Verständnis und Toleranz – aber nicht für Israel

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Betrachtet man führende Aktivistinnen und Aktivisten aus der sogenannten „Palästina-Solidarität“ und der BDS-Bewegung (BDS = Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen gegen Israel) hierzulande, so fällt auf, dass viele von ihnen aus einem Umfeld stammen, in dem Toleranz und Weltoffenheit vordergründig gross geschrieben werden. Geht es jedoch um Israel, ist davon nicht mehr viel zu spüren.

 

So ist etwa der grüne Nationalrat Geri Müller, der am 23. Oktober wiedergewählt wurde, privat als „Kulturvermittler“ tätig und vermittelt „zwischen zwei oder mehreren Individuen oder Gruppen, welche in scheinbar unlösbare Konflikte verstrickt sind“ (1). Das Motto seiner Homepage lautet sinnigerweise „Über Grenzen denken“. An seine eigenen intellektuellen Grenzen scheint Müller jeweils dann zu stossen, wenn es um Israel geht. Dann kolportiert er im Internet gerne auch mal den „Missbrauch Israels vom Holocaust“ [sic] (2) oder einen angeblichen „Genozid in Zeitlupe“ in Gaza (3). Letzteres war einem Pamphlet der Kampagne palästinensischer Studenten für den akademischen Boykott von Israel zu entnehmen. Den Boykott Israels verteidigt Herr Müller gerne öffentlich, wie etwa diesen Sommer in der Rundschau bei einem Streitgespräch mit Vreni Müller-Hemmi, der Präsidentin der Gesellschaft Schweiz-Israel. Glaubt Müller, dass sich „scheinbar unlösbare Konflikte“ durch Boykott lösen lassen?

Gegen das „Apartheidregime“

 

Geri Müller ist bei weitem kein Einzelfall. Auch die Juristin Stephanie Selg aus Basel hat nur wenig für Israel übrig. Im Rahmen des Cafe Palestine hielt sie im März 2011 einen Vortrag über das „israelische Apartheidsregime“. In ihrem Referat erklärte sie, „alle Staaten und zwischen-staatlichen Organisationen“  hätten die Verpflichtung, „das Verbrechen der Apartheid zu verhindern, beenden und zu verurteilen und die entstandene illegale Situation nicht anzuerkennen“ (4). Oder einfacher: Sie forderte eine Intervention der internationalen Gemeinschaft gegen Israel. Selg war in der Vergangenheit als juristische Beraterin für die Nichtrechtregierungsorganisation BADIL (arabisch für Alternative) in Bethlehem tätig. Diese NGO, bekannt für ihre markigen Worte, bezeichnete Israel als „kolonialistisches Apartheidsregime“ oder spricht von „staatlich gesponsertem Rassismus“ und „systematischen ethnischen Säuberungen“ (5). Nichtdestotrotz hatte BADIL in der Vergangenheit von der Schweizer Regierung finanzielle Unterstützung erhalten, die dann aber nach Protesten wegen einer antisemitischen Karikatur auf der Homepage dieser NGO eingestellt wurde. Über den NDC-Fonds (NGO Development Center) erhält BADIL allerdings weiterhin indirekte Unterstützung aus der Schweiz (6). Es ist davon auszugehen, dass sich Stephanie Selg bei der NGO gut aufgehoben fühlte.

Juristinnen und Ethnologinnen

Später war sie als juristische Beraterin für die Internationale Beobachtermission in Hebron(TIPH) tätig und arbeitete für das Forum für Menschenrechte in Israel & Palästina, einer Arbeitsgruppe der neben der Gesellschaft Schweiz-Palästina und der Palästinasolidarität Basel auch Hilfswerke und Organisationen wie HEKS, Amnesty International Schweiz oder Caritas Schweiz angehören. Aktuell ist Selg für die EULEX (Europäische Rechtsstaatlichkeitsmission) im Kosovo tätig.

Ebenfalls eine sehr umtriebige Aktivistin ist Verena Tobler Linder. Die studierte Ethnologin, Soziologin und Pädagogin übt seit 2002 „eine selbständige Lehr-, Kurs-, Referats- und Beratungstätigkeit“ aus, die sie auf ihrer Homepage mit „Interkulturelle Integration, Transkulturelle Kommunikation“ bewirbt (7). Davor war Tobler jahrelang in der Entwicklungshilfe tätig gewesen, u.a. für die DEZA (Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit), das World Food Program und das Schweizerische Rote Kreuz. Ausserdem lehrte sie an der Universität Zürich sowie an der Fachhochschule für Soziale Arbeit in Zürich.

Und Verena Tobler klagte gegen die SBB, als sich diese weigerte, ein Plakat zum „Nakba-Day“ aufzuhängen. Sie ist die (Mit-)Initiantin von verschiedenen Petitionen, wie etwa jener gegen die Aufnahme Israels in die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD. Kein Wunder unterschrieb sie die Hamburger Erklärung zum Kurs der Linkspartei in Sachen Israel. In diesem Papier zeigen sich verschiedene Gruppen und Einzelpersonen, die sich als „Teil der Friedensbewegung“ bezeichnen, „erschreckt“ über die Parteiführung der LINKEN, die ihnen das Recht auf Israel-Boykott absprechen wollte (8). Der Anlass dafür war ein Flugblatt, dass auf der Homepage des Kreisverbandes Duisburg auftauchte, in welchem der Davidstern mit einem Hakenkreuz erweitert, der Holocaust implizit geleugnet und zum Boykott Israels aufgerufen wurde (9). Während sich die Parteiführung davon distanzierte, war für die Unterzeichner der Hamburger Erklärung klar, dass die ganze Angelegenheit das Werk von „Feinden der Partei“ sein musste. Ein bisschen Verschwörungstheorie schadet nie.

„Legitimer Widerstand gegen den Besatzer“

Doch damit nicht genug. Keinen Hehl aus ihrer Gesinnung machte Tobler in einem Beitrag, der auf dem alternativen Internet-Portal 0815 publiziert wurde. Dort schreibt sie:

Da wurden doch im besetzten Gebiet 4 Israeli getötet, womit wieder einmal mehr die Hamas die Friedengespräche sabotiert haben soll.  Kein Wort davon, dass Widerstand gegen den Besatzer legitim ist. Kein Wort davon, dass die vier getöteten Siedler gegen das Völkerrecht  verstossen und im besetzten Gebiet rein gar nichts verloren haben.“ (10)

Sieht etwa so ihr Konzept der „Transkulturellen Kommunikation“ aus? Denkt so ein „Teil der Friedensbewegung“?

Angesichts solcher Äusserungen und Haltungen erscheint es zumindest fragwürdig, ob das ständige Gerede von „Frieden und Gerechtigkeit“ dieser Palästinafreunde wenig mehr ist, als blosse Lippenbekenntnisse.

Hinzu kommt, dass die Aktivitäten der BDS-Bewegungen gerade auch auf das Engagement jener Palästinenser abzielen, die sich tatsächlich für eine friedliche Zukunft einsetzen. So wird jegliche Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinensern verurteilt und denunziert, egal ob es sich dabei um eine Zusammenarbeit gewerkschaftlicher, kultureller oder akademischer Art handelt. Ob Personen oder Gruppen, die eine solche Agenda verfolgen und aktiv unterstützen, wirklich an Frieden und einer besseren Zukunft – sowohl für Palästinenser als auch für Israelis – interessiert sind, erscheint mehr als zweifelhaft.

Michel Wyss

 

(1) http://www.geri-mueller.ch/index.php?pag=51&spg=0&nav=16&sub=34&ssb=0&slm=0

(2) http://blog.geri-mueller.ch/2010/03/03/vortraege-von-juedischen-professoren-in-deutschland-verhindert/

(3) http://www.geri-mueller.ch/index.php?pag=43&spg=364&nav=9&sub=60

(4) http://cafepalestine.ch/joomla/images/stories/cafepal/Israel_Apartheidstaat_27.3.2011.ppt.pdf

(5) http://www.ngo-monitor.org/article/badil

(6) http://www.ndc.ps/main.php?id=109

http://www.ndc.ps/main.php?id=9

(7) http://www.kernkultur.ch

(8) http://nemetico.twoday.net/STORIES/hamburger-erklaerung-zum-kurs-der-linkspartei-in-sachen-israel/comment

(9) http://www.ruhrbarone.de/die-linke-duisburg-antisemitische-hetze-zum-download/

(10) http://www.0815-info.de/News-file-article-sid-10713.html

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