Die Crux mit der Sprachregelung

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Maurus Candrian, Screenshot SRF
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Maurus Candrian hat seinen Job verloren. Am 25. März 2013 informierte das Baudepartement des Kantons St. Gallen in einem Communiqué, man trenne sich „einvernehmlich“ vom bisherigen Sektionsleiter Umweltverträglichkeitsprüfungen und Planbeurteilung. Das kam nicht von ungefähr.

Im Juli 2012, kurz nach dem Selbstmordattentat auf israelische Touristen im bulgarischen Ferienort Burgas, schickte Maurus Candrian eine E-Mail an die israelische Botschaft in Bern: „Juden in Bulgarien ermordet. Grossartig. Ein guter Tag in meinem Leben. […] Ich bin sehr stolz auf die Helden, die die Juden getötet haben“, heisst es darin. Im Dezember 2012 wurde er dafür von der St. Galler Staatsanwaltschaft zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen und einer Geldbusse verurteilt. Damit wäre diese Angelegenheit bereits abgeschlossen gewesen, hätte nicht die Sonntagszeitung am 17. März über einen „Beamten des kantonalen Baudepartements“ von St. Gallen berichtet, der wegen Rassendiskriminierung verurteilt worden sei. Gegenüber der Sonntagszeitung habe dieser sich uneinsichtig gezeigt: „Es gibt für mich nichts zu bereuen im Sinne einer Schuldanerkennung.“ Ein Antisemit sei er nicht.

Hatte die Sonntagszeitung seinen Namen noch zurückgehalten, so wurde dieser am nächsten Tag unter anderem von 20 Minuten, dem SRF und St. Galler Tagblatt und weiteren gelüftet. Candrian bereute – wohl auch aufgrund der Aussicht, seinen Job zu verlieren – mittlerweile seinen Tonfall, er habe lediglich Kritik an der israelischen Politik äussern wollen.

Am 22. März schliesslich erschien im St. Galler Tagblatt ein fast schon einfühlsames Porträt über Candrian, der sich „mit Furor gegen Unrecht“ (so der Bilduntertitel) einsetze. Er hadere mit seinen Formulierungen, habe sich schriftlich bei der Botschaft und beim Schweizerisch Israelitischen Gemeindebund entschuldigt. Er sei  „alles andere Rassist, eher ein übereifriger Humanist“, wie ein Bekannter meint. Als Belege werden von ihm Candrians Mitwirken im Komitee gegen die Verschärfung des Asyl- und Ausländergesetzes, seine Leserbriefe gegen das Minarettverbot und andere Diskriminierungen von Ausländern angeführt. Und Candrian besteht gegenüber dem Tagblatt auch darauf, „in keinster Weise Antisemit“ zu sein, schliesslich habe er „zahlreiche Juden im Bekanntenkreis“.

Weshalb also dieses Mail an die Botschaft? Candrian sagt, er habe noch die Bilder einer Fernsehreportage zum letzten Gaza-Krieg vor Augen gehabt, „als mehr als 1300 Palästinenser umkamen und Juden aus aller Welt das Geschehen von Ferne beobachteten und bei jeder Bombe, die auf Gaza fiel, jubelten (Hervorhebung Verfasser). Ich wollte Israel respektive der Botschaft signalisieren: seht, jetzt sind auch einmal jüdische Zivilpersonen umgekommen, warum rauft ihr euch nicht endlich, nach 70 Jahren Krieg und permanenten Konflikten in Nahost, zu einer für alle Seiten akzeptierbaren Friedenslösung zusammen?“

Es besteht kein Zweifel, der Mann ist ein Überzeugungstäter. Ein Wiederholungstäter ist er auch. Bereits im Frühjahr 2012 hatte er etwa an das jüdische Wochenmagazin tachles geschrieben: Die Juden seien mit „euren Lügen und eurer Hetze gegen das palästinensische Volk und die Araber genauso schlimm wie die Nazis“ und er hoffe, „dass eines Tages sämtliche jüdischen Terroristen weltweit liquidiert, ausradiert und vernichtet werden.“

Es mag ein bemerkenswerter Zufall sein, dass Candrians Entlassung weniger als einen Monat nach der Wahl Geri Müllers zum Stadtammann von Baden erfolgt ist. Und aufschlussreich, weil es aufzeigt, dass es vor allem Candrians Formulierungen waren, die einen Skandal verursachten, nicht aber seine Denkweise. Als stossend wurde (zu Recht!) empfunden, dass seine Äusserungen gegen die gängige Sprachregelung verstossen. Ganz anders Geri Müller, der sich problemlos mit der Hamas treffen und zahllose Unwahrheiten (von dem vermeintlichen Übersetzungsfehler Ahmadinejads über den angeblichen Inhalt der UN Resolution 242 bis hin zu frei erfundenen Opferzahlen) in der Öffentlichkeit streuen kann – ohne dafür mit Konsequenzen rechnen zu müssen. Viel mehr durfte er sich wirkungsvoll als „Opfer einer medialen Kampagne“ inszenieren. Hätte Candrian also doch bloss von „Menschenrechtsverletzungen“ und „Völkerrechtskonvention“ gesprochen statt von „Juden töten“ – seinen Job hätte er mit Sicherheit behalten.

Über Michel Wyss

Michel Wyss ist freischaffender Analyst bei der Audiatur-Stiftung und beschäftigt sich hauptsächlich mit Sicherheitspolitik im Nahen Osten. Er absolviert derzeit ein MA-Studium in Government mit Fokus auf Internationale Sicherheit am Interdisciplinary Center in Herzliya, Israel und ist als Research Assistant beim International Institute for Counterterrorism (ICT) tätig.

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7 Kommentare

  1. „in keinster Weise Antisemit“ zu sein, schliesslich habe er „zahlreiche Juden im Bekanntenkreis“…eine klassische Ausrede eines strammen Antisemiten! Candrian ist übrigens Präsident der Ostschweizer Freidenker! Kommentare von ihm erscheinen regelmässig auf Online-Zeitungen, und alle gehen in die gleiche Richtung! Immerhin wird dieser Mann nun thematisiert, man weiss nun, wes Geistes Kind er ist! Ich bin aber sicher, dass Candrian erst recht eine stattliche Anzahl von Sympathisanten finden wird!

  2. Und das ist Candrians Meinung über die amerikanischen Alliierten im 2. Weltkrieg: ich hoffe, dass alle deutschen, welche gegen das afghanische volk kämpfen (…) eines tages vernichtet, ausradiert werden. ihr deutschen solltet, statt die amerikanischen terroristen in ihrem völkerrechtswidrigen krieg gegen das afghanische volk zu unterstützen, euch daran erinnern, dass die amerikanischen terroristen auch millionen von deutschen (…) ermordet haben. werft die amerikanischen besatzungstruppen endlich aus eurem vaterlande hinaus, und rächt die millionen eurer landsleute, die von den amerikanischen terroristen ermordet worden sind …" Im Netz gibts noch viel mehr solcher Bonbons…

  3. Ohne den jüdischen Erfindergeist gäbe es keine Glühbirnen, kein Licht, kein Morse, kein Telefon, keine Laptops (um die Juden im Internet zu diskriminieren), keine Papiernastücher, keine genialen Maschinen, nur etwa 1/4 aller gängigen Medikamente, kaum klassische Musik u.s.w. Ich empfehle Herrn Maurus Candrian die Geschichte im Nahen Osten zu studieren und die Bibel zu lesen.

  4. Ohne den jüdischen Erfindergeist gäbe es keine Glühbirnen, kein Licht, kein Morse, kein Telefon, keine Laptops (um die Juden im Internet zu diskriminieren), keine Papiernastücher, keine genialen Maschinen, nur etwa 1/4 aller gängigen Medikamente, kaum klassische Musik u.s.w. Ich empfehle Herrn Maurus Candrian die Geschichte im Nahen Osten zu studieren und die Bibel zu lesen. Interessant ist auch, dass aus dem israelischen Volk mit gegenwärtig 14 Millionen Menschen 185 Nobelpreisträger hervorgegangen sind, während die muslimische Welt mit einer Bevölkerung von 1,4 Milliarden gerade mal deren 9 (neun)!

  5. Wieder ein Beweis, dass der genetischer Judenhass nach 1700 Jahren trotz Holocaust bei allen Frustrierten, Dummen und Fanatikern immer zum Vorschein kommt.
    70.000 Toten in Syrien sind bei diesen Menschen kaum erwähnenswert es sind nicht Juden beteiligt also nicht interessant.

  6. Leider ist die klassische Ohrfeige in der Schweiz ppolitisch unkorrekt, wäre aber durchaus in beiden erwähnten Fällen und anderen angebracht.

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