Der Iran vor den Toren

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Bild: flicker/Neil Hester
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Mit einem Russland, das Assad bereitwillig unterstützt und den USA, die sich desinteressiert zeigen, steht es Teheran frei, ungestört Geld, Truppen und Raketen in die Grenzgebiete zu Israel zu pumpen – dies wird Jerusalem nicht dulden.

Von Avi Issacharoff

Das Verschwinden des Islamischen Staats aus weiten Teilen Syriens sowie das mangelnde Interesse (bzw. der mangelnde Wunsch) der Supermächte, dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad die Macht zu entziehen, bereiten den Weg für eine iranische Übernahme der Gebiete, die bis vor Kurzem von der dschihadistischen Gruppierung gehalten wurden.

Parallel dazu haben sich nach Informationen israelischer Militärbeamter im Südlibanon zahlreiche Iran‑treue Hisbollah-Truppen verschanzt, entweder an offensichtlichen Beobachtungsposten oder in „Umweltschutz“-Gebieten.

Dies wird Israel nicht hinnehmen. Die Anwesenheit schiitischer Streitkräfte in Grenznähe – gleich ob es sich dabei um Truppen der Hisbollah oder um vom Iran unterstützte Milizen handelt – in Verbindung mit den Bemühungen des Iran, bahnbrechende Waffen herbeizuschaffen, signalisiert, dass die Ära der Ruhe, die Israel seit dem Sommer 2006 geniessen konnte, zu Ende geht.

Ein Hisbollah-Beobachtungsposten an der israelisch-libanesischen Grenze. Bild: IDF Spokesperson Unit

Jerusalem hatte vor iranischen Bestrebungen zum Bau von Einrichtungen zur Raketenproduktion im Libanon gewarnt. Verteidigungsminister Avigdor Libermann hatte vergangene Woche in einem Treffen in Israel dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, berichtet, dass der Iran „daran arbeitet, im Libanon selbst Fabriken zum Bau von präzisen Waffensystemen zu errichten.“

Liberman drohte zwar nicht explizit damit, die iranischen Raketenfabriken im Libanon anzugreifen, sagte jedoch, dass „die libanesische Regierung und die Menschen im Süden des Libanon wissen sollten“, dass Israel in zukünftigen Konflikten energisch durchgreifen wird.

Das Vorhandensein von mindestens zwei iranischen Raketenproduktionsanlagen wurde bereits Anfang des Sommers von Israel aufgedeckt. Am Montag informierte Premierminister Benjamin Netanyahu Guterres ausserdem über die Beteiligung des Iran am Bau einer weiteren Raketenbasis in Syrien.

Dennoch besteht derzeit noch keine Notwendigkeit, sich in Luftschutzbunker zu begeben. Dem Vernehmen nach hat der Iran, trotz gegensätzlicher Medienberichte, noch nicht mit dem Bau von Raketenfabriken begonnen, welche angeblich Raketen mit einer grösseren Genauigkeit produzieren sollen als die aus dem aktuellen Arsenal der Hisbollah.

Es wird jedoch nicht mehr lange dauern. Verträge zwischen Syrien und dem Libanon sowie zwischen Syrien und dem Iran bestätigen, dass die Produktionsanlagen nahezu fertiggestellt sind, ebenso wie ein Vertrag, der dem Iran den Bau eines Seehafens in Syrien erlaubt, der ihm Zugang zum Mittelmeer verschafft.

Laut offiziellen israelischen Vertretern versucht der Iran das Modell Russlands zu kopieren, das die Erlaubnis zum Bau eines Seehafens in Tartus erhielt. Diese Erlaubnis wurde dank der Genehmigung durch die Parlamente beider Länder erreicht und ist daher vor jedem internationalen Gericht gültig.

Diese Verträge können nur in beiderseitigem Einvernehmen, jedoch nicht im Alleingang einer Seite aufgekündigt werden. Die Iraner wollen sicherstellen, dass auch sie über einen eigenen Seehafen verfügen. Dies ist auch der Grund, warum sie eine derart akribische Sorgfalt auf die Einhaltung der rechtlichen Bedingungen verwenden.

Vorerst beschränkt sich die Gegenwart des Iran in Syrien offiziell auf Berater aus den Reihen der Revolutionsgarden. Aber das Ganze hat weitaus grössere Ausmasse, berücksichtigt man die Tausenden von Schiiten, die auf der Gehaltsliste des Iran stehen und die in ganz Syrien formiert sind.

Die Hisbollah, die dem Iran am treusten ergebene Miliz, hat bereits ein Drittel ihrer verfügbaren Kampftruppen permanent in Syrien stationiert und trotz der schweren Verluste, die sie dort erlitten hat, scheint sie nicht vorzuhaben, das Land in naher Zukunft verlassen zu wollen.

Eine Anlage in der Nähe der syrischen Stadt Banias, wo der Iran Berichten zufolge eine Raketenfabrik baut. Bild: Google Maps

Im Libanon, wo sich das Geld in Händen grosser und bekannter sunnitischer und christlicher Geschäftsleute und Familien befindet, sind die Iraner weniger daran interessiert, in eine eigene Infrastruktur zu investieren. Hier wollen sie lediglich eine Anlage für die Produktion von Präzisionsraketen errichten.

Der libanesische Premierminister Saad Hariri, dessen Regierung die Hisbollah miteinbezieht – trotz der Tatsache, dass er Syrien die Schuld für den Mord an seinem Vater Rafik Hariri am 14. Februar 2005 gibt –, ist zu schwach, um sich der Hisbollah und deren Unterstützern entgegenzustellen.

Teheran investiert enorme Summen, um aus Syrien eine iranische Provinz zu machen, während die Vereinigten Staaten und Russland sich entschieden haben, dieses Drama, das die ganze Region verändern wird, zu ignorieren.

Die Russen sind in der Tat diejenigen, die eine entscheidende Rolle spielen könnten. Allerdings haben sie nicht die geringste Absicht dies zu tun. Im Gegenteil: Für sie wird die Präsenz Tausender Schiiten Assads Regime weiter stärken.

Das letzten Monat in Sotschi stattgefundene Treffen zwischen Premierminister Benjamin Netanyahu und dem russischen Präsidenten Vladimir Putin wird an diesem Kalkül nichts ändern. Russland ist daran interessiert, dass Assad Unterstützung erhält, selbst wenn es bedeutet, dass es Teheran gestattet, diese Unterstützung zu leisten.

Washington hätte gemeinsam mit Netanyahus engem Verbündeten, Präsident Donald Trump, Druck auf Russland ausüben können. Trump jedoch, der mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt ist, hat sich dafür entschieden, das was in Syrien geschieht zu ignorieren – eine gefährliche Entscheidung.

Am Donnerstag berichtete die Tageszeitung Arsharq al-Awsat, die USA habe bei Gesprächen über eine Waffenruhe in Süd-Syrien und den Golanhöhen in Amman in einigen Punkten Zugeständnisse gegenüber Russland gemacht.

Erstens stimmten die Amerikaner zu, dass russische Inspektoren die Umsetzung der Waffenruhe verfolgen sollen, und machten somit im Grunde den Bock zum Gärtner und die Russen zu „Richtern“ in Konflikten zwischen den pro-Assad/iranischen Kräften und deren Gegnern.

Zweitens vereinbarten die Amerikaner, dass schiitische (pro-iranische) Milizen einen Abstand von 10 Meilen zu den israelischen Golanhöhen und Jordanien einhalten müssen – ursprünglich hatten Washington und Amman eine Pufferzone von 20 Meilen vorgesehen.

Laut dem Bericht wird diese Pufferzone an einigen Stellen sogar nur 5 Meilen betragen.

Wenn man dem Bericht Glauben schenkt, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Trump-Regierung Israel in Sachen Sicherheit alleine lässt.

Man kann jedoch nicht nur Trump Vorwürfe machen. Die massiven Investitionen des Iran sind vermutlich das Ergebnis einer gestiegenen finanziellen Stabilität, die eine Folge des unter Trumps Vorgänger Barack Obama ausgehandelten Atomdeals ist.

Das Budget der iranischen Armee beläuft sich derzeit auf 23 Milliarden USD. Die Revolutionsgarden erlebten einen steilen Anstieg ihres Budgets um rund 40 % im Vergleich zum Vorjahr.

Hätte Teheran ohne die Aufhebung der Sanktionen möglicherweise sogar von der Gründung eines neuen persischen Reichs, das sich – über den Irak und Syrien – vom Jemen bis zum Libanon erstreckt, träumen können?

Gekürzte Version. Original zuerst erschienen bei The Times of Israel.

1 Kommentar

  1. Israel bleibt nichts anderes übrig, militärisch einzugreifen. Israel ist definitiv militärisch in der Lage, Iran, Syrien und Libanon zusammen ins Mittelalter zurück zu schießen.

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