    Es wäre im übrigen schön, wenn die politische Hamas die Brigaden immer unter Kontrolle hätte.

    Im übrigen schliesst Israel regelmässig Waffenstillstände mit Hamas, die dann einige Monate leidlich halten.

    Werner T. Meyer

  3. Die Al-Qassam Webseite ist nicht nur einfach eine "Soldatenzeitung", sie ist der offizielle Informationskanal der Hamas und ihr Sprachrohr. Die dortigen Aussagen und Mitteilungen sind entsprechend Mitteilungen der Hamas und reflektieren ihre Haltung und Position. Wenn sie diese Seite studieren, wird Ihnen der Standpunkt und Denkweise der Hamas sehr schnell klar und dieser "externe" Beitrag von Khalid Amaryeh bringt diese auf den Punkt. Somit tönt die Frage, ob man die Hamas in einen Friedensprozess einbinden müsste oder sollte, eher absurd.

  4. Der Kommentar bezieht sich auf einen Artikel in Al-Qassam, die Zeitung der Al-Qassam Brigaden, also der Hamas-Miliz (oder de fakto-Armee in GAZA).
    Siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Al-Qassam_Brigades (mit Link zur Zeitung).

    Der Artikel in Al-Qassam ist in der Tat nicht erhebend.

    Wer würde in einer SOLDATENZEITUNG denn anderes erwarten als eine Ideologie, die den Feind als etwas anders darstellt als ein Ding, das nur durch totschiessen bewältigbar ist?
    Ein solche Ideologisierung wird sich in allen Medien finden, die sich an kämpfende Truppe wenden.
    Ist es denn wirklich angebracht, solches Material in einem Kontext ernst zu nehmen, in dem es darum geht, ob ein Friedensprozess die Hamas politisch einbinden müsste (solange sie Wahlen gewinnt).
    Man wird zwanglos entsprechend dubioses Truppen-Indoktrinationsmaterial auf allen Seiten finden.
    Also damit alle Seiten anschwärzen können.

    Und dann?

    Werner T. Meyer

  5. Shalom meine Freunde ,

    Die terroristische Hamas,ein Ableger der Moslembruderschaft, hat nur ein Ziel<<<israel und sein Volk zu vernichten.Das war der grösste Feher zsraels den Gazastreifeb ohne Not und Bedingunhen aufrzgeben. david

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