Eine Minderheitsverfassung für eine Minderheit von Extremisten

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Israels ehemaliger Botschafter in Ägypten, Zvi Mazel, schrieb in einem Kommentar für die Jerusalem Post, dass, obschon sich die Muslimbruderschaft als Sieger des Verfassungsreferendums in Ägypten betitelte, der Kampf um die Zukunft des Landes noch nicht entschieden sei.

Nur 32 Prozent der gesamten Wählerschaft nahmen im Dezember am Referendum teil, wovon 64 Prozent der neuen Verfassung zustimmten. Das sind jedoch nur 20 Prozent der ägyptischen Wählerschaft. Das ist weit weg von einem breiten Konsens, der gebraucht wird, damit sich das Land in der postrevolutionären Phase erfolgreich weiterentwickeln kann.

Das Ergebnis reflektiert somit eine Minderheitsverfassung für eine Minderheit von Extremisten, so Mazel. Die neue Verfassung stützt sich auf die Scharia und islamische Werte. Nach sechs Monaten Streit in der verfassungsgebenden Versammlung, die mehrheitlich aus Muslimbrüder und Salafisten zusammengesetzt ist, wurde die neue Verfassung in nur wenigen Tagen durch einen Befehl von Präsident Mursi entworfen. Die meisten nichtislamistischen Mitglieder der Versammlung und Delegierten der koptischen Minderheit waren zuvor aus Protest zurückgetreten.

Oppositionsführer behaupten zudem, dass Betrug während den Wahlen weitverbreitet war. Als Beispiele dafür geben sie unter anderem Folgendes an:

  • Wahlzettel, welche mit “nein” gegen die neue Verfassung gekennzeichnet waren, wurden angeblich in öffentlichen Toiletten und Strassengräben gefunden.
  • Einige der Wahlbüros öffneten spät, da deren Wahlbeamten absichtlich langsam arbeiteten, um Wähler in oppositionellen Wahlkreisen zu entmutigen.
  • Koptische Dorfbewohner, welche vermutlich gegen die islamisch beeinflusste Verfassung gewählt hätten, wurden durch Strassenblockaden von Wahlbüros ferngehalten.

Laut Mazel bleibt Ägypten nach wie vor ein geteiltes Land. Die Opposition gegen Mursi und seine Verfassung hat sich nicht verringert. Proteste halten an und Rücktritte wie jene des ägyptischen Vizepräsidenten und des Gouverneurs der Zentralbank zeigen die Schwäche des Regimes auf.

Parlamentswahlen müssen zwei Monate nach der Annahme der Verfassung durchgeführt werden. Werden die Oppositionskräfte erfolgreich sein, neue Sitze zu gewinnen und die Brüche der gesellschaftlichen Unterstützung für die Bruderschaft aufzuzeigen? Oder wird die Bruderschaft durch ihre heutige Kontrolle des Landes alle ihre Unterstützer versammeln, um einmal mehr die parlamentarische Mehrheit zu erlangen?

Abstract der Originalversion: A minority constitution for a minority of extremists by Zvi Mazel © Jerusalem Post, December 26, 2012.

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