Der Iran ist ein Terrorstaat und sollte deshalb isoliert werden

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Das Mordkomplott gegen den saudiarabischen Botschafter in den USA hat zwar bizarre Aspekte, fügt sich aber durchaus in Irans Tradition als Terrorexporteur ein. Die Islamische Republik Iran ist ein Terrorstaat, der nicht nur die eigene Bevölkerung unterdrückt, sondern in seiner 32-jährigen Geschichte immer wieder auch Anschläge auf fremdem Territorium verüben liess.

Die blutige Spur zieht sich durch die ganze Welt. In Buenos Aires waren iranische Diplomaten 1992 in das Attentat auf die israelische Botschaft (29 Tote) und möglicherweise auch in den Angriff auf das jüdische Zentrum zwei Jahre später (85 Tote) verwickelt. In Berlin liess 1992 der Geheimdienst des Iran im Restaurant „Mykonos“ vier Exilkurden töten. In Wien wurden 1989 Abdul Rahman Ghassemlou und zwei weitere kurdische Politiker ermordet. Die Attentäter hatten iranische Pässe; die österreichischen Behörden liessen sie nach der Bluttat höflicherweise wieder ausreisen.

All diese Fälle sind aktenkundig. Hinlänglich bekannt ist auch, dass der Iran die libanesischen Hisbollah-Milizen sowie radikale palästinensische Gruppen wie den islamischen Dschihad und seit geraumer Zeit auch die Hamas unterstützt. Nach der Mykonos-Krise mögen der Eifer etwas nachgelassen und die Vorsicht zugenommen haben, doch über Stellvertreter hat der Iran den Terror stets gefördert und exportiert, auch den Terror gegen die eigene Bevölkerung. So hat Teheran übereinstimmenden Berichten zufolge Repressionsexperten nach Syrien entsandt, um Diktator Bashir al-Assad bei der Unterdrückung der Demokratiebewegung mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Bei diesem Sündenregister überrascht es nicht, dass der Iran nun auch ein Attentat auf den saudiarabischen Botschafter in Washington geplant haben soll. Und doch gibt es verblüffende Aspekte in dem Fall. Der Anklage zufolge soll ein iranisch-amerikanischer Autohändler namens Mansour Arbabsiar von seinem Cousin, einem Mitglied der iranischen Eliteeinheit Quds, gebeten worden sein, dabei behilflich zu sein, den saudiarabischen Botschafter in Washington zu töten. Arbabsiar wandte sich an „Los Zetas“, die Killertruppe mexikanischer Drogenkartelle. Sein Ansprechpartner war jedoch ein FBI-Informant, der die US-Behörden sofort ins Bild setzte. Die Auftraggeber waren bereit, 1,5 Millionen Dollar für den Mord zu zahlen, und leisteten Vorauszahlungen von 100.000 Dollar.

Der Iran wies die Vorwürfe umgehend als böswillige Verleumdung zurück. Tatsächlich ist bisher nicht bewiesen, dass auch Irans Staatsspitze in die Attentatspläne eingeweiht war. Andererseits ist nur schwer vorstellbar, dass das Regime des Iran von einer Aktion mit derartigen Implikationen nichts gewusst haben sollte. Dass sich Teile der Revolutionsgarden verselbstständigt haben, ist in einem autoritären Staat nur eine sehr theoretische Möglichkeit.

Doch was könnte das Motiv des Mullah-Regimes gewesen sein? Teheran ist den Saudis in leidenschaftlicher Feindschaft verbunden. Jede Destabilisierung des sunnitischen Königreichs ist den Iranern recht. Nach einem Attentat auf Botschafter al-Jubeir wäre der erste Verdacht zudem höchstwahrscheinlich gar nicht auf den Iran, sondern auf einen anderen Erzfeind des Hauses Saud gefallen: die al-Qaida.

Doch auch wenn das Gerichtsverfahren in New York Irans Urheberschaft bei den Attentatsplänen in vollem Umfang ans Licht bringt, hat Teheran keine gröberen Konsequenzen zu fürchten. In ein militärisches Abenteuer werden sich die USA in der jetzigen Krisensituation nicht stürzen; und mit US-Sanktionen ist der Iran bereits eingedeckt.

Warum also marschiert nun die gesamte US-Führung auf, um den Iran lautstark an den Pranger zu stellen? Erstens, weil die Beweislage recht dicht ist. Arbabsiar hat gestanden. Seine Gespräche mit Ali Gholam Shakuri, dem mutmasslichen Mittelsmann von Quds, wurden abgehört, die Geldüberweisungen abgefangen. Zweitens hoffen die Amerikaner nun, andere Staaten leichter von einer Verschärfung der Strafmassnahmen gegen den Iran überzeugen zu können.

Dieses Argument stach jedoch auch schon vor Auffliegen des Saudi-Komplotts: Der Iran ist ein Terrorstaat und sollte deshalb isoliert werden. Das wiederum passiert nicht, weil auch ein abscheuliches Regime ein lukrativer Geschäftspartner sein kann.

Christian Ultsch, Die Presse, 13.11.2011