Zur Bedeutung von Sukkot

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Sukkot "Strauss" (Lulav). Foto wavemovies / Fotolia
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An Sukkot, dem herbstlichen Laubhüttenfest, an dem während sieben Tagen in der Laubhütte gegessen und, falls es die Wetterbedingungen erlauben, auch geschlafen werden soll, stehen Dank gegenüber dem Schöpfer und die Freude im Mittelpunkt.

 

von Zwi Braun

Die Laubhütte symbolisiert die Unbeständigkeit des menschlichen Lebens , unsere Abhängigkeit von Gott, doch gleichzeitig unsere Freude über die eingebrachte Ernte, über ein gutes, ertragreiches Jahr, sei es in der Landwirtschaft oder auf einem anderen wirtschaftlichen Sektor. Doch Freude bleibt im Judentum nicht auf den Einzelnen beschränkt. Sie ist erst dann berechtigt, wenn man dafür gesorgt hat, dass sie auch in das Herz des Nächsten einziehen kann. So heisst es vom Laubhüttenfest in der Tora (5.Buch Mose, Kap.16,Vers 14): „Und freue dich an deinem Feste, du und dein Sohn und deine Tochter, und dein Knecht und deine Magd, und der Levite und der Fremdling und der Waise und die Witwe die in deinen Toren“. Erst dann ist der jüdische Mensch zur vollen Freude berechtigt, wenn er seinen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit geleistet, wenn er dem Fremden, der Witwe und dem Waisen, die hier stellvertretend für den sozial Schwächeren stehen, geholfen hat, so dass auch für sie Sukkot ein Festtag der Freude wird.

Wie stets im Judentum, so folgt auch hier die konkrete Tat dem guten Vorsatz. Eine ganze Reihe von Mizwot, von göttlichen Gesetzen in der Tora, sorgen in der Landwirtschaft für die Unterstützung des sozial Schwachen. Beim Abernten der Felder, der Olivenhaine oder der Weinberge, muss an deren Ecke mindestens 1/6 der Ernte für die Bedürftigen stehen gelassen werden. Dass gerade die Ecke dafür bestimmt wird, hat seinen Sinn: dies ermöglicht freien Zugang und zugleich öffentliche Kontrolle über die Befolgung des Gesetzes. Die Tora geht sogar soweit, dass die Einstellung nichtjüdischer Feldarbeiter verboten ist, falls diese mit der Handhabung der Mizwa von Pea (Ecke) nicht vertraut sind.

Fallen beim Schneiden und Einsammeln des Getreides ein oder zwei Aehren zu Boden, so müssen sie dort liegenbleiben und dürfen nicht aufgehoben werden. Dieses Gesetz heisst Leket. Heute gibt es übrigens in Israel eine Organisation gleichen Namens, welche jeden Abend nicht verwendete Nahrungsmittel und Speisen von Restaurants unentgeltlich abholt und am nächsten Tag an Bedürftige verteilt. Bleibt beim Einfahren der Getreidebündel eines aus Versehen liegen, so darf es nach der Tora nicht nachträglich geholt werden („Schikecha“ = Vergessen). Der Arme hat ein Recht darauf. Wie diese Vorschriften in der Vergangenheit gehandhabt wurden, ist in der Geschichte von Ruth und Boas im biblischen Buch Ruth beschrieben.

Im dritten und sechsten Jahr einer Schmitta-Periode (Zeitraum von sieben Jahren, wobei die Felder in jedem siebten Jahr nicht bebaut werden dürfen) schreibt die Tora vor, dass ein Zehntel des Ertrags an „den Armen, den Waisen und die Witwe“ abgeführt werden muss. In all diesen Gesetzen werden Schutz und Unterstützung des Schwächeren angestrebt.

Die Tora ist ein allumfassendes, alle Bereiche des Lebens regelndes System, das in dieser Form nur von Gott geschaffen werden konnte und uns Menschen Leitbild im Leben ist. Es ist müssig, im Judentum zwischen religiösen und sozialen Geboten zu unterscheiden. Die soziale Funktion eines Gebotes ist ebenso religiös, wie die religiöse Funktion sozial ist. Im Judentum sind alle Gebote göttliche Pflichten, die mit Freude erfüllt werden sollen und in der Freude am Laubhüttenfest kulminieren.