Wenn „Political Correctness“ tötet

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Zwischen dem 11. März und dem 19. März führte ein Terrorist, der einen Motorradhelm trug, der sein Gesicht bedeckte, in Frankreich einen brutalen Amoklauf aus, der in Montauban begann und in Toulouse endete und während dessen er drei Militäroffiziere (zwei arabischer und einen karibischer Abstammung) und vier jüdische Zivilisten (einen 30-jährigen Rabbi, dessen 5-jährigen Sohn, dessen 4- jährigen Sohn und ein 8- jähriges Mädchen) ermordete.

Es folgte viel Spekulation über die möglichen Motive und den Hintergrund des Terroristen. Am 21. März 2012 umstellten die französischen Streitkräfte eine Wohnung in Toulouse, in der der Mörder lebte und veröffentlichten seine Identität: Es handelte sich um einen französischen Islamisten namens Mohammed Merah. Am 22. März wurde Merah erschossen, als er aus dem Fenster seiner Wohnung sprang.

Was an diesem Terrorakt ‒ abgesehen von seinem Geschehen ‒ am beunruhigendsten war, war dass sich die Spekulationen der elitären westlichen Beamten und Medien über den Mörder vor der Entdeckung seiner Identität stark auf die Überzeugung konzentrierten, dass er ein weisser europäischer Neonazi oder vielleicht ein weiterer Anders Breivik sei, ein weisser, europäisch-christlicher Mörder, der den Islam und vielleicht auch die Juden hasst.

Zugegeben, die Tatsache, dass sowohl französische Muslime als auch französische Juden getötet worden waren, und die Tatsache, dass einige Neonazis vor Kurzem aus dem französischen Militär entlassen worden waren, machten dies zu einer plausiblen Annahme. Doch sie war nicht die einzige mögliche Annahme, und sie war mit ziemlicher Gewissheit nicht die wahrscheinlichste.

Die wahrscheinlichste Annahme, die sich schliesslich als die wahre herausstellte, war, dass der Mörder ein muslimischer Dschihadist war, der Juden hasste und der diejenigen „verräterischen“ Glaubensbrüder hasste, die in der „ungläubigen“ französischen Armee dienten. Der französische Neonazi, auf den man sich ursprünglich konzentriert hatte, war niemals wegen tatsächlicher Gewalt gegen jemanden angeklagt worden, im Gegensatz zum tatsächlichen Mörder, Mohammed Merah.

Merah hatte zahlreiche Gewalttaten in seiner Akte sowie zwei kurze Haftstrafen in den Jahren 2007 und 2009. Und es gab reichlich weitere Indizien, die auf Merah hindeuteten. Er hatte zwei Reisen nach Afghanistan unternommen, wo er in einem Dschihadisten-Camp trainiert hatte, und er war im Jahr 2007 dabei erwischt worden, wie er Bomben legte, entkam aber im Jahr 2008 aus dem Gefängnis, um dann nach Frankreich zurückzukehren. Im Jahr 2010 meldeten ihn seine französischen Nachbarn bei der Polizei als physische Bedrohung, und er wurde im Jahr 2011 während seiner zweiten Reise nach Afghanistan festgenommen und zurück nach Toulouse geschickt.

Seit 2008 befand sich Merah wegen seiner islamistischen Überzeugungen unter Beobachtung durch französische Behörden und stand sogar auf einer Flugverbotsliste der USA. Tatsächlich wurde Merah nach dem ersten Terroranschlag zusammen mit seinem älteren Bruder Abdelkader auf eine Liste möglicher Verdächtiger gesetzt, aber es wurde wenig getan, um die beiden ausfindig zu machen, bis nach dem Massaker an der jüdischen Schule, als die Polizei das Mobiltelefon des ersten Opfers, des Soldaten in Montauban, sicherstellte, das Gespräche zwischen ihm und Merah zeigte.

Es gab weitere Gründe, weshalb die Polizei und Beobachter einen islamistischen Mörder im Verdacht gehabt haben sollten. Seit den 1990er-Jahren ist eine grosse Mehrheit der Terroranschläge im Westen von islamischen Dschihadisten ausgeführt worden. Max Boot von der Zeitschrift Commentary schreibt, die islamistische Ideologie habe „den Marxismus und sogar den Nationalismus als primäres Treibmittel für den Terrorismus ersetzt, wie es in den 1960er- und 1970er-Jahren war“.

Unterdessen hat es während dieser selben Zeit sehr wenige nichtislamistische Terroranschläge gegeben. Die beiden am häufigsten erwähnten sind die Anschläge in Oklahoma City im Jahr 1995 und in Oslo, Norwegen, im Jahr 2011. Doch im Jahr 2012, als diese brutalen Terrorakte in Frankreich geschahen, war die sofortige Arbeitshypothese der westlichen Eliten, dass der Täter ein Neonazi sei. Lasst es uns ganz klar sagen. Wir alle verstehen, warum dieses wahnhafte Denken auftritt – der Wunsch, politisch korrekt zu sein und keine bestimmte Religion dafür herauszugreifen, dass sie während der vergangenen Jahrzehnte die meisten der Terroristen weltweit hervorgebracht hat.

Doch Fakten sind Fakten, und diese Gefühle der Political Correctness sind gefährlich. Im Fall Toulouse versteckte sich Mohammed Merah nicht einmal, er sass in seiner Wohnung, denn er war „zuversichtlich, dass die Polizei einen Neonazi suchen würde“. Es ist sogar möglich, dass er früher hätte gefasst werden können, vielleicht vor der Tötung der Kinder, wenn die Franzosen diesen terroristischen Verbrecher ausfindig gemacht hätten, der ihnen wohlbekannt war.

Bitte vergessen Sie nicht, Political Correctness tötet. Sie brauchen nur die Menschen von Toulouse zu fragen.

Originalversion: When political correctness kills by Adam Turner (The Daily Caller), Middle East Forum, March 23, 2012.

1 Kommentar

  1. In diesem Fall hat der übersteigerte Drang nach politischer Korrektheit vier Leben gekostet. Der Tod der jüdischen Opfer hätte möglicherweise verhindert werden können, wenn wir nicht in unserem Bestreben, nur nie jemanden vorzuverurteilen, lieber schweigen, als sprechen. Vielleicht sollten wir uns wieder darauf zurückbesinnen, dass Zivilcourage eine durchaus erwünschte Eigenschaft ist. Zivilcourage, die eingefräste Wege und Gedanken verlässt und auch in der Lage ist, einen Fehler zu ertragen. Zivilcourage, die sich nicht zwanghaft an neue Normen klammern muss! Political correctness ist gut, aber nicht um jeden Preis!

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