Wenn Teheran den Atom-Deal ausschlägt

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Foto Alexander Hunter/The Washington Times
Lesezeit: 4 Minuten

Ob Demokraten im Kongress Barack Obamas Iran-Deal akzeptieren oder ablehnen, ist sehr wichtig und steht zurecht im Fokus internationaler Aufmerksamkeit.

Doch es gibt eine weitere Diskussion über den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA – Gemeinsamer umfassender Aktionsplan), der noch wichtiger sein dürfte: die im Iran. Der Oberste Revolutionsführer Ali Khamenei, der im Land die Entscheidungen trifft, könnte die mühsam ausgehandelte Vereinbarung einfach ablehnen, die er half auszuhandeln.

Auf einer Ebene macht das keinen Sinn. Wie ein Übermass an Analysten festgestellt hat, ist der Deal von Wien für die Islamische Republik Iran enorm günstig; er legitimiert ihre Atomforschung, stellt ihr zukünftiges Atomwaffenprogramm sicher, hilft der Wirtschaft und gibt ihren aggressiven internationalen Zielen einen Schub. Diese Vorteile sollten es absurd erscheinen lassen, dass Khamenei den Deal nicht akzeptiert. Ausserdem feierten die meisten Iraner die Vereinbarung.

Sie abzulehnen macht aber auch Sinn, wenn man sich auf nicht auf diese unmittelbaren Vorteile konzentriert und sich stattdessen ihre zukünftigen Gefahren für das Überleben des iranischen Regimes ansieht. Führer fanatischer und brutaler Regierungen wie der Khameneis machen unweigerlich ideologische Reinheit und persönliche Macht zu ihren höchsten Prioritäten. Aus diesem Gesichtspunkt enthält der Deal zwei Probleme.

Erstens hintergeht er Ayatollah Khameinis Vision unnachgiebiger Feindschaft gegenüber den Vereinigten Staaten, einem Grundprinzip, das die Islamische Republik seit ihrer Gründung 1979 geleitet hat. Ein beträchtlicher Anteil der Führung, einschliesslich Khamenei selbst, hält an einer puristischen Version fest, die jede Beziehung zu den USA als inakzeptabel und an der Grenze zum Verrat betrachtet. Aus diesem Grund ist Teheran lange die einzige Hauptstadt der Welt gewesen, die keine verbesserten Beziehungen zu Washington anstrebt. Diese Verweigerer verachten, was der Deal an Nutzen bringt; sie lehnen ihn aus Prinzip ab.

Ihre Haltung ist kaum einzigartig. Palästinensische Verweigerer sind gleichermassen gegen jeglichen Vertrag mit Israel, ungeachtet des möglichen Nutzens, den sie haben könnten; sie wollen mit dem Feind nichts zu tun haben. (Denken Sie an die Oslo-Vereinbarungen von 1993, die ihnen Land, Geld, Legitimität und Waffen einbrachten.) Prinzip schlägt Machbarkeit.

Ayatollah Seyyed Ali Khamenei. Foto seysd shahaboddin vajedi. Lizenziert unter CC-BY-SA 4.0 über Wikimedia Commons.
Ayatollah Seyyed Ali Khamenei. Foto seysd shahaboddin vajedi. Lizenziert unter CC-BY-SA 4.0 über Wikimedia Commons.

Zweitens machen sich iranische Gegner des JCPOA Sorgen, dass es die islamistischen Werte der Revolution Khomeinis untergräbt. Sie befürchten, dass die Geschäftsleute, Touristen, Studenten usw., die bald auf einen neu offenen Iran setzen, die lokale Bevölkerung weiter verlocken könnten vom schwierigen Pfade des Widerstands und Märtyrertums zugunsten von Konsum, Individualismus, Feminismus und Multikulturalismus abzuweichen. Kahmenei selbst spricht davon, dass die US-Regierung nach einer Möglichkeit sucht “ins Land einzudringen”. Von ihrem Standpunkt aus haben Isolation und Armut ihre Tugenden als Mittel dafür die iranische Revolution am Leben zu erhalten.

Kurz gesagt: Die iranische Debatte über den Deal ist authentisch und in ihr stehen diejenigen, die für die kurzfristigen Profite argumentieren, gegen die, die sich gegen seine langfristigen Gefahren wenden. Khamenei muss eine schwierige Entscheidung treffen.

Hier im Westen werden Gegner des Deals natürlich jubeln, sollte Khamenei ihn ablehnen. Wenn er das tut, präsentiert er ihnen jedoch ein Problem. Nachdem sie behaupteten, dass Obama den Laden verschenkt hat, müssten sie sich der unangenehmen Tatsache stellen, dass die iranische Führung sein Angebot abgelehnt hat. Da Obama als scheinbarer Hardliner daraus hervorgeht, der amerikanische Interessen schützte und die Basarhändler über den Tisch zog, bricht ihre Argumentation zusammen. Sein Vorwurf sie würden “gemeinsame Sache” mit den iranischen Verweigerern machen wird neu überzeugend und furchtbar vernichtend sein. Besonders Israels Premierminister Benjamin Netanyahu, der sich derzeit bei Obama in Ungnade befindet, läuft Gefahr als dumm abgetan zu werden.

Um diesem Schicksal zu entgehen, müssen die Gegner des Deals sich jetzt schon auf die Möglichkeit eines iranischen “Nein” vorbereiten.

Das bedeutet, dass sie mehrere Schritte unternehmen müssen: Khamenei zuvorkommen, indem sie seine Ablehnung des Deals voraussehen und sogar vorhersagen. Erklären (wie ich es hier gemacht habe), dass seine Gründe nichts mit der Substanz und nur der Reinheit der Ideologie sowie der Beibehaltung des Geistes der Revolution zu tun haben. Sich über die Worte des JCPOA hinaus mit den Komplikationen der innenpolitischen Szene des Iran vertraut machen. Anti-Obama-Argumente schärfen (z.B.: Er täuschte sich selbst in das Denken hinein, er habe einen Verhandlungspartner gehabt, obwohl es keinen gab). Eine detaillierte Politik gegenüber Teheran entwickeln, die Wirtschaftssanktionen wieder einführt und andere Strafen auferlegt. International Verbündete finden, die bei der Umsetzung dieser erneuerten Sanktionen helfen. Die Öffentlichkeit auf die Möglichkeit der Zerstörung der iranischen Atom-Infrastruktur vorbereiten.

Dass Khamenei den Deal von Wien ablehnt, wäre eine grossartige Nachricht für alle, besonders für die Gegner des Deals – aber letztere müssen sich dringend auf diese Möglichkeit vorbereiten.

Von Daniel Pipes. Zuerst erschienen in The Washington Times. Daniel Pipes (www.DanielPipes.orgist Präsident des Middle East Forum. Übersetzung H. Eiteneier.