Abbas räumt erstmals Ablehnung des Friedensangebots von 2008 ein

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Foto Screenshot Channel 10
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Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas bestätigte zum ersten Mal öffentlich, dass er 2008 ein Friedensangebot ablehnte, das einen unabhängigen palästinensischen Staat ermöglicht hätte, zu dem der gesamte Gazastreifen, ein Grossteil des Westjordanlands (durch Landtausch) und ein Tunnel zur Verbindung dieser beiden Teile gehören sollten.

Abbas gab dies in einem Interview des israelischen Fernsehsenders Channel 10 an, der eine dreiteilige Reihe über die Friedensgespräche 2000 und 2008 ausstrahlte. Nach Angaben sowohl von Abbas als auch Ehud Olmert, 2008 israelischer Premierminister, zeigte Olmert Abbas im September 2008 eine Karte, in der die Grenzen des zukünftigen Staates Palästina eingezeichnet waren. Abbas sagte, dass er „von vorneherein ablehne“, weil er sich einerseits nicht mit Landkarten auskenne und andererseits Olmerts innenpolitischer Skandal schon bald zu seinem Rücktritt führen würde (Olmert wurde später der Korruption schuldig gesprochen). Während sowohl Olmert als auch andere Palästinenserführer bereits zuvor gesagt hatten, dass Abbas ein Friedensangebot abgelehnt habe, war dies das erste Mal, dass der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde die Ablehnung selbst zugab.

Bei 24:05 des Videos wird Abbas von Raviv Drucker, dem Reporter von Channel 10, folgende Frage gestellt:

„Auf der Karte, die Olmert Ihnen präsentierte, hätte Israel 6,3 Prozent [des Westjordanlands] annektiert und den Palästinensern als Ausgleich 5,8 Prozent [des Israels von vor 1967] überlassen. Was haben Sie als Gegenleistung dafür vorgeschlagen?“

„Ich habe nicht zugestimmt“, antwortete Abbas. „Ich habe das von vorneherein abgelehnt.“

Bei 26:53 des Videos hakte Drucker noch einmal nach.

Drucker: „Warum haben Sie Olmerts Angebot wirklich abgelehnt?“

Abbas: „Er [Olmert] sagte zu mir „Hier ist eine Karte. Sehen Sie sie? Das ist alles.“ Ich habe seine Entscheidung respektiert, mir die Karte nicht zu geben. Doch wie sollen wir etwas unterzeichnen, das uns nicht überlassen wurde, über das wir nicht diskutiert haben?

Über die Existenz des Friedensangebots wurde erstmals 2013 von Avi Issacharoff von The Tower berichtet, als Olmert ihm sagte, dass er Abbas bei Gesprächen am Sitz des Premierministers einen Vorschlag in Form einer Landkarte gezeigt habe.

Kurz nach diesem Vorschlag zeichnete Abbas diese Karte aus dem Gedächtnis nach, um sicherzustellen, dass er und Olmert auf dem gleichen Stand waren. Issacharoff besorgte ein Foto von dieser Karte, das unten abgebildet ist:

2013-05-23-TT-OlmertDeal_full

Issacharoff schrieb:

Abbas bat die Anwesenden um Ruhe, um sich zu konzentrieren. Er wollte Olmerts Karte aus dem Gedächtnis nachzeichnen. Der israelische Premierminister hatte ihm gesagt, er würde Olmert kein Exemplar der Karte aushändigen, solange Abu Mazen nicht seine Initialen auf die Karte geschrieben und sie gebilligt hätte. Abu Mazen nahm einen Briefbogen aus dem Büro des Präsidenten und zeichnete darauf die Grenzen des palästinensischen Staates, so, wie sie ihm in Erinnerung waren.

Abbas markierte die Siedlungsblöcke, die Israel behalten würde: Die Blöcke Ariel, Jerusalem-Maaleh Adumim (einschliesslich E1) und Gush Etzion. Insgesamt 6,3 % des Westjordanlands. Dann zeichnete er auch die Gebiete ein, die Israel im Gegenzug dafür anbot: Gebiete im Bereich Afula-Tirat Zvi, im Lachish-Gebiet, der Bereich in der Nähe von Har Adar, in der Wüste von Judäa und der Sicherheitszone um Gaza. Insgesamt 5,8 % des Westjordanlands. Abu Mazen schrieb auf die linke Seite des Briefbogens die Zahlen, an die er sich nicht mehr richtig erinnerte (6,8 % und 5,5 %) und auf die Rückseite die weiteren Details des Angebots: Sichere Passage zwischen Gaza und dem Westjordanland durch einen Tunnel, die Verwaltung des Holy Basin durch das pentalaterale Komitee, das Ende der israelischen Präsenz im Jordantal und die Aufnahme von 5000 palästinensischen Flüchtlingen, je 1000 jährlich über fünf Jahre, innerhalb der Grünen Linie.

Abbas handgezeichnete Karte wurde auf dem Briefpapier des palästinensischen Büros des Präsidenten skizziert, gelangte während der Recherche für diesen investigativen Bericht über die geheimen Verhandlungen zwischen Olmert und Abbas in den Besitz von TheTower.org und wurde hier gestern exklusiv veröffentlicht. Die beiden Männer trafen sich 36 Mal, meist in Jerusalem und einmal in Jericho und gelangten zu dem Lösungsschema, das die Grundlage einer dauerhaften Einigung der beiden Parteien sein sollte. Doch am Ende wurden die Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern trotz des weitreichenden Angebots von Olmert nicht unterzeichnet. Offiziell hat die Palästinensische Autonomiebehörde nicht darauf reagiert.

Am darauffolgenden Tag brach Abbas die Gespräche ab, indem er sagte, dass er an einem Treffen in Jordanien teilnehmen müsse.

Der palästinensische Verhandlungsführer Saeb Erekat hatte ähnliche Erinnerungen daran, als er 2009 von Al Jazeera interviewt wurde:

Olmert, der heute mit Abu Mazen über sein Angebot sprach, bot ihm die Grenzen aus dem Jahr 1967 an, aber er sagte dazu: „Wir bekommen 6,5 % des Westjordanlands und geben euch dafür 5,8 % des Landes von 1948 und die verbleibenden 0,7 % stellen die sichere Passage dar. Ostjerusalem wird die Hauptstadt sein, doch es gibt ein Problem mit dem Haram und dem Teil, der Holy Basin genannt wird.“ Abu Mazen reagierte darauf mit Missachtung und antwortete: „Ich bin hier nicht auf dem Markt oder Basar. Ich bin hergekommen, um die Grenzen Palästinas festzulegen, die Grenzen vom 4. Juni 1967, ohne auch nur einen Zoll abzuziehen, ohne Jerusalem oder den heiligen christlichen und muslimischen Stätten auch nur einen Stein wegzunehmen. Das ist der Grund dafür, dass die palästinensischen Verhandlungsführer nicht unterzeichneten.“

Abbas Kommentare auf Channel 10 wurden in englisch zuerst durch den erfahrenen Reporter Mark Lavie erfasst.

In Englisch zuerst erschienen bei The Tower.