Auf der Suche nach dem idealen Staatsoberhaupt

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Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit dem Premierminister Indiens Narendra Modi. Foto Haim Zach/GPO
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit dem Premierminister Indiens Narendra Modi. Foto Haim Zach/GPO
Lesezeit: 7 Minuten

Wir erwarten, dass sich Staatsoberhäupter vorbildlich verhalten und als Identifikationsfigur dienen, die es nachzuahmen gilt. Was die meisten von uns wollen, ist ein „perfekter“ Anführer. Aber das ist eine unmögliche Mission. Eine solche Person hat es nie gegeben.

 

von Isi Leibler

Einige der herausragendsten amerikanischen Staatsführer verfügen über ein reiches Register an Unzulänglichkeiten. Präsident Lyndon Johnson wurde von vielen als ungehobelter, extrem übellauniger Rüpel angesehen. Präsident John F. Kennedys Frauengeschichten würden ihn heute auf eine Stufe mit Harvey Weinstein stellen. Auch Präsident Bill Clintons amouröse Eskapaden befördern ihn in eine ähnliche Kategorie.

Dennoch gelten zahlreiche dieser amerikanischen Präsidenten, ungeachtet der anstössigen Aspekte ihres Privatlebens, als herausragende Staatsmänner, die letzten Endes zum Wohl der USA und der Welt insgesamt beigetragen haben.

Der grosse Unterschied heute ist allerdings die Dominanz der sozialen Netzwerke und die Besessenheit der Printmedien, alles und jedes schonungslos offenzulegen – einschliesslich der intimsten Details aus dem Privatleben der Regierungschefs, was in der Vergangenheit als tabu galt.

Verurteilten die britischen Medien zum Beispiel Winston Churchill für seinen enormen Konsum an kostspieligem Brandy und Zigarren, die er nicht als Geschenke, sondern auf Kosten der Regierung, erhalten hatte? Stellten die Medien die Bankette und Galadiners, die Churchill auf Staatskosten für seine Gäste gab, in Frage? Das wäre undenkbar gewesen.

Natürlich waren auch unsere ehemaligen israelischen Staatsoberhäupter keineswegs Musterbeispiele an Tugend.

David Ben-Gurion, Israels Gründer und Staatsoberhaupt der ersten Stunde, galt als intolerant und blutrünstig gegenüber politischen Gegnern. Seine Ehegattin Paula war Kleptomanin und er war oft gezwungen, jemanden abzustellen, um sie bei ihren Einkäufen zu überwachen. Die Medien gaben dies jedoch nie der Öffentlichkeit preis.

Moshe Dayan genoss einen Ruf als notorischer Frauenheld und war bekannt dafür, dass er sich gerne unrechtmässigerweise Antiquitäten für seine Privatsammlung aneignete. Jitzchack Rabin trat von seinem Amt zurück, als die Medien enthüllten, dass er ein auf den Namen seiner Frau geführtes illegales Bankkonto in den Vereinigten Staaten besass. Shimon Peres war zu seiner Glanzzeit als Womanizer und Playboy bekannt. Ariel Sharon war vor seinem Rückzug aus dem Gazastreifen angeblich in grössere finanzielle Unregelmässigkeiten verwickelt.

Rufschädigende Medienkampagne

Keines dieser Staatsoberhäupter war auch nur im Entferntesten der Dämonisierung ausgesetzt, die Premierminister Benjamin Netanyahu und dessen Familie heute widerfährt.

Die rufschädigende Medienkampagne, welche die Zeitungen Haaretz und Yedioth Ahronot mit Unterstützung der Fernsehsender gegen Netanyahu betreiben, hat ein bislang nie dagewesenes Ausmass erreicht. In ihrem zwanghaften Hass ist ihnen jedes Mittel Recht – auch das Eindringen in das Privatleben seiner Kinder – um ihn zu dämonisieren.

In reisserischen Schlagzeilen wurden Netanyahu und seine Familie auf den Titelseiten der Zeitschriften dafür verurteilt, dass sie teure Eiscreme verspeist hatten, man warf ihnen vor, unrechtmässigerweise von der Rückgabe von Pfandflaschen zu profitieren und wiederholt wurden sie für das „Verbrechen“ verurteilt, Zigarren und Champagner von zwei wohlhabenden Bewundern angenommen zu haben. Das Neueste ist die obsessive Berichterstattung über die vulgären Äusserungen von Netanyahus ältestem Sohn Yair, welche von dessen Fahrer vor zwei Jahren vor einen Nachtclub aufgenommen und vor ein paar Wochen an einen Fernsehsender verkauft wurden. Sie lässt Yair ohne Zweifel in einem abstossenden Licht erscheinen. Aber rechtfertigt dies die reisserischen Schlagzeilen an drei aufeinanderfolgenden Tagen? Seit wann sind die alkohollastigen Eskapaden eines jungen Mannes noch zwei Jahre später der Aufhänger für drei Tage währende Schlagzeilen auf den Titelseiten der Zeitungen?

Zugunsten der obsessiven Berichterstattung über diesen Vorfall stellte die Haaretz ernste Nachrichten bezüglich der Bedrohung durch den Iran und den Terrorismus ein und auch andere Themen von nationaler Wichtigkeit mussten warten.

Ähnliches findet derzeit in den USA statt, wo in den freien Medien eine nie dagewesene Kampagne mit dem Ziel, Präsident Donald Trump auf jede nur erdenkliche Art und Weise zu diskreditieren, mittlerweile Alltag geworden ist.

Verbale Schnellschüsse

Selbstverständlich ist Trump, ebenso wie Netanyahu, weit davon entfernt, perfekt zu sein. Er ist bekannt für seine häufigen verbalen Schnellschüsse und seine Äusserungen sind oft unglaublich ungehobelt und vulgär, wie etwa kürzlich, als er Entwicklungsländer als „Dreckslöcher“ bezeichnete. Political Correctness ist ein Fremdwort für ihn und mit schöner Regelmässigkeit verurteilt er „Fake News“.

Gleichzeitig scheinen jedoch sein Instinkt und seine langfristigen Strategien zielführend und ein extremer Kontrast zu seinem Vorgänger, Präsident Barack Obama, zu sein, der sich zwar äusserst gewählt und kultiviert ausdrückte, jedoch eine desaströse Politik verfolgte.

Seit Trump zum Präsidenten gewählt wurde, erfahren die USA einen unvergleichlichen wirtschaftlichen Aufschwung; er hat den Iranern klargemacht, dass er nicht untätig bleiben wird, wenn sie sich nicht an ihre Verpflichtungen halten oder ihre regionalen Terrorismusaktivitäten fortführen; Nordkorea warnte er, dass die Zeit der Beschwichtigungspolitik vorüber ist und es nachgeben oder sich andernfalls den Konsequenzen stellen muss; er hat sich mit den moderaten Sunniten verbündet – zu denen heute auch Saudi-Arabien zählt – um in einem gemeinschaftlichen Projekt die regionale Vormachtstellung des Iran zu verhindern.

Ehrlich gegenüber den Palästinensern

Seine Repräsentantin in den Vereinten Nationen, Nikki Haley, bringt frischen Wind in die Organisation, indem sie leidenschaftlich die Voreingenommenheit und die Doppelmoral der Vereinten Nationen anprangert. Die USA sind wegen deren kurzsichtigen Haltung gegenüber Israel aus der UNESCO ausgetreten und haben die US-Mittel für den Etat der Vereinten Nationen drastisch gekürzt.

Trumps Haltung gegenüber Israel ist bis jetzt exemplarisch. Kein anderer amerikanischer Präsident war so ehrlich gegenüber den Palästinensern. Trotz Gewaltandrohungen und Druck von Seiten der Palästinenser und anderer Länder – insbesondere der scheinheiligen Westeuropäer – hat er Jerusalem öffentlich als Hauptstadt Israels anerkannt.

Mehr noch: Er kündigte an, dass es ab jetzt nichts mehr umsonst gibt. Wenn sich die Palästinenser weigern, mit Israel zu verhandeln und weiterhin Millionen von Dollars als Pensionen für palästinensische Terroristen und deren Familien ausgeben, würden die USA nicht länger als ihre Banker fungieren und ihre Subventionen einstellen.

Berücksichtigt man diesen grundlegenden politischen Wandel, ist man geneigt einzugestehen, dass Trump – auch wenn er weit davon entfernt ist, das perfekte Staatsoberhaupt zu sein – möglicherweise der kooperativste amerikanische Präsident ist, den Israel je gesehen hat.

Gleiches gilt für Netanyahu. Sein hedonistischer Lebensstil mag viele Israelis verärgern und auch seine persönlichen politischen Beziehungen sind bei weitem nicht perfekt. Wir sind frustriert, dass die ultraorthodoxen Parteien die politische Mitte einnehmen und somit unaufhörlich Druck ausüben können. Nichts von alldem rechtfertigt jedoch die unaufhörlichen Beleidigungen seitens seiner Gegner und der linksgerichteten Medien.

In ihrem eigenen Interesse ignorieren sie seine Leistungen schlicht und einfach. Israel hat sich zu einer der stabilsten Ökonomien der Welt entwickelt. Mit einer Kapazität, die weit über die vereinten Kräfte unserer Gegner hinausgeht, sind die Israelischen Streitkräfte heute so gut aufgestellt wie nie zuvor. Unser Entsalzungsprojekt wird in der ganzen Welt nachgeahmt, unsere Innovationen, ob im Hightech-, Biomedizin- oder sonstigen Bereichen, sind in vielen Gebieten führend, unsere religiösen und kulturellen Institutionen sind nach wie vor erfolgreich und, trotz des Drucks und der alltäglichen Bedrohung durch den Terrorismus, zählen die Israelis zu den glücklichsten Menschen auf der Welt.

Netanyahu ist es nicht nur erfolgreich gelungen, unsere engen Beziehungen zu den USA wieder aufleben zu lassen, sondern auch, gute Beziehungen zu Indien, Russland, China, Südostasien und Lateinamerika zu knüpfen – was vor 10 Jahren noch undenkbar gewesen wäre – ganz zu schweigen von unseren heimlichen neuen Beziehungen zu den Saudis und den Golfstaaten.

Wir haben zwei Regierungschefs mit menschlichen Fehlern und Schwächen vor uns. Trotzdem haben sowohl Trump als auch Netanyahu bislang den richtigen Weg eingeschlagen und angesichts ihrer Leistungen wäre allein der Gedanke, sie jetzt abzusetzen, mehr als töricht.

Wir dürfen unsere Staatsoberhäupter nicht nur durch die Brille ihres Privatlebens und ihrer individuellen kleinen Sünden betrachten und beurteilen, sondern anhand ihrer Errungenschaften und der von ihnen verfolgten Politik sowie anhand der Qualitäten ihrer mutmasslichen unmittelbaren Nachfolger.

Ganz bestimmt aber sollten Juden, denen die Zukunft des jüdischen Staats am Herzen liegt, darauf hoffen, dass die Amtszeiten von Trump und Netanyahu verlängert werden, damit es ihnen gelingt, das, was sie bislang erreicht haben, auch zu festigen.

Ausserdem sollten wir dafür beten, dass der Allmächtige sie beide auf den richtigen Weg führt.

Isi Leibler ist ehemaliger Vorsitzender der australischen jüdischen Gemeinde und ehemaliger Vorsitzender des Verwaltungsrates des Jüdischen Weltkongresses. Dieser Kommentar wurde erstmals in der Jerusalem Post und der Tageszeitung Israel Hayom veröffentlicht.