Die getäuschte Generation

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Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) spricht mit doppelter Zunge, sagte Itamar Marcus, Gründer von Palestinian Media Watch PMW, der Anfang Juni über dieses Thema an einem Anlass referierte, der von der Audiatur-Stiftung und der Parlamentarischen Gruppe Schweiz-Israel veranstaltet worden war.

Gegenüber der Aussenwelt und dem Nahost-Quartett sagt die PA all die richtigen Dinge. Gemäss Osloer Abkommen müssen die Palästinenser Israel anerkennen, Hass-Aufwiegelungen beenden und sich von Gewalt distanzieren; das macht sie auch – zumindest offiziell. Und das Quartett nimmt die PA beim Wort.

Doch die Botschaft, die sie innerhalb ihres eigenen Gebiets und in ihrer eigenen Sprache vermittelt, ist beunruhigend anders. Bisweilen ist sie sogar absolut gegensätzlich: der Staat Israel wird nicht anerkannt, Hass-Aufwiegelung wird verbreitet und zu Gewalt ermutigt. So zeigt die PA beispielsweise trotz der offiziellen Anerkennung des Staats Israel regelmässig Landkarten Palästinas, welche die Gebiete des israelischen Staates von vor 1967 beinhalten und sprechen von israelischen Städten wie Tel Aviv und Haifa als palästinensischen Städten. Marcus nennt das den „Täuschungs-Prozess“. Er ist Experte für arabisch-sprachige Medien in den Palästinensergebieten und hat Tausende solcher Beispiele zur Hand – angefangen beim staatlichen Fernsehprogramm und Zeremonien, offiziellen Ansprachen bis zu Interviews der politischen Führung.

Um ihrer Botschaft Legitimität zu verleihen, dass Israel kein Anrecht auf nur irgend einen Teil des Levante-Tals besitzt,  haben Palästinenser in den vergangenen Jahren ihre Geschichte umgerüstet, um somit jegliche jüdische Verbindung zum Heiligen Land zu eliminieren oder es mit dem heutigen Begriff „historisches Palästina“ zu bezeichnen. Zu diesem Zweck hat der palästinensische Mufti erklärt, dass der Tempelberg für Juden nie eine besondere Bedeutung hatte und ein anderes doch eher lächerliches Beispiel macht Jesus zu einem Palästinenser; mehr noch, er wird gar zum ersten islamischen Märtyrer gemacht, um die tiefe, unangreifbare Verbindung der Palästinenser zum Land zu verfestigen, ungeachtet dessen, dass Jesus in seiner eigenen Religion und Geschichte ein Jude war, zum Guten oder zum Schlechten!

Eine Figur mit solch einer historischen Wichtigkeit muss für ihren eigenen Zweck vereinnahmt und aus der christlichen Geschichte herausgehoben werden, um der palästinensischen Ideologie feste Formen zu verleihen. Wenn Juden also nie in Israel gelebt haben, warum sind sie dann jetzt dort?

Doch reicht das bei Weitem nicht aus, jüdische Ansprüche auf Israel abzuweisen; Juden müssen auch dämonisiert werden, um jegliches Gefühl der Empathie, was sie gegenüber israelischen Bürgern als Mitmenschen empfinden könnten, abzuschwächen oder zu beseitigen. Der gleiche Mufti, der jegliche Wichtigkeit des Tempelbergs für die Juden für nichtig erklärt hat, hat auch öffentlich zur Vernichtung der Juden aufgerufen. Wie die meiste antisemitische Propaganda im Nahen Osten, könnte das Bild, was verwendet wird, um diese Botschaft zu vermitteln, auch aus Julius Streichers Der Stürmer abgekoppelt sein. Israelis, die in der palästinensischen Diktion meist nach ihre religiösen Zugehörigkeit als Juden genannt werden, werden mit Ratten verglichen oder mit Hakennase und als hinterhältig dargestellt, kontrollieren die Weltfinanzen und sind Quell aller Not in der arabischen Welt. Was Marcus Sorge bereitet ist, dass diese Bilder im Kinderprogramm gezeigt werden.

Wie viele, die in Konfliktgebieten arbeiten, sieht Marcus die Jüngsten der Gesellschaft als grosse Hoffnung für die Zukunft. Die tragische Wirklichkeit jedoch sieht anders aus: in den Konfliktregionen dieser Welt werden Kinder systematisch mit den Ideologien ihrer Eltern und der politischen Führung überflutet und da bilden die Palästinensergebiete keine Ausnahme. Natürlich gibt es Menschen, die interkulturelle Kommunikation und Akzeptanz voran bringen wollen, doch werden diese Bemühungen verurteilt, etwas womit Marcus nur allzu gut vertraut ist.

Er nennt zum Beispiel ein Jugend-Fussballturnier in Kanada, One Team United, was Frieden und Gleichheit fördern sollte und an dem israelische und palästinensische Jugendliche teilnahmen. Statt bei ihrer Rückkehr gepriesen und gelobt zu werden, stehen die palästinensischen Teilnehmer nun Gefahr, dass rechtliche Massnahmen gegen sie eingeleitet werden, weil die Palästinensische Fussballvereinigung keine „Normalisierung“ in der Beziehung mit Israel zulässt. Was eigentlich eine wunderbare Gelegenheit hätte werden können, Brücken zu überwinden, wurde stattdessen dazu missbraucht, diejenigen zu zensieren, die überzeugt waren, eine Veränderung umzusetzen.

Diese sehr expliziten negativen Botschaften werden durch subtilere verstärkt, zum Beispiel durch die Benennung von Wettkämpfen, Turnieren und Stadien nach verurteilten Terroristen wie Dalal Mughrabi, die für den Tod von 37 israelischen Zivilisten verantwortlich ist. Nicht nur, dass  Juden und Israel schlecht sind, auch sind diejenigen, die sie mit welchen Mitteln auch immer bekämpfen, würdig, verherrlicht zu werden. Helden sind nicht jene, die sich für Frieden einsetzen, sondern solche, die jüdische Zivilisten in die Luft sprengen. Diese umfassende und heimtückische Propaganda, angefangen bei der Namensgebung von Schulen bis Sommerlagern, zeigt eindeutig ihre beabsichtigte Wirkung, weil die Jüngsten der palästinensischen Gesellschaft den Staat Israel nicht anerkennen, so Marcus.

Für Palästinenser ist der Konflikt mit Israel von einem territorialen zu einem religiösen Konflikt geworden. Lange Zeit war das im Hamas-Lager offensichtlich, doch nun nimmt die traditionell säkulare Fatah diese Position auch an. Ein religiöser Konflikt, anders als ein Konflikt über Land, erlaubt keinen Kompromiss, weil es um mehr als um Grenzen geht. Plötzlich wird der Konflikt mit Israel zum Gebot, nicht nur einfach „ein Kampf um ein Stück Land hier und da“, wie es PA-Minister für Religion Mahmoud Habbash 2010 sagte. „Überhaupt nicht. Der Kampf besitzt die Symbolik von Heiligkeit oder Segen“.

Die Anerkennung der Grenzen vor 1967 vorzutäuschen, ist nur der erste Schritt im Täuschungs-Prozess, sagt Marcus. Palästinensischen Kindern wird nicht gelehrt, dass Israelis ihre zukünftigen Nachbarn sind; stattdessen wird ihnen beigebracht, dass ganz Palästina, inklusive Tel Aviv und Haifa, ihr Geburtsrecht ist und dass Israel eines Tages einfach aufhören wird, zu existieren.

Shana Goldberg, Audiatur-Online

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