Zur Lage der Christen in der arabischen Welt

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© istockphoto/J Carillet

Der “arabische Frühling” bedeutet akute Gefahr für die christlichen Minderheiten in der gesamten islamischen Welt. Der bevorstehende blutige Herbst und Winter kann das Ende uralter christlicher Gemeinden bedeuten. Nicht zufällig klammern sich die syrischen Christen an Präsident Bashir al-Assad, trotz der Massaker. Unter Assad dürften sie sich sicherer Fühlen als unter dem voraussichtlichen Chaos danach oder gar einer Machtübernahme von Islamisten.

Die kaum beachtete Flucht Tausender Christen aus Irak nach dem Sturz Saddam Husseins war nur ein Vorbote ähnlicher Entwicklungen in anderen arabischen Ländern.

Wenige Wochen vor Ausbruch des Aufstandes in Ägypten gegen Präsident Hosni Mubarak sprengten sich Selbstmordattentäter vor Kirchen in Alexandria. Im Oktober rasten Militärs mit Kettenfahrzeugen in eine koptische Protestdemonstration hinein. Es gab Tote und Verletzte. Dieses „Maspero-Massaker“ zeigt, dass eine der ältesten christlichen Gemeinschaften, die Nachkommen der pharaonischen Ägypter, kaum mehr eine Zukunft in ihrem Land haben. Auch ohne Islamisten an der Macht in Kairo, wurden Kopten verhaftet, „weil sie Christen sind“. Die frühere konservative britische Ministerin Ann Widdecombe bezichtigte westliche Regierung, sich mehr um Homosexuelle in islamischen Ländern zu kümmern, als um verfolgte Christen.

Zehn Jahre nach dem Einmarsch der NATO in Afghanistan zum Preis von 440 Milliarden Dollar und dem Tod von 1700 amerikanischen Soldaten wurde im März 2010 die letzte christliche Kirche Afghanistans  dem Erdboden gleich gemacht. In Indonesien wurden Kirchen geschlossen, weil Christen angeblich missionierten. Im Sudan verfügte Präsident Assad eine islamische Verfassung, mit der Absicht, „die Christen los zu werden“. Die Behörden drohten mit der Zerstörung von drei Kirchen.  Ende Oktober wurde in Ägypten ein Christ von seinem Lehrer und Mitschülern zu Tode gequält, weil er sich geweigert hatte, eine Halskette mit Kreuz abzunehmen. Die Assyrische Nachrichtenagentur (syrische Christen), die darüber berichtete, ist im Internet nicht mehr zugänglich.

In Saudi Arabien verhaftete die Moral-Polizei einen kolumbianischen Fussballspieler, weil Saudis auf seinem Arm ein eintätowiertes Abbild Jesu entdeckt hatten. Bekanntlich dürfen Besucher Saudi Arabiens keine Bibeln oder christliche Gebetsbücher in ihrem Gepäck mitführen. Eine ähnliche Regelung haben auch die muslimischen Wächter des Tempelbergs in Jerusalem durchgesetzt.

Mission zählt zu den schlimmsten Todsünden in der muslimischen Welt. Moslems, die sich taufen liessen, schweben in akuter Lebensgefahr, nicht nur in Ländern wie Iran, sondern sogar in den palästinensischen Gebieten unter der „gemässigten“ Herrschaft der „weltlichen“ Fatah-Partei. Christen dürfen sich während des Ramadan nicht mit einer Zigarette im eigenen Auto erwischen lassen. In Jordanien werden sie bis zum Ende des Ramadan ins Gefängnis gesteckt. In Bethlehem oder Ramallah werden sie nur verwarnt.

In türkischen Schulbüchern werden die assyrischen Christen als „Rebellen“ dargestellt. Das Massaker an der Hälfte der Assyrer und an den armenischen Christen im Jahr 1915 wird verschwiegen. Wegen Hetze gegen Christen und gegen das Christentum hat die italienische Regierung ihre Finanzierung palästinensischer Schulbücher eingestellt.

„Die Attacken auf Christen gehen weiter und die Welt schweigt. Es ist, als hätte uns die Nacht verschluckt“, heisst es in einem Bericht aus Nord-Irak, nachdem zwei Christen ermordet und drei entführt worden sind.

Die Liste der Christenverfolgungen durch Moslems, wie sie von der Menschenrechtsorganisation „Hudson New York“ zusammengetragen worden ist, umfasst neben Somalia, Nigeria und Kasachstan sogar Frankreich und die USA.

Für das auffällige Wegschauen der sogenannten „christlichen Welt“ und der „apathischen westlichen Regierungen“ gibt es viele Gründe. Der Autor des mit vielen Quellenangaben versehenen Reports bei Hudson, Raymond Ibrahim vom  David Horowitz Freedom Center, erwähnt einen „doppelten Standard“ im Westen. Christliche Theologen ziehen einen „interreligiösen Dialog“ mit Moslems vor, anstatt sich erst einmal um ihre eigenen Glaubensbrüder zu kümmern.

Schon vor Jahren wurde gesagt, dass es gar keine „christliche Welt“ mehr gebe, sondern nur noch diffuse Werte des Westens wie Menschenrechte oder Umweltschutz. Die unterliegen jedoch politischen oder wirtschaftlichen Interessen und werden entsprechend politischen Vorlieben sehr unterschiedlich interpretiert. Gerade in Nahost dienen politische Formeln dazu, Massenmord zu rechtfertigen, solange es sich um „legitimen Widerstand“ handelt, während „exzessive Gewalt“ allein davon abhängt, wer die Rakete abschiesst und nicht, wer deren Opfer sind.

© Ulrich Sahm

2 Kommentare

  1. Richtig heisst es "Im Sudan verfügte Präsident Omar el Baschir eine Verfassung…", natürlich nicht Baschir al Assad…Danke für den Hinweis!

  2. "Im Sudan verfügte Präsident Assad eine islamische Verfassung, mit der Absicht, „die Christen los zu werden“"
    Assad ist der Präsident des Sudan? man lernt nie aus….

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