Ein Sturm im Wasserglas

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GMJ auf dem Bundesplatz in Bern - Plakat mit der Aufschrift "Aus welchem Konzentrationslager kommen unsere Frühkartoffeln". Foto:MW
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Knapp 100 Leute versammelten sich letzten Samstag zur „Jerusalem gehört allen!“-Demonstration auf dem Bundesplatz in Bern. Die prominenten Mitglieder des Patronatskomitees wie Geri Müller, Andrea Hämmerle oder Franco Cavalli liessen sich gar nicht erst blicken. Dafür gab sich Chef-Islamist Nicolas Blancho, der von den anderen Anwesenden freudig begrüsst wurde, die Ehre. Diese setzten sich wiederum vornehmlich aus Mitgliedern der Berner Mahnwache  für einen gerechten Frieden in Israel und Palästina zusammen, ergänzt um einige Alt- und Junglinke von der Partei der Arbeit bzw. der Kommunistischen Jugend. Daneben wurde ein wenig palästinensische Folklore geboten und viele „Boycott Israel“- und „Stop Apartheid“-T-Shirts und Plakate. Auch der obligate KZ-Vergleich durfte selbstverständlich nicht fehlen (siehe Bild).

Alles in allem könnte diese Demonstration in Bern also symbolisch für den gesamten Globalen Marsch nach Jerusalem stehen: viel Lärm um nichts. Nichts war an diesem Wochenende zu sehen von jener Million Menschen, die von allen Seiten gen Jerusalem marschieren würden. Einige Tage vor Beginn des Globalen Marsches war gar die Rede von zwei Millionen „freien Menschen aus aller Welt“. Die grösste Demonstration fand indessen in Jordanien statt. Doch auch dort waren laut AFP lediglich ca. 15’000 Personen an den Protesten beteiligt, vermutlich weitaus weniger als von den Organisatoren erhofft. Unter den Demonstranten waren auch einige Mitglieder der antizionistischen Neturei Karta-Sekte, die in der Vergangenheit unter anderem mit einem Besuch bei Mahmud Ahmadinejad auf sich aufmerksam machten. In Jordanien waren sie zumindest bei einem Teil der Protestierenden weitaus weniger willkommen, was in verbalen und gar physischen Angriffen auf sie gipfelte, so dass andere Teilnehmer der Proteste sie schliesslich beschützen mussten.

Doch nicht nur in Jordanien gab es Unmut in den eigenen Reihen. Mustafa Barghuti musste nach den Protesten beim Kalandiya-Checkpoint aufgrund einer  Kopfverletzung ambulant behandelt werden. Während von den Protestierenden zuerst die Meldung verbreitet wurde, eine Tränengaskartusche der Israelis hätte ihn getroffen, stellte sich kurze Zeit später heraus, dass  wohl eher eine Prügelei um die Frage, wer den Protestzug anführen sollte, zur Verletzung führte. Und auch der Hamas-Abgeordnete Ahmed Atoun wurde durch einen Stein, der von einem Randalierer geworfen wurde, am Kopf verletzt. Er hatte allerdings etwas mehr Glück und musste kein Spital aufsuchen.

Überhaupt führten die Proteste bei Kalandiya vor Augen, dass es zumindest ein Teil der Protestierenden nicht allzu genau nahm mit der Gewaltfreiheit, die vor dem Marsch stets betont worden war. Bis auf diese wenigen Zwischenfälle bei verschiedenen Checkpoints verlief der Tag aber ruhig. Das lag nicht zuletzt auch daran, dass die jordanischen und libanesischen Sicherheitskräfte (und sogar jene der Hamas), penibel darauf achteten, dass die Protestierenden der Grenze zu Israel auf keinen Fall zu nahe kamen. Szene wie die versuchten Grenzerstürmungen beim Nakba- und Naksa-Tag letzten Jahres sollten auf jeden Fall verhindert werden.

Ganz anders hätte sich dies wohl Mushir als Masri gewünscht, der in einer Rede verkündete, dass auch das Blut der palästinensischen Frau vergossen werden solle und ihre Körperteile den Weg säumen werde, um Jerusalem und „ganz Palästina“ zu befreien. Genau jener Mushir al Masri, den Geri Müller kürzlich ins Bundeshaus zum Schwatz einlud.

Doch Optimismus ist eine der wichtigsten BDS-Strategien: Ereignisse als Erfolg verkaufen, auch wenn sie eine grosse Pleite waren. So erklärte der nach eigenen Angaben „federführende“ Koordinator Ribhi Halloum, es sei nicht so sehr um die Anzahl der Teilnehmenden gegangen, sondern vielmehr um die Anzahl der Länder, die sich an den Protesten beteiligten, da dies die Unterstützung für Palästina zeige. Man habe aufgezeigt, dass „die Besatzung eines Tages verschwinden wird.“ Es gebe Pläne, um am 15. Mai, dem sogenannten Nakba-Tag ähnliche Kundgebungen durchzuführen. Die Vorbereitungen dazu seien bereits im Gange. Doch all diese Euphemismen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Globale Marsch nach Jerusalem ein herber Misserfolg war. Die angekündigten Massenproteste fielen nahezu überall viel geringer aus als erwartet. In Berlin nahmen sogar nur 50 Personen an einer Kundgebung teil, was angesichts der grossen Anzahl potentieller Sympathisanten Bände spricht.

Und auch in Bern sah es nicht viel besser aus. Nicht einmal der neue Kundgebungsort – vom ursprünglichen  Helvetiaplatz zum Bundesplatz vor dem Bundeshaus– half dabei, Unterstützung zu gewinnen. Die meisten „freien Menschen“ waren – so schien es – viele eher damit beschäftigt, bei wunderschönem Wetter Einkäufe zu tätigen oder durch die Altstadt zu flanieren, statt sich hässlicher Propaganda und Aufhetzung hinzugeben.

Michel Wyss3

Über Michel Wyss

Michel Wyss ist freischaffender Analyst bei der Audiatur-Stiftung und beschäftigt sich hauptsächlich mit Sicherheitspolitik im Nahen Osten. Er absolviert derzeit ein MA-Studium in Government mit Fokus auf Internationale Sicherheit am Interdisciplinary Center in Herzliya, Israel und ist als Research Assistant beim International Institute for Counterterrorism (ICT) tätig.

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1 Kommentar

  1. Nun, man kann sich an politische Flops gewöhnen. Auch die notorischen Juden- und Israelhasser der Grünen Partei, der Roten Partei und alle zusammen: sie sind die ewiggestrigen Braunen. Aber auch die Schweizer Muslims und die diversen palästinensischen Hassorganisationen. Für dieses Mal haben diese vereinigten Lügnerschaften den Niagaragriff gezogen.

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