Amira, schau wie meine Tochter um ihr Leben kämpft

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Die dreijährige Adele Bitton wurde bei einem Angriff von Palästinensern, die Steine auf das Auto ihrer Mutter warfen, schwer verletzt und liegt seitdem auf der Intensivstation. Die Ha'aretz Journalistin Amira Hass spricht sich für das Steinewerfen als legitime Form des Widerstandes aus.
Lesezeit: 3 Minuten

Amira*, komm doch auf die Intensivstation und schau dir an, wie meine Adele**, ein dreijähriges Mädchen, an Schläuchen angeschlossen ist. Durchlebe mit mir die schwere Prüfung, mit der ich zurechtkommen muss. Amira, ein Stein unterscheidet nicht  zwischen Menschen, zwischen einem Erwachsenem und einem dreijährigen Mädchen. Ein Stein tötet. Ein Stein ist eine tödliche Waffe, in jeder Hinsicht. Vor drei Wochen erlebte ich an meinem eigenen Fleisch und Blut, wie ein einziger Stein das Leben einer ganzen Familie auf den Kopf stellen kann.

Ich glaube an den Wert des Lebens. Leben ist eine heilige Sache ungeachtet von Ethnie, Religion oder Geschlecht. Heute, nachdem ich drei Wochen auf der Intensivstation verbracht habe, bin ich umgeben von Menschen, die um Leben kämpfen und anderen helfen.

Der Rettungssanitäter, der als erstes bei unserem Auto eintraf und uns zerdrückt unter einem LKW sah, war ein junger arabischer Mann. Er kam und begann seine ehrwürdige Arbeit. Er gab von sich keine hochmütigen, hohlen Worte wie deine, Worte die töten. Er hat einfach Leben gerettet.

Ich stimme dir zu, Amira, dass ein jeder das Recht auf seine oder ihre Freiheit hat. Araber und Jude. Ich stimme dir zu, dass wir alle nach Freiheit streben müssen, aber es gibt auf der Welt niemanden, der Freiheit mittels tödlichen Waffen erreichen wird. Es gibt auf der Welt keinen einzigen Grund, dass meine dreijährige Tochter Adele, auf der Intensivstation liegen sollte, angeschlossen an Schläuche, und um ihr Leben kämpft, und es gibt keinen Grund, Amira, dass du das ermutigen solltest. Warum musste Adele diesen Preis bezahlen? Hatte sie in den drei Jahren ihres Lebens je die Chance, anderen irgendeinen Schaden zuzufügen?

Ich lade dich ein, Amira: komm auf die Intensivstation und durchlebe mit mir die schwere Prüfung, mit der ich zurechtkommen muss. Aber ich kann dir nur empfehlen, dich nicht in meine Lage zu versetzen, die Schreie deiner Tochter aus dem zertrümmerten Auto mitanzuhören, während du bei vollem Bewusstsein bist und deine eigene Hilflosigkeit miterlebst, deine Unfähigkeit, dich zu bewegen und zu helfen, mitanzusehen, wie deine dreijährige Tochter um ihr Leben kämpft ohne darauf Einfluss nehmen zu können.

Ich bin Dozentin. Ich habe einige arabische Studenten, die ich unterrichte und während dieser schwierigen Zeit sind sie jeden Tag ins Krankenhaus gekommen. Sie sagen „wir beten für Adele“ und es ist mir egal, ob die Gebete auf Arabisch oder Hebräisch sind. Ihre Gebete bestehen auch aus Worten, aber Worte, die aus dem Herzen kommen und fähig sind, Leben zu verlängern. Deine Worte, Amira, sind entsetzliche Worte der Aufhetzung. Worte die dazu ermutigen, das Leben auszuschalten.

Adva Bitton

Dieser Beitrag erschien auf Hebräisch in Ma’ariv.nrg am 04.04.2013.

*Amira Hass ist Journalisten für die israelische Zeitung Ha’aretz. Ihre Beiträge erscheinen regelmässig im jüdischen Wochenmagazin Tachles. Am 03.04.2014 wurde ihr Beitrag „The inner syntax of Palestinian stone-strowing“ veröffentlicht, indem sie die Aussage trifft, dass Steinewerfen ein „Geburtsrecht“ sei und die „Pflicht für jeden, der unter Fremdherrschaft lebt“. Sie fordert zudem, dass palästinensische Schulen „Grundkurse im Widerstand“ in ihren Lehrplan aufnehmen sollten, die verschiedene Formen der Standhaftigkeit und des Widerstandes gegen die Fremdherrschaft – wie Steinewerfen – lehren. Dass es solche Kurse bisher nicht gibt, sei auch der Palästinensischen Autonomiebehörde anzulasten, da diese in den letzten zwei Jahrzehnten nach einer Grundregel funktioniert hat, nämlich der Anpassung an die bestehende Situation.

**Adva Bitton und ihre drei Töchter (3, 4 und 6) wurden am 14. März 2013 in ihrem Auto nahe Ariel im Westjordanland von Palästinensern mit Steinen angegriffen. Durch den Steinschlag verlor Adva die Kontrolle über das Fahrzeug und ihr Wagen kollidierte mit einem LKW. Sechs Personen erlitten leichte Verletzungen, die kleinste Tochter, Adele, wurde schwer verletzt.

10 Kommentare

  1. Ich wünsche Adele dass sie wieder gesund wird und ihrer Familie von Herzen alles Liebe und Kraft.
    G*tt schütze Adele und ihre Familie.

    Manuela

  2. @Scheiner: das (jüdische) TACHLES soll für den Tod von israelischen Kindern verantwortlich sein? Das ist wieder einmal mehr eine der unsinnigen Scheiner-Behauptungen! Wie kann man so einen Unsinn herumbieten?

  3. Steinewerfen hat sich zum neuen Nationalsport von palästinensischen Kindern und Jugendlichen entwickelt. Sie beabsichtigen damit gezielte Verletzungen und sogar Tötungen von Zivilisten. Motiviert werden sie von Journalisten wie Amira Hass und Gideon Levy, beide vom Haaretz. Sprachrohr vom Haaretz in der Schweiz ist die jüdische Wochenzeitung TACHLES.

  4. Dieser Bericht ist beeindruckend und gleichzeitig auch sehr ermutigend. Er berichtet, dass auch "arabische" Menschen Adva Bitton in dieser fürchterlichen Zeit beistehen. Umso unverständlicher ist die eiskalte Art und Weise, wie Amira Hass nicht selten einseitig Stellung bezieht! Es spricht einerseits für israelischen Journalismus, der offen über alle Aspekte des Konfliktes berichtet. Aber andererseits ist es tragisch, wenn der Eindruck entstehen muss, dass gewisse Journalistinnen (wie Amira Hass) vor allem ein Herz für die "andere Seite" hat und die Gefühle der eigenen Bevölkerung missachtet! Solche Leute sind selbst ernannte "Gutmenschen", die es letzten Endes dannn eben nicht sind!

  5. Shalom meine Freunde ,

    man sollte dieser Reporterin die Lizens entziehen und in
    die Wüste Orangenpflücken lassen.
    Die Grenztruppen sollten bei Steinewerfern hart durchgreifen auch wenn es jugendliche oder ältere Kinder sind. David

  6. Herzzerreissend, wenn man es liest. G'tt soll jedes Kind, jede Mutter
    vor so einem Geschehen bewahren! Das Kind soll nur gesund werden, das wünsche ich ihm und seiner Mutter vom ganzen Herzen!
    Und Amira Hess soll sich zutiefst schämen. Das wünsche ich ihr.

    lg
    caruso

  7. Alles Gute, Gottes Segen und meine besten Wünsche Dir, liebe Adele und viel Kraft Ihnen, Frau Bitton.

    Gott mit Euch.

  8. Liebe Adva,

    dein Aufsatz hat mich tief berührt und ich hoffe sehr, dass Adele wieder gesund wird. Aber ein großer Irrtum ist dir mit der Äußerung unterlaufen: " … aber es gibt auf der Welt niemanden, der Freiheit mittels tödlichen Waffen erreichen wird."

    Ich bin Deutscher. Und ich danke England und Amerika, dass sie mittels tötlicher Waffen Hitler & Co. beseitigt haben. Dank ihnen bin ich heute frei. Ich bedaure lediglich die vielen jungen Alliierten, die dabei gefallen sind und wünschte, die Atombombe wäre früher erfunden worden. Dann hätte man nicht Hamburg, Dresden, Chemnitz und hundert andere deutsche Städte mit Brandbomben zerstören müssen. Eine Atombombe auf Berlin hätte gereicht, um den Nazi-Spuk zu beenden. Und hätte England oder Amerika diese Bombe schon 1933 gehabt, wäre es gar nicht zum 2. Weltkrieg und zum Holocaust gekommen.

    Gegen Feinde muss man überlegen bewaffnet sein. In Sachen Worten bist du es. Amira Hass hast du vernichtet. Sie ist tot. Was immer sie auch äußert, es sind die Worte einer Leiche.

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