Nur Regimewechsel kann Iran-Problem lösen

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Drohungen, Gespräche, Sanktionen: Bisher hat der Westen kein Rezept gegen Irans Atom(bomben)programm gefunden. Auch ein Militärschlag wäre keine gute Idee.

Es ist ein etwas eigenwilliger Humor, den Ali Asghar Soltanieh da an den Tag legt. Der Iran sei ein „Vorreiter im Kampf für eine atomwaffenfreie Welt“, sagte Irans Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien am Mittwoch. Im Lichte des keine 24 Stunden vorher veröffentlichten Berichts dieser Behörde zu Irans Nuklearprogramm kann das allenfalls als verfrühter Faschingsscherz durchgehen, wenn auch als kein besonders guter.

Denn das, was IAEA-Generaldirektor Yukiya Amano penibel auflistet, lässt nur einen Schluss zu: Der Iran arbeitet allen anders lautenden Beteuerungen zum Trotz zielstrebig daran, Atomwaffen zu bauen. Und er ist dabei schon recht weit gekommen. Gerade das irakische Beispiel sollte als Mahnung dienen. Im Vorfeld der US-Invasion 2003 hatte Amanos viel gescholtener Vorgänger Mohamed ElBaradei erklärt, man habe keine Beweise für ein Atomwaffenprogramm Saddam Husseins. Er und seine Inspektoren behielten recht. Wenn nun also ein IAEA-Bericht, erstellt von Leuten, die nicht gerade als Laien gelten, von zahlreichen Aktivitäten des Iran berichtet, die „spezifisch“ für ein militärisches Atomprogramm seien, ist das zwar noch keine „smoking gun“, doch genau die gilt es ja zu vermeiden. Dass, wie oft behauptet, Amano gegenüber dem Iran eine härtere Gangart einschlägt als sein Vorgänger, trifft es nicht ganz. Der Unterschied ist: ElBaradei sagte, was er nicht wusste, Amano sagt, was er weiss. Und das ist höchst beunruhigend.

Freilich werden jetzt wieder die Beschwichtiger auf den Plan treten: Was denn so schlimm an ein paar iranischen Atombomben wäre? Andere Länder, nicht zuletzt Israel, hätten doch auch welche. Abgesehen von der Unappetitlichkeit, eine Demokratie wie Israel mit dem iranischen Hybrid aus Theokratie und Militärdiktatur zu vergleichen, ist dieses Scheinargument kurzsichtig: Wer dem Iran den Griff zur Bombe gewährt, stösst die Tür zu einem regionalen atomaren Rüstungswettlauf weit auf. Und je mehr Länder diese Waffen im Arsenal haben, desto grösser die Gefahr, dass irgendjemand einmal den roten Knopf drückt. Der Nahe Osten ist definitiv nicht die Region, in der man um jeden Preis die Probe aufs Exempel machen sollte.

Würde der Iran die Bombe einsetzen? Schwer zu sagen. Doch beim Thema Nuklearwaffen ist schon der kleinste Zweifel zu gross. Auf ausgeprägte rationale Grundierung sollte man bei einem Regime nicht bauen, dessen führende Exponenten die Ankunft des Mahdi erwarten, also des Messias, der, so der Glaube, im grössten Chaos zurückkehrt.
Nein, wir sollten nicht lernen müssen, die iranische Bombe zu lieben. Also muss man verhindern, dass es so weit kommt. Aber wie? Ex-Mossad-Chef Meir Dagan hat einen militärischen Angriff als „dümmste Idee“ bezeichnet. Die Folgen für Israel selbst und für die Region wären unabsehbar, massive Angriffe der hochgerüsteten Hisbollah auf israelische Städte wären das Mindeste, worauf sich Israel einstellen müsste. Und die Zahl der Freunde des jüdischen Staates ist in den letzten Monaten nicht unbedingt gewachsen.

Verhandlungen? Die waren bisher ein Tanzkurs, den der Iran auf der Nase des Westens veranstaltete. Sanktionen? China und Russland haben noch jeden Versuch verwässert, die Iraner Schlupflöcher gefunden. Am effizientesten waren noch Kommandoaktionen und Sabotageakte des Mossad, von denen der Angriff mit dem Computerwurm Stuxnet 2010 nur der spektakulärste war. Doch gänzlich aufgehalten konnte Irans Atomprogramm auch dadurch nicht werden.

Letztlich kann nur ein Regimewechsel die Lösung bringen. Wer langfristig an der Stabilität in der Region interessiert ist, sollte alles auf eine Re-Infektion des Iran mit dem „Revolutionären Virus“ setzen, das seit Jahresanfang in der arabischen Welt grassiert. Der lächerliche Versuch Teherans, die Bewegungen anfangs zu vereinnahmen, zeigt die Hilflosigkeit des Regimes. Im Falle seines engen Verbündeten Syrien war die Begeisterung für den Aufstand denn auch wie weggeblasen. Das Regime weiss ganz genau, dass die wahre Gefahr für sein Überleben nicht von einem auswärtigen Angriff ausgeht, der die Iraner zum nationalen Schulterschluss drängen würde– sondern vom eigenen Volk.

Mit freundlicher Genehmigung von Die Presse, 10. November 2011, Leitartikel: Nur Regimewechsel kann Iran-Problem lösen von Helmar Dumbs

1 Kommentar

  1. Richard Herzinger meint in DIE WELT zum Regimewechsel in Teheran:"Die Lage würde sich wohl schlagartig ändern, käme die theokratische Diktatur in Teheran selbst ins Wanken, würde sie gar zusammenbrechen. Diese Perspektive freilich bleibt einstweilen in der Sphäre des Wunschdenkens und ist so hypothetisch, dass sich darauf keine realistische strategische Perspektive gründen lässt".
    Quelle: http://www.welt.de/politik/ausland/article1370147

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