Türkei – Syrien in der Beziehungskrise

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Ahmed Davutoglu

Am 9. August fand ein sechsstündiges Treffen zwischen dem türkischen Aussenminister Ahmed Davutoglu und dem syrischen Präsidenten Bashir al-Assad. Es war ein Wendepunkt für beide Länder, weil es die bereits angeschlagene Verständigung zwischen Ankara und dem Assad-Regime beendete.  Sollten in Syrien nicht auf eine magische Art und Weise wieder die Normalität einkehren, wird die türkische Regierungspartei AKP in der vordersten Reihe stehen, sollte die internationale Gemeinschaft härtere Massnahmen gegen das brutale Vorgehen ergreifen.

Nicht nur drangen syrische Panzer in die Stadt Binnish nahe der türkische Grenze ein und töteten Zivilisten, während Davutoglu Assad traf und ihn aufforderte, auf Gewalt gegen die Protestierenden zu verzichten. Auch wurde der türkische Stolz weiter brüskiert, indem Assad seinen Vize-Aussenminister statt seines Aussenministers zur Begrüssung Davutoglu bei seiner Ankunft in Damaskus sandte.

Bislang hielt Ankara seine Kommunikationswege mit dem syrischen Regime offen, während es zugleich Damaskus für die Gewalt gegen Demonstranten kritisiert. Solange Assad der Aufforderung der AKP nach einem kompletten Stopp der Gewalt nicht nachkommt und die syrische Bevölkerung nicht wieder vollständig unter seiner Kontrolle steht, wird es für die Türkei schwierig, ihre zweischneidige Syrienpolitik beizubehalten. Ankara wird vermutlich mit seiner vehementen Rhetorik  – und einigen Massnahmen – gegen das Ba’ath-Regime fortfahren, sollte die Niederschlagung der Proteste andauern. Dies scheint umso wahrscheinlicher, weil die Gewalt auch während dem Ramadan weiterging, eine Zeit erhöhter emotionaler und religiöser Sensibilität, in der Türkei die Verfolgung von benachbarten Muslimen noch weniger tolerieren dürfte.

Als die AKP im Jahr 2002 an die Macht kam, befürwortete sie eine Annäherung an Syrien durch ihre „Keine Probleme mehr mit den Nachbarn“-Politik. Daraufhin kamen beide Länder so nahe zusammen, dass ihre Kabinette sogar gemeinsame Sitzungen abhielten. Der bilaterale Handel boomte, gegenseitige Visa-Restriktionen wurden aufgehoben und Ankara und Damaskus schienen beste Freunde geworden zu sein.

All dies hat sich mit der syrischen Revolte geändert. Als der Aufstand begann, versuchte Ankara den rechten Weg zu beschreiten, indem Davutoglu wiederholt Assad aufforderte, die Gewalt zu stoppen und sofort Reformen einzuleiten. Nach und nach wurde allerdings klar, dass sich Damaskus nicht für die Ratschläge aus Ankara interessierte. Die Spannungen nahmen zu, als das Regime begann, hart gegen die Protestierenden im Norden durchzugreifen, woraufhin über 12‘000 Flüchtlinge im Juni in die Türkei flohen.

Der Flüchtlingsstrom brachte die Syrien-Krise auf die türkischen Bildschirme zurück; die Sympathie der Öffentlichkeit für die Misere ihrer verfolgten Nachbarn verstärkte sich. Doch selbst dann hielt Ankara seine Kommunikation mit Syrien aufrecht, in der Hoffnung, auf Assad Druck auszuüben. Diese Haltung begann sich zu verändern, als Davutoglu seinen geplanten Damaskus-Besuch im Juli absagte, nachdem klar wurde, dass das Regime nicht bereit war, zuzuhören.

Trotzdem wollte Ankara Syrien eine weitere Chance geben. Nach einem Telefongespräch mit der US-Aussenministerin Hillary Clinton am 7. August, entschied sich Davutoglu für einen weiteren Versuch bei Assad. Angesichts einer kürzlich erschienenen Story in den türkischen Medien über einen Geheimdienstbericht erschien sein Besuch notwendig. Laut diesem Bericht will Syrien scheinbar seine bilaterale Kooperation gegen die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) absagen als Vergeltung für die türkische Kritik an Assads Vorgehensweise. Angesichts der Ergebnisse des Treffens vom 9. August und des Angriffs auf Binnish wird Washington dem türkischen Vorgehen in der Syrien-Angelegenheit nur zu gerne folgen.

Soner Cagaptay ist  Direktor des Turkish Research Program am The Washington Institute for Near East Policy.

 

Gekürzte Fassung der Originalversion: Turkish-Syrian Ties Worsen by Soner Cagaptay © The Washington Institute for Near East Policy, Policy Alert, August 9, 2011