Im Kampf für Menschenrechte und Demokratie

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Hadeel Kouki, Aktivisten aus Syrien (M. Wyss)

Am Ende seines Referates war Jacques Bérès den Tränen nahe. Der Mitbegründer von Ärzte ohne Grenzen (Medecins sans frontieres MSF) beschrieb eindrücklich, was er während seinem zwölftägigen Einsatz in der syrischen Protesthochburg Homs erlebt hatte. Der „Massenmord“ müsse um jeden Preis gestoppt werden, sagt Bérès offen heraus. Bérès war nur einer von vielen Referenten aus aller Welt, die am 13. März in Genf anlässlich des 4. Geneva Summit for Human Rights and Democracy zusammenkamen, um über den Stand von Menschenrechten und Demokratie weltweit zu diskutieren.

Eingeladen hatte eine Koalition aus verschiedenen Nichtregierungsorganisationen unter der Leitung der in Genf ansässigen UN Watch, die einen kritischen Blick auf die UNO wirft. Die Berichte der Dissidenten und Aktivisten aus Nordkorea, Burma, China, Simbabwe und vielen weiteren Ländern, waren allesamt erschütternd und zeigen eindeutig, dass es vielerorts um Menschenrechten und Demokratie nicht gut bestellt ist.

Besonders erschreckend waren die Berichte zweier nordkoreanischer Deserteure, denen die Flucht gelang. Sie legten Zeugnis ab über das grausame Alltagsleben in der gegen aussen völlig abgeschotteten Diktatur und insbesondere auch über die unmenschlichen Praktiken in nordkoreanischen Straflagern täglich angewendet werden. Doch nicht nur in Nordkorea wird gefoltert und getötet: Auch im Ferienparadies Kuba kommt es zu eklatanten Menschenrechtsverstössen, wie Nestor Rodriguez Lobaina, Präsident der Bewegung der jungen Kubaner, ausführte. So würden Menschenrechtsanwälte in ihren Büros teilweise zu Tode geprügelt.

Der Vormittag war der Menschenrechtssituation in Asien gewidmet, der Fokus am Nachmittag lag auf war dem Nahen Osten damit eingehend dem arabischen Frühling. Zudem wurden Blasphemie und Ehrenmord thematisiert. Die Reporterin Anne-Isabelle Tollet berichtete von ihrem Kampf für Asia Bibi, einer pakistanischen Christin, der wegen angeblicher Beleidigung des Korans und des Propheten Mohammeds die Todesstrafe drohte. Ebenso eindrücklich war der Bericht eines Ehepaares aus Pakistan, die nur knapp dem Ehrenmord entkamen und mittlerweile in der Schweiz Asyl erhalten haben.

Am ungeduldigsten erwartet wurde vermutlich der Vortrag des ägyptischen Bloggers Maikel Nabil Sanad, der erst vor einigen Wochen nach einer über 300-tägigen Haft und einem mehrwöchigen Hungerstreik freigekommen war. Er war nach den Protesten, die zum Sturz Mubaraks führten, wegen „Beleidigung des Militärs“ verhaftet worden. Auch der Iraner Ebrahim Mehtari, der 2009 im Rahmen der Demonstrationen der grünen Bewegung gegen den Wahlbetrug durch das Regime und Ahmadinejad verhaftet und im Gefängnis gefoltert und missbraucht wurde, schildert eindrücklich die prekäre Situation in seiner Heimat und äusserte seine Bedenken, dass die Menschenrechtssituation bei der derzeitigen Diskussion um das iranische Atomprogramm allzu oft ausgeblendet würde.

Die zwanzigjährige Aktivisten Hadeel Kouki zu aus Syrien berichtete zusammen mit Béres über die aktuelle Situation in Syrien. Weil sie Flugblätter an ihrer Uni verteilte, wurde sie verhaftet und im Gefängnis brutal gefoltert. Nach ihrer Entlassung erhielt sie eine Vorladung des syrischen Geheimdienstes und entschied, dass das Beste sei, nach Ägypten zu fliehen. Doch auch dort ist sie alles andere als sicher. Sie erhielt Todesdrohungen und wurde in ihrer Wohnung verprügelt. Dennoch will sie ihren Kampf nicht aufgeben und so erklärte sie zum Abschluss, sie wünsche sich ein freies Syrien, das in Frieden mit all seinen Nachbarn – auch Israel – lebt, wofür sie einen tosenden Applaus erntete.

Viele der Referentinnen und Referenten teilten ihre Enttäuschung über die fehlende Präsenz der UNO und liessen mehr oder weniger explizit Kritik an der Organisation anklingen. Insbesondere der UN Menschenrechtsrat oder auch die Tatsache, dass Länder wie China ihr Veto-Recht nutzen können, um eine konsequente Vorgehensweise gegen Massaker zu sabotieren, wurde offen angeprangert. Oder wie es einer der Referenten formulierte: „Es sagt viel aus, dass diese Veranstaltung nicht im Rahmen der offiziellen UN stattfindet.“ Gerade deshalb ist der Geneva Summit aber umso wichtiger.

Michel Wyss

Die Referate und Diskussionen findet man online auf www.genevasummit.org