Mehr Bnei Menashe kommen nach Israel

0
Bnei Menashe in Israel. Foto Laura Ben David, Shavei Israel.
Bnei Menashe in Israel. Foto Laura Ben David, Shavei Israel.
Lesezeit: 5 Minuten

Eine Gruppe von 102 Einwanderern der Gemeinschaft Bnei Menashe sind diese Woche in Israel angekommen. Ihre Alija (Einwanderung nach Israel) wurde von Shavei Israel, einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz in Jerusalem, organisiert. Deren Ziel ist die Stärkung des Bandes zwischen dem jüdischen Volk und den Nachkommen von Juden auf der ganzen Welt, die sich der jüdischen Nation anschliessen möchten. Sie werden in Ober-Nazareth leben, wo es bereits eine Bnei Menashe-Gemeinschaft gibt.

von Yoni Ariel/TPS

Die Bnei Menashe sind eine kleine (etwa 10.000 Mitglieder umfassende) Gemeinschaft aus den nordostindischen Bundesstaaten Mizoram und Manipur. Nach ihrer mündlichen Überlieferung sind sie Abkömmlinge des Stammes Manasse, eines der zehn Verlorenen Stämme Israels, die vor über 2.700 Jahren von den Assyrern aus dem Land Israel vertrieben wurden. Bis zum jetzigen Zeitpunkt haben 3.000 Mitglieder dieser Gemeinschaft die Alija vollzogen, weitere 7.000 warten in Indien noch darauf.

Wissenschaftliche Belege, die die Behauptung der Bnei Menashe stützen, sind spärlich. 2003 untersuchte Prof. Karl Skorecki vom Technion 350 Genproben von DNA der Bnei Menashe, fand jedoch keinen genetischen Nachweis für eine Abstammung aus dem Nahen Osten. Prof. Skorecki gilt als führender Experte auf diesem Gebiet. Er leitete die Forschungen, die schlüssig die Behauptung der Lemba (eines kleinen Stammes, der in Südafrika, Simbabwe und Mozambik lebt) belegen, sie stammten von Juden ab, die vor über tausend Jahren über den Jemen nach Afrika kamen und dann nach und nach von Südäthiopien aus nach Süden zogen, um sich schliesslich im südlichen Afrika niederzulassen.

Ein Jahr später, im Dezember 2004, veröffentlichte das Central Forensic Science Laboratory in Kalkutta eine Arbeit in der Genome Biology im Internet. Man hatte 414 Mitglieder aus Stammesgemeinschaften in Mizoram untersucht und bei den Männern keinen Nachweis für nahöstliche Y-DNA-Haplotypen gefunden. 2005 wurden zusätzliche Tests an mtDNA von 50 Frauen aus diesen Gemeinschaften durchgeführt. Diese Tests ergaben einige Anzeichen für eine nahöstliche Herkunft, was ein Indikator für Mischehen während der langen Wanderperiode dieses Volks sein könnte. DNA wird nicht als Bestimmungsgrösse für jüdische Vorfahren verwendet, kann jedoch ein Indikator sein. Ein solcher findet sich zum Beispiel in der Y-DNA von Nachkommen einiger anderer Bevölkerungen fern des Nahen Ostens, die sich auf eine jüdische Herkunft berufen. Unter deren Vorfahren vermutet man jüdische Händler.

Bis zum 19. Jahrhundert hatten die Bnei Menashe alles an jüdischer oder hebräischer Identität verloren, was sie möglicherweise einmal gehabt hatten. Sie sprachen eine tibeto-burmanische Sprache, hatten typisch asiatische Gesichtszüge und unterschieden sich kulturell nicht von ihren Nachbarn. Von Missionaren wurden sie im 19. Jahrhundert zum Christentum bekehrt und beanspruchten anschliessend jüdische Wurzeln für sich.

In den 1980er Jahren akzeptierte das israelische Rabbinat ihren Anspruch, „safek Yehudim“ (Menschen zweifelhafter, jedoch auch nicht widerlegter jüdischer Abstammung) zu sein. Als solchen steht ihnen die Alija gemäss dem Rückkehrrecht zu (das Recht, das Juden das Grundrecht auf Einwanderung in Israel verleiht), jedoch müssen sie eine Konvertierung durchlaufen, um sich mit jüdischen Gesetzen, Ritualen, Bräuchen und jüdischer Geschichte vertraut zu machen.

Die anderen Gemeinschaften indischer Juden sind unzweifelhaft jüdisch und werden als solche anerkannt. Die älteste Gemeinschaft ist die der Cochin, die von jüdischen/hebräischen Seeleuten aus der Zeit des ersten Tempels abstammen, die an der Malabar-Küste Südindiens Schiffbruch erlitten hatten. Zu ihnen gesellte sich später eine zweite Welle jüdischer Einwanderer, die Judäa nach der Zerstörung des zweiten Temples hatten verlassen müssen. Eine dritte Gruppe, die man als Weisse Juden bezeichnet, kam nach der Vertreibung aus Spanien dorthin.

Die Beni Israel, die grösste der Gemeinschaften indischer Juden, haben ebenfalls uralte Wurzeln. Nach ihrer Überlieferung waren ihre Vorfahren nach Jahrhunderten des Wanderns von Israel durch das westliche Asien nach Indien gekommen und nach und nach von den Völkern um sie herum assimiliert worden, wobei sie einige ihrer jüdischen Bräuche bewahrten. Man glaubt, Maimonides habe sich auf sie bezogen, als er in einem Brief eine jüdische Gemeinschaft, die in Indien lebte, erwähnte.

Die meisten Fachleute glauben, dass die Wurzeln der Gemeinschaft bis in die Zeit des zweiten Tempels zurückreichen, entweder bis zu jüdischen Händlern, die die Seidenstrasse entlangzogen oder Händlern, die in Nordwestindien Schiffbruch erlitten. Andere Forscher glauben, sie könnten auf Händler des Königreichs Israel zurückgehen und dass auch sie Nachkommen eines oder mehrerer der verlorenen Stämme sein könnten.

Sie lebten in kleinen Dörfern entlang der Konkanküste, dem Gebiet zwischen Mumbai und Karatschi. Üblicherweise bezeichnete man sie als „Shanivar Teli“, marathisch für „Samstag-Ölpresser“, weil sie als Ölpresser arbeiteten, jedoch nicht an Samstagen. Viele von ihnen waren Söldner, weil sowohl Hindi- als auch muslimische Führer ihnen trauen konnten.

Unter der britischen Kolonialherrschaft stiegen viele Beni Israel auf, da sie weniger als andere Inder vom rassisch diskriminierenden Vorgehen der britischen Kolonialisten betroffen waren und als etwas ausserhalb der Massen stehend betrachtet wurden. Im Vergleich mit ihren nichtjüdischen Nachbarn erlangten sie höhere und besser bezahlte Posten in der der britischen Armee. Die meisten Angehörigen dieser Gemeinschaft, deren Zahl sich 1948 auf etwa 20.000 belief, verliessen Indien nach der Unabhängigkeit. Die meisten wanderten in Israel ein. Etwa 5.000 von ihnen gibt es noch in Indien, die meisten davon in Mumbai und Umgebung.

Bei der Gemeinschaft der Baghdadi, die in Kalkutta lebte, handelte es sich um Händler aus dem Irak und Persien. Sie kamen mit den Briten im 18. Jahrhundert. Anders als andere Gemeinschaften indischer Juden wurden sie als Weisse angesehen, nicht als Einheimische. Es war eine kleine (6.000), jedoch reiche und einflussreiche Gemeinschaft. Nach der Unabhängigkeit verliessen sie Indien und wanderten hauptsächlich nach Grossbritannien und andere Länder des Commonwealth wie Kanada, Hongkong, Australien und Singapur aus.