Iran spielt auf Zeit und der Westen spielt mit

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Atomprogramm des Iran. Foto WEBMASTER German Wikipedia. Lizenzierz unter CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons.
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Was kam heraus bei den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm vom Samstag, den 14. April 2012? Mit dem Abstand einer Woche kann man sagen, die Gespräche der UNO-Vetomächte und Deutschland mit Iran in Istanbul haben zu drei Besorgnis erregenden Resultaten geführt.

Ergebnis eins: Das iranische Regime hat bis zur nächsten Runde im Mai fünf Wochen Zeit gewonnen, weiter an seinem Atomprogramm zu arbeiten, Uran anzureichern, an einem atomaren Sprengkopf zu feilen und seine ballistischen Raketen  zu verbessern. Fünf Wochen, in denen das iranische Regime nicht mit zusätzlichen Sanktionen oder weiterem Druck rechnen muss.

Ergebnis zwei: Iran hat durchgesetzt, Bagdad als den nächsten Verhandlungsort festzulegen, was bisher vom Westen abgelehnt wurde, weil die irakische Führung vom Mullah-Regime in Teheran abhängig und Bagdad daher kein neutraler Ort ist. Während dies eine „vertrauensbildende“ Maßnahme des Westens ist, scheint keine Gegenleistung vom iranischen Regime eingefordert worden zu sein. Keine weitere Öffnung iranischer Anlagen für Inspekteure der internationalen Kontrollbehörde IAEO, keine Schließung der unterirdischen, lange geheim gehaltenen Fabrik in Fordo, kein Stopp von Urananreicherung und Außer-Landes-Schaffens von angereichertem Material.

Diese Zurückhaltung liegt aber nicht allein daran, dass die Regierungen Russlands und Chinas mit am Tisch sitzen, die in der Vergangenheit weiter gehende Sanktionen verhindert haben. Denn Ergebnis drei ist folgendes: Die Sechsergruppe aus den fünf Vetomächten und Deutschland erwartet einen nachhaltigen Dialog. Iran kann damit rechnen, für jedes Entgegenkommen eine Gegenleistung zu erhalten. Westliche Diplomaten halten die Gesprächsatmosphäre für „konstruktiv.“

Nur scheint das iranische Wohlverhalten damit erkauft worden zu sein, dass die einzige Forderung des Westens darin bestand, einen weiteren Termin vereinbart zu haben. Diese  Ergebnisse, von Lady Ashton in gewundenen Erklärungen gegenüber der Presse erklärt, muss man als Einknicken des Westens gegenüber dem iranischen Regime bewerten.

Soll eine iranische Atombombe noch verhindert werden, dürfen die 5+1 nicht halbherzig verhandeln. Es braucht vielmehr weiteren Sanktionsdruck auf das Regime, und Sanktionen, die bei Verlängerung der Hinhalte-Taktik durch das iranische Regime sofort umgesetzt werden.

Die USA haben zusätzliche Sanktionspakete gegen Firmen in Aussicht gestellt, die weiter mit dem Iran Handel treiben. In der Europäischen Union, die immer noch über ein großes Handelsvolumen mit dem Iran verfügt, werden solche Druckmittel bisher noch nicht einmal diskutiert.

Auf EU-Ebene gibt es diverse mögliche Hebel für neue Iran-Sanktionen. Dazu gehören ein komplettes Verbot des Handels mit der iranischen Zentralbank, ein Verbot von Iran-Air-Flügen in die EU, die Ausweitung von diplomatischen Sanktionen wie die Schließung von Konsulaten und Botschaften, die Ausweitung der SWIFT-Sanktionen auf alle iranischen Banken, ein Verbot des Exports von High-Tech-Gütern, die deutsche Maschinenlieferungen mit einbezöge. Auch ein komplettes Handelsembargo mit Ausnahme von pharmazeutischen Gütern und Lebensmitteln wäre denkbar, bis hin zum Verbot des Handels mit EU-externen Firmen, die weiterhin Irans Öl und Gas abnehmen.

Doch anstatt der Gefahr einer atomaren Bewaffnung des revolutionär-islamistischen und antisemitisches Regimes in Teheran klar ins Auge zu sehen, konzentriert sich die Debatte in Deutschland ausgerechnet auf Israel. Dabei steht wesentlich mehr auf dem Spiel. Eine atomare Bewaffnung des iranischen Regimes, das seine expansiven Absichten durch die Aufrüstung terroristischer Gruppen wie der Hisbollah und der Hamas seit Jahren unter Beweis stellt, wäre das Ende der Weltordnung, wie wir sie kennen.

Die iranische Bombe würde durch ein atomares Wettrüsten im Mittleren Osten die Sicherheitsarchitektur der gesamten Welt umkrempeln und gefährden. Der Atomwaffensperrvertrag, die Grundlage des Friedens unserer Zeit, wäre das Papier nicht mehr wert, auf dem er steht. Gerade in Deutschland und der Schweiz sieht man nicht, dass die iranische Bombe nicht nur eine regionale Bedrohung, sondern ein Problem von Weltbedeutung ist.

Wenn die fünf Sicherheitsratsmitglieder und Deutschland mit derselben Hasenfuß-Taktik in die Gespräche im Mai gehen, wie am vergangenen Wochenende, kann dies nur schief gehen. Setzt sich die Taktik der reduzierten Erwartungen und halbherzig vorgetragenen Forderungen fort, ist absehbar, dass Irans Streben nach der Nuklearwaffe erfolgreich sein wird. Das würde alle Beteuerungen westlicher Staatschefs, die atomare Bewaffnung des iranischen Regimes verhindern zu wollen, ad absurdum führen.

Nachdem die Weltgemeinschaft am vergangenen Wochenende von den Verhandlungen im Atomkonflikt mit dem Iran in Atem gehalten wurde, fand in dieser Woche Irans größte Ölmesse, die „Iran Oil Show“ in Teheran statt. Daran nehmen auch wieder europäische, vor allem deutsche Firmen teil, obwohl der Export von Schlüsseltechnologie im Energiesektor durch EU-Sanktionen verboten ist. Laut Website der iranischen Veranstalter ist auch die Schweizer Firma Georg Fischer AG aus Schaffhausen auf der Messe vertreten.

Auch diese Messe zeigt, wie halbherzig die Sanktionen gegen das iranische Regime umgesetzt werden. Insbesondere Deutschland fiel in der Vergangenheit als nicht strenger Kontrolleur und als Bremser in der Sanktionsfrage auf. Bei EU-Verhandlungen zu neuen Iran-Sanktionen wurde immer wieder von deutscher Seite versucht, diese abzuschwächen, um das immer noch beträchtliche deutsche Irangeschäft nicht zu gefährden.

Wenn die Sanktionen das iranische Regime nicht dazu zwingen, das Atomwaffenprogramm aufzugeben, muss die Sanktionsstrategie als gescheitert angesehen werden.

Die deutsche Regierung mit ihrer Zögerlichkeit und ihrem Wegschauen und die deutschen Unternehmen, die weiterhin Hochtechnologie in den Iran liefern, wären für das Scheitern dieser nicht-militärischen Lösung mit verantwortlich. Vor allem aber die handzahme Verhandlungstaktik der fünf Sicherheitsratsmitglieder und Deutschlands, die den Tricksereien und der Hinhaltetaktik Teherans Tor und Tür öffnet. Dies darf nicht so bleiben beim nächsten Verhandlungstermin im Mai. Es geht es ums Ganze.

Michael Spaney, Vorstand im Mideast Freedom Forum Berlin, Sprecher der Kampagne STOP THE BOMB