Martin Schärer, emeritierter Pfarrer von Regensberg, „reist für drei Monate in den Nahen Osten, um Menschenrechtsverletzungen zu beobachten“. So lesen wir am 11. Februar im „Zürcher Unterländer“. Das erinnert stark an Voyeurismus. Der Pfarrer, der im friedlichen und etwas langweiligen, deshalb aber so glücklichen Regensberg lebt, möchte nun endlich einmal im Ruhestand bei Menschenrechtsverletzungen dabei sein. In Regensberg gab und gibt es da nicht viel zu sehen. Für dieses Interesse hat er sich darum eine Region ausgewählt, die für Voyeure seiner Art am ungefährlichsten ist, den „Nahen Osten“ nämlich. Natürlich meint das nicht etwa Syrien, wo man Menschenrechtsverletzungen en masse und täglich beobachten könnte und Gefahr liefe, an Leib und Leben versehrt zu werden. In den Iran reist er klugerweise auch nicht. Der „Nahe Osten“ ist für ihn eigentlich auch nur das „Gelobte Land“. Da will er „dem Frieden nachhelfen“, wenigstens „einen kleinen Beitrag für den Frieden leisten“. An einem Minderwertigkeitskomplex leidet er offenbar nicht. Und obwohl er noch gar nicht angekommen ist, titelt der „Zürcher Unterländer“ sinnig: „Ein Pfarrer kämpft im Gelobten Land für Menschenrechte“.
Man fragt sich bei diesem Titel nicht mehr, gegen wen der tapfere Pfarrer eigentlich kämpft. Denn der Leser und die Leserin, das wird vorausgesetzt, sind längst schon konditioniert wie der Pawlowsche Hund. Es geht immer um die Israelis, jüdische wohlbemerkt, auf die ein Pfarrer unbedingt aufpassen muss. Das haben Pfarrer ja schon immer getan. Und bevor sie überhaupt etwas beobachtet haben, haben sie schon Menschenrechtsverletzungen gesehen – von Juden. Früher haben die kleine Christenkinder verspeist, heute hacken sie Olivenbäume ab und drangsalieren arme Palästinenser am Checkpoint. Der Pfarrer aus Regensberg will das nun alles selbst beobachten. Bereits jetzt aber weiss er schon, was er sehen wird. Das weiss ein Pfarrer ja, dass alles wahr ist, was er über Juden in Israel, über Olivenbäume und Checkpoints hört und liest. Er will natürlich keine Menschenrechtsverletzungen beobachten, die etwa von Palästinensern an Palästinensern verübt werden, nicht zuletzt an christlichen Palästinensern. Da würde er wohl sagen, dass dafür auch die Israelis – jedenfalls letztlich – verantwortlich sind.
Die Israelis sind letztlich immer für alles verantwortlich. Christen im Nahen Osten und ihre prekäre Situation zu beobachten (etwa in Ägypten), wäre ja auch zu gefährlich. Und das stimmt wirklich. Er weiss, dass die Israelis ihn gewähren lassen werden. Aber am Ende, nach drei Monaten, wird er uns in der Schweiz von seinen Heldentaten als Beobachter erzählen und natürlich über das berichten, was er schon jetzt an Menschenrechtsverletzungen annimmt. Man kennt ja als Pfarrer seine Juden und muss immer auf sie aufpassen. Das gebietet der alteuropäische Voyeurismus. Vermutlich wird er uns auch berichten, welche Angst er gespürt hat, als er israelische Soldaten am Checkpoint mit einer Waffe in der Hand gesehen hat. Denn Juden, die Waffen haben und sich verteidigen, sind in seinem Weltbild wohl nicht vorgesehen. Aber gerade das macht ihn, den Pfarrer, am Ende eben zum mutigen Helden. Und das wird dann wieder im „Zürcher Unterländer“ gefeiert werden.
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Da hat Ekkehard prima zugeschlagen und ich danke ihm dafür. Ich bewundere ihn, wie er dabei so cool bleibt. Chapeau, lieber Ekkehard, ganz besonders für die vergnügliche Ironie deiner Zeilen. Der Herr Pfarrer Schärer stellt ein wundervolles Beispiel eines jener Gutmenschen dar, die alles schon wissen, vielleicht noch bevor es passiert ist – weil es ihre ideologischen Vorurteile es so verlangen.
Herzlichst, dein Uri
Der Artikel „Ein Pfarrer kämpft im Gelobten Land für Menschenrechte“ ist – in vorauseilender Stimmungsmache – schon vor der Abreise des aufrechten Pfarrers gedruckt worden. Die vor dem Einsatz eingeübten Rollenspiele haben offenbar ihre Wirkung gezeigt, der Friedensheld ist wohlbehalten zurückgekehrt. Sein rückblickender Bericht im „Zürcher Unterländer“ (22.5.2012) unter dem Titel „Zerstörung im Gelobten Land“ entspricht bestimmt voll und ganz den Erwartungen der Peacewatch-Verantwortlichen und andern Israelhassern. Offenbar wurde während seines Einsatzes kein Palästinenser ermordet (der Mörder, wäre sicher ein Jude gewesen!), weshalb uns Schärer auch nicht erklären kann, warum die Teilnahme an einer solchen Beerdigung für nützliche Idioten „unklug“ gewesen wäre. Nebenbei: Weltweit veröffentlichte Bilder und Berichte über „Märtyrer“ sind für Palästinenser von grösster Bedeutung – selbst wenn diese Märtyrer nur den „Schauspielertod“ erlitten haben oder beim Basteln einer Bombe umgekommen sind.
Alle fünf Minuten wird irgendwo auf der Welt ein Christ wegen seines Glaubens ermordet. Ich schlage vor, dass Friedensmacher Schärer und seine Gesinnungsgenossen ihren nächsten Einsatz z.B. in Nigeria oder Somalia machen. Sie können ja vorher in Rollenspielen einstudieren, wie es ist, geköpft oder bei lebendigem Leib verbrannt zu werden …
Sehr gut! Danke!
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