Denkt an Khomeini, wenn die Bruderschaft spricht

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Vor fast einem Jahrzehnt verfasste der ehemalige iranische Literaturprofessor Jalal Matini einen Artikel mit dem Titel „Die ehrlichste Person in der neueren Geschichte.“ Der Beitrag, welcher im amerikanisch-persischen Journal Iransehnasi erschien, war eine Studie über Ayatollah Khomeinis Äusserungen vor der Machtübernahme und seinen Handlungen danach.

Die Iran-spezialisierte Website, Iranian.com, übersetzte einige Schlüsselstellen des Artikels wie folgt:

  • „Persönliche Bedürfnisse, Alter und meine Gesundheit erlauben es mir nicht, persönlich eine Führungsrolle nach dem Zerfall des gegenwärtigen Systems im Land zu übernehmen.“ – Interview mit der Associated Press, Paris, 7. November 1978
  • „Ich habe wiederholt gesagt, dass weder meine Bedürfnisse, noch mein Alter oder meine Position es mir erlauben, zu regieren.“ – Interview mit der United Press, Paris, 8. November 1978
  • „Ich will die Regierungsgewalt nicht in meiner Hand halten; ich bin nicht an persönlicher Macht interessiert.“ – Interview mit der Zeitung The Guardian, Paris, 16. November 1978
  • „Ich will nicht der Führer der Islamischen Republik sein; ich will keine Regierung oder Macht in meiner Hand halten. Ich geleite das Volk lediglich bei der Wahl des Systems.“ – Interview mit einem österreichischen Fernsehreporter, Paris, 16. November 1978
  • „Das Fundament unserer islamischen Regierung basiert auf der Freiheit des Dialoges und wird jede Art von Zensur bekämpfen.“ – Interview mit der Reuters Newsagentur, Paris, 26. Oktober 1978
  • „In der Islamischen Republik werden die Rechte der religiösen Minderheiten respektvoll beachtet.“ – Interview mit einem österreichischen Fernsehreporter, Paris, 6. November 1978

Nach der Revolution schlug Khomeini einen ganz anderen Ton an:

  • „Hört nicht auf jene, die von Demokratie sprechen. Sie sind alle gegen den Islam. Sie wollen die Nation von ihrer Mission abbringen. Wir werden die giftigen Schreibstifte all jener brechen, die von Nationalismus, Demokratie und solchen Dingen sprechen.“ – Während einem Treffen mit iranischen Studenten und Dozenten, Qom, 13. März 1979
  • „Wir müssen diese Intellektuellen warnen, dass sie niedergeschmettert werden, falls sie sich weiter einmischen. Wir haben euch so gut behandelt, damit ihr mit eurer Boshaftigkeit vielleicht aufhört. Falls ihr jedoch nicht aufhört, werden wir das letzte Wort haben. Diese amerikanischen Sympathisanten sollten wissen, dass wir sie jederzeit, wenn wir das wünschen, innert wenigen Stunden in den Abfallkübel der Vernichtung werfen können.“ – In einer Rede an die Iranische Bevölkerung, 8. August 1979
  • „Jene, die versuchen im Namen der Demokratie Korruption und Zerstörung in unser Land zu bringen, werden unterdrückt werden. Sie sind schlimmer als die Banu Quraiza Juden[1] und sie müssen gehängt werden. Wir werden sie auf Gottes Befehl und Gottes Gebetsruf unterdrücken.“ – In einem Gespräch an der Fayzieah Schule, Qom, 30. August 1979

Als die Obama-Administration ihre Position zur Muslimbruderschaft neu bestimmte, akzeptierte sie die Ratschläge von Akademikern und Beratern, die nahelegten, dass die Bruderschaft sich reformiert und weiterentwickelt habe. Zudem versicherten Gesprächspartner der Bruderschaft auf dem Tahrir-Platz amerikanischen Diplomaten, Gelehrten und Journalisten, sie seien tatsächlich moderat geworden. Die Bruderschaft versprach nämlich, nicht die ägyptische Politik dominieren zu wollen und nur für eine Minderheit der Parlamentssitze anzutreten. Sie gingen sogar soweit und verdeutlichten, dass sie keinen Präsidentschaftskandidaten stellen würden.

Kaum hatten sie jedoch die Macht einmal konsolidiert, begann sich die Muslimbruderschaft systematisch von ihren früheren Versprechen zu distanzieren. Zuerst stellte die Bruderschaft in mehr als der Hälfte der Distrikte Ägyptens Kandidaten auf. Danach schickte sie ihren Präsidentschaftskandidaten Mohamed Morsi ins Rennen.

Während Morsi die Opposition dezimiert und sich von etablierten Checks-and-Balances frei macht, scheint es, als würden noch weitere Versprechungen obsolet. Wie der Literaturprofessor Matini aufgezeigt hat, hatten wir zu allem Übel denselben Ablauf bereits schon einmal gesehen.

Originalversion: Think Khomeini When Brotherhood Talks by Michael Rubin © Commentary Magazine, August 29, 2012.

 


[1] Ein jüdischer Stamm, der in der Nähe von Medina im nördlichen Arabien gelebt hatte. Im Jahre 627 ergab sich der Stamm den Streitkräften Mohammeds Streitkräften nach einer 25-tägigen Belagerung. Laut Zeugenaussagen wurden jene, die sich nicht ergaben, hingerichtet.