An Israels Peripherie: Südsudan

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Südsudans Präsidentengarde. Foto Steve Evans/Flickr.com
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Nach einem Krieg mit den Hegemonialherren in Karthoum, der Jahrzehnte dauerte, erklärte der Südsudan vor einem Jahr seine Unabhängigkeit. Ein beschwingtes Israel erkannte den neuen Staat umgehend an. Im darauf folgenden Jahr wurden viele optimistische Hoffnungen für den Nahen Osten und Nordafrika enttäuscht, doch im Fall des Südsudans war Israels Optimismus gerechtfertigt. Insbesondere drei Bereiche zeigen sich vielversprechend: bilaterale Beziehungen, Migration und Geopolitik.

Israel kann eine lange Geschichte der Unterstützung für die südsudanesischen Sezession vorweisen: Während der 1960er Jahre war Israel die wichtigste Quelle moralischer, diplomatischer und militärischer Hilfe für die Rebellen. Somit überrascht es wenig, dass israelische Flaggen in Juba, der neuen Hauptstadt des Südsudans, allgegenwärtig waren, als dieser seine Unabhängigkeit feierte. Ein Stadtteil heisst Jerusalem und in der Nähe des Flughafens gibt es ein Shalom Hotel.

Auch überraschte es nicht, dass Israel als eines der ersten Länder auf der Liste der Auslandsbesuche des südsudanesische Präsident Salva Kiir Mayardit stand oder das Kiir beabsichtigt, die südsudanesische Botschaft in Jerusalem einzurichten. Israels Rolle in der südsudanesischen Erinnerung könnte auch dazu geführt haben, viele Migranten anzuziehen, die in den letzten Jahren eine lebensgefährliche Reise durch Ägypten durchgemacht haben. Mehr als siebentausend Südsudanesen sollen in Israel leben, doch, was als Model für ein funktionierenden Asylablauf dienen sollte – Migranten flüchten aus einem kriegsversehrten Land, der Krieg endet, Migranten kehren zurück – hat die südsudanesische Regierung mit Israel in dem Bestreben zusammengearbeitet, die Migranten wieder nach Hause zu führen.

Viele hoffen, dass ihre Rückkehr die Beziehung festigen wird, die sich für Israel als äusserst nützlich erweisen könnte. Israel kann dem Südsudan im gleichen Umfang Wirtschaftshilfe leisten, wie anderen afrikanischen Ländern, doch der Südsudan könnte eher bereit sein, eine Gegenleistung zu bringen.

Der Staat hat Zugang zu grossen Ölreserven und anderen Bodenschätzen, und entscheidend, seine geografische Lage dem Nil entlang stromaufwärts von Ägypten und dem Sudan ist eine hilfreiche Stärkung seiner Position gegenüber diesen Länder.

In Anbetracht dessen passt der Südsudan gut in Israels aufstrebende „Peripherie-Strategie“, die Freundschaft mit Staaten kultivieren möchte, die an die feindlich gesinnten Staaten angrenzen. Diese Idee stammt nicht erst von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, bereits David Ben-Gurion hat diesen Ansatz verfolgt und eine erfolgreiche trilaterale Allianz mit dem Iran, der Türkei und Äthiopien aufgebaut, sowie mit den Kurden und anderen regionalen Minderheiten.

Netanyahus Peripherie-Strategie ist jedoch komplexer und umfasst mehr Länder und mehr gemeinsame Interessen. Anfang dieses Jahres war Netanyahu der erste israelische Ministerpräsident, der Zypern besuchte, ein weiterer voraussichtlicher Partner, und Zypern bedenkt die israelische Anfrage, Flugzeuge auf der Insel zu stationieren. Beide Länder sind durch die gemeinsame Sorge um die aktuelle Kriegslust der Türkei zusammengekommen, aber sie kooperieren auch in der Ausbeutung der unermesslichen, wertvollen natürlichen Gasreserven, die erst kürzlich vor der Küste entdeckt worden sind.

Diese Anliegen, Bodenschätze und strategische Wichtigkeit, veranlassen die Israelis, sich auch an Griechenland zu wenden. Angesichts seiner engen Beziehungen zu Zypern ist Griechenland natürlicherweise an Energiereserven interessiert, aber es hat auch ein gemeinsames Verteidigungsabkommen abgeschlossen und hat gemeinsam mit Israel Militäroperationen durchgeführt und die Freedom Flotilla II 2011 vereitelt, ein wiederholter Versuch der Seeflottille von 2010, die israelische Seeblockade um den Gazastreifen zu durchbrechen.

Energieinteressen und Bedenken wegen der Türkei haben eine Annäherung zwischen Israel und den Balkanstaaten Bulgarien, Rumänien und Serbien bewirkt, und der jüngste Besuch des russischen Präsidenten Vladimir Putin in Israel sollte im gleichen Licht gesehen werden. Ein neuster Bericht stellt die Vermutung auf, dass Israel nach Azerbaijan schielt, um von dort den Iran anzugreifen. Auch wenn diese Behauptung Unsinn ist, unterstreicht sie den geografischen und strategischen Umfang von Israels erfolgreichen Peripherie-Ambitionen, welche sich von Europa über Afrika und Asien nach Indien erstrecken.

Davon abgesehen befindet sich der Südsudan kaum in einer Position der Stärke. Heimatlosigkeit, Nahrungsmittelknappheit und Krankheiten greifen um sich; interne Gewalt und externe Konflikte gehen weiter; die Sterblichkeit und Analphabetenrate gehören zu den höchsten weltweit; Korruption ist vorherrschend; und Menschenrechtsverletzungen sind häufig. Kurzum, das einjährige Land ist auf dem besten Wege, ein gescheiterter Staat zu werden.

Aber trotzdem ist Unabhängigkeit süss, und wie Präsident Kiir in Israel sagte: „Ich bin sehr bewegt, nach Israel zu kommen und auf der Erde des gelobten Landes zu gehen. Als Staat, der aus dem Staub erstanden ist, und Wenige die gegen Viele gekämpft haben, habe Sie ein blühendes Land aufgebaut, das seinen Kindern eine Zukunft und wirtschaftliche Blüte anbietet. Ich bin gekommen, um ihren Erfolg zu sehen.“

Man kann nur hoffen, für den Südsudan und für Israel, dass der Südsudan die Geheimnisse dieses Erfolges lernen wird.

Gekürzte Fassung der Originalversion: The Cush Connection by Jonathan Neumann © Jewish Ideas Daily, July 9, 2012.