Wird die EU die Hisbollah endlich verbieten?

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Jetzt, da Bulgarien offizielle bestätigt hat, dass die Hisbollah für den Terroranschlag in Burgas im vergangenen Juli, bei dem fünf israelische Touristen und ein Bulgare getötet worden waren, verantwortlich ist, liegt die Beweisleist direkt bei der Europäischen Union, diese Gruppe als Terrororganisation aufzuführen – und zwar ohne Verzögerung.

Die Hisbollah wird bereits von den USA, Kanada, den Niederlanden und Israel als Terrororganisation gelistet. Grossbritannien und Australien haben sogar den künstlichen ‚militärischen Flügel‘ der Hisbollah ebenfalls gelistet. 2005 verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution, in der es festhält, „dass eindeutige Beweise für terroristische Aktivitäten seitens der Hisbollah vorliegen“ und fordert die EU auf, alle erforderlichen Massnahmen zu ihrer Einschränkung zu ergreifen.

Bedauerlicherweise trödelt die EU weiterhin und weigert sich, die Hisbollah als Terror-Organisation zu deklarieren. Und zwar nicht etwa wegen fehlender Beweise, die es im Übermass gibt, sondern wegen fehlenden politischen Willens und Konsens unter den EU-Mitgliedsstaaten.

Der bulgarische Untersuchungsbericht wurde nach einer sieben monatigen akribisch durchgeführten Ermittlungen am 5. Februar veröffentlicht. Beunruhigende Hinweise, was sich in Zukunft zutragen könnte, lieferte in der vergangenen Woche Gilles de Kerchove, Anti-Terror Koordinator der EU: auch wenn die Hisbollah diesen Anschlag durchgeführt habe und rechtlich strafbar sei, bedeute das nicht, dass sie auf die schwarze Liste gesetzt würden, sagte er. Kerchoves Aussage wurde rasch von Phillip Missfelder verurteilt, aussenpolitischer Sprecher der CDU/CSU Fraktion im deutschen Bundestag.

Missfelder sagte, dass „Terrorismus ein integraler Bestandteil der Gesamtstrategie der Hisbollah ist, die die politische Stabilität des Libanons untergräbt und die Existenz des jüdischen Staates Israel bedroht.“ Ferner meinte er, dass „die EU auf keinen Fall tolerieren darf, dass diese Gruppe von europäischem Boden aus operiert. Daher ist es absolut zwingend, diese Gruppe auf die Terrorliste der EU zu setzen.“

Vielleicht braucht die EU eine kurze Erinnerung an das Hisbollah-Arbeitsdossier, das ihre Pfade des Terrors auf europäischem Boden mitbeinhaltet.

Die Hisbollah wird aus Teheran finanziert, bewaffnet und erhält ihre Befehle direkt von dort. Mit allen Absichten und Gründen ist sie der strategische Arm im Stellvertreter-Krieg des iranischen Regimes gegen Israel und westlichen Interessen in Europa.

Diese Gruppe war direkt verantwortlich für einige der schrecklichsten Terroranschläge weltweit – und nicht nur gegen israelische Interessen- zu diesen zählen: der Bombenanschlag auf den US-Stützpunkt 1983 in Beirut, bei dem 241 US-Marines und 58 französische Fallschirmjäger getötet wurden; eine Welle von Bombenanschläge in Frankreich zwischen 1985 und 1986, bei denen 13 Personen und Hunderte verletzt wurden; die Flugzeugentführung von TWA-Flug 847 1985 in Griechenland; und ein Bombenanschlag 1984 in Spanien, bei dem 18 Personen getötet und 83 verletzt wurden. Indes wurde im Juli letzten Jahres ein Hisbollah-Agent auf Zypern verhaftet wegen Planung eines Anschlages gegen israelische Touristen.

Seit dem Ende des Zweiten Libanonkrieges 2006 haben sich die Lagerbestände der Raketen der Hisbollah schätzungsweise verdreifacht auf mindestens 60‘000 Stück. Diese Raketen, die in Fabriken im Iran hergestellt werden, verfügen über eine längere Reichweite und ihre Wirkkraft ist wesentlich zerstörerischer.

Mithilfe eines ausgedehnten weltweiten Netzwerkes an Fundraising und infrastruktureller Unterstützung, rekrutiert und radikalisiert die Hisbollah zudem junge Muslime für den Jihad in Europa. Die Hisbollah verfügt schätzungsweise über 1‘000 Agenten, die nur in Deutschland herumlaufen, und eine noch grösser Ausbreitung in Europa.

Einige EU-Mitgliedsstaaten wie Frankreich haben Bedenken, die Hisbollah auf die schwarze Liste zu setzen, weil sie um ihre politische Beeinflussung im Libanon fürchten. Da muss man sich die Frage stellen, was ihre „Beeinflussung“ bisher gebracht hat?

Heute können wir beispielsweise mitverfolgen, wie die Hisbollah im Interesse von Bashir al-Assads mörderischem Regime direkt in Syrien interveniert, während eine UN-Untersuchung von 2011 feststellte, dass Hisbollah Agenten für die Ermordung des libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri verantwortlich ist.

Zudem haben die USA eine Zeit lang die EU vehement gedrängt, die Hisbollah als Terrororganisation zu führen. Letztes Jahr schrieben mehr als 250 Mitglieder des US-Kongresses an den Präsidenten und an jedes der 27 EU-Ministerien, dass „die Zeit für die EU längst abgelaufen ist, die Hisbollah als Terrororganisation anzuerkennen“ und baten um Partnerschaft in den „wichtigen Bemühungen den Terrorismus zu bekämpfen.“

In einem aktuellen Leitartikel in der britischen The Times „Don’t Mince words, Hezbollah are terrorists” [Kein Blatt vor den Mund nehmen, Hisbollah sind Terroristen] warnen der früherer spanische Ministerpräsident José María Aznar und der nordirische Friedensnobelpreisträger David Trimble, dass „die Hisbollah bereits auf europäischem Boden anwesend und aktiv ist [und] es hat sich gezeigt, dass sie gewillt ist, in Europa zuzuschlagen. Daher müssen die europäischen Regierungen nun handeln,  um die Hisbollah und ihre Aktivitäten, Vision und Ziele zu stigmatisieren.“

Die Hisbollah auf die schwarze Liste der Terrororganisationen zu setzen würde der EU verhelfen, einen bedeutenden Fortschritt im Kampf gegen den radikalen Islam und Terror auf europäischem Boden zu machen, sowie dem Herz des iranischen Terrorimperiums einen Dolchstoss zu versetzen.

Solch ein Schritt würde den Behörden ermöglichen, Vermögen der Hisbollah einzufrieren und gleichzeitig auch ihre Fähigkeit, neue Mitglieder zu rekrutieren und somit die Lebensader ihrer Terroraktivitäten zu durchtrennen; zudem würden Exekutivorganen breitere Ermittlungsbefugnisse zugestanden und eine Verbesserung der grenzüberschreitenden Kooperation zwischen den Staaten.

Die EU muss sich fragen, sie wirklich will, dass der Iran weiterhin im Herzen Europas operiert? Wenn sie diese Frage verneint, so muss sie die Hisbollah umgehend als Terrororganisation aufführen.

 Arsen Ostrovsky ist Anwalt für internationale Menschenrechte und freischaffender Journalist.

Originalversion: Surely now the EU will finally proscribe Hezbollah by Arsen Ostrovsky © The Commentator, January 6, 2013.

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