Durchgesickerte Dokumente und die Wut über palästinensische Korruption

0
Lesezeit: 3 Minuten

Online durchgesickerte Dokumente, die Versuche palästinensischer Funktionäre schildern, öffentliche Gelder zu missbrauchen, haben Empörung ausgelöst. Korruption und Misswirtschaft ist Kritikern zufolge in der palästinensischen Regierung weit verbreitet.

Die Aufregung über die Dokumente rührt daher, dass die palästinensische Wirtschaft stagniert und die Unzufriedenheit der Palästinenser steigt. Palästinensische Behördenfunktionäre haben das Ausmerzen der Korruption verteidigt und erklärten sie hätten Millionen von Dollar in vorschriftswidrig verwendeten Mitteln wiedererlangt.

Ein hochrangiger palästinensischer Funktionär bestätigte die Echtheit der Dokumente gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press. Sie würden einen seltenen Einblick in die Machenschaften der palästinensischen Regierung bieten, die schon seit langem durch Rivalitäten festgefahren ist.

In einem Dokument, unterschrieben von Majdi al-Khaldi, einem diplomatischen Berater des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas, der ihn auf seinen Reisen zu den Hauptstädten der Welt begleitet, bat dieser Bahrains Aussenminister um 4 Millionen Dollar für die Finanzierung einer privaten Siedlungsanlage für palästinensische Diplomaten in einem gehobenen Viertel von Ramallah im Westjordanland. Er bestand darauf, dass der Komplex „israelischen Siedlungen widerstehen soll“, auch wenn es gar keine Siedlungen gibt, wo der Komplex gebaut wurde.

Um Bahrain davon zu überzeugen, in das Projekt zu investieren, sagte al-Khaldi der Komplex solle in der Nähe einer Strasse gebaut werden, die Palästinenser nicht benutzen dürfen.

Auf der Facebook-Seite, auf der die Dokumente veröffentlicht worden sind, erklärten die Autoren, dass die Wohnungen gar nicht an palästinensische Diplomaten vergeben wurden, sondern vielmehr zu exorbitanten Preisen an reiche palästinensische Geschäftsleute und andere Prominente in der Privatwirtschaft verkauft worden seien. Es ist nicht klar, ob Bahrain jemals das Geld bezahlte. Al-Khaldi lehnte eine Stellungnahme gegenüber den Medien ab.

Ein weiteres Dokument von Nazmi Muhanna, Generaldirektor der palästinensischen Behörde für Grenzen und Grenzüberschreitungen, forderte die Regierung auf, für den Schulbesuch seiner Tochter sowie die medizinische Behandlung seiner Familie in Jordanien in Höhe von insgesamt 15.000 $ aufzukommen, eine stattliche Summe für viele Palästinenser. Muhanna verteidigte seine Nachfrage, in dem er sagte, es sei von der palästinensischen Regierung genehmigt worden. Die Regierung sagte später, sie habe diese Kosten nicht übernommen.

Quittung über 50'000$ ausgestellt auf  Yaser Abbas. Foto Facebook
Quittung über 50’000$ ausgestellt auf Yaser Abbas. Foto Facebook

Ein drittes Dokument ist eine Quittung über 50’000 $, die Yaser Abbas, Sohn des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas, erhalten haben soll. Der Junior-Abbas habe damit mehrere Wohnungen in einer angesehenen Gegend von Ramallah gekauft.

Die Empörung über die Dokumente verbreitete sich schnell über sozialen Medien, wo Palästinenser alles infrage stellten – von den Finanzen ihrer Führung bis zur politischen Legitimität angesichts der immer wieder verzögerten Wahlen, die zuletzt in 2005 abgehalten wurden.

„Wenn Muhannas Tochter die palästinensische Behörde 6’500 Jordanische Dinare (ca. 9’175 $) in einer Privatschule in Jordanien kostet, was ist dann mit den armen Studenten in staatlichen Schulen? Wer wird ihnen Aufmerksamkeit schenken?“ schrieb Mohammed Abu Allan, ein palästinensischer politischer Blogger, auf Facebook.

Azmi Shoabi, der Leiter der Aman, ein Zweig der Korruptionsregulierungsbehörde Transparency International, sagte gegenüber den Medien: “Es gibt grosse schwarze Löcher im palästinensischen Finanz- und Verwaltungssystem, die „angegangen und reformiert werden müssen. Dazu gehört, dass Finanzberichte nicht ordnungsgemäss und rechtzeitig veröffentlicht wurden, während rund 20 staatlich geführte Fonds, die von Führungskräften mit übermässigen Gehältern geleitet werden, nicht überwacht wurden.” sagte er.

Verschiedene öffentliche Abteilungen wurden zum „privaten Königreich“ für einige Funktionäre, sagte Shoabi.

Das palästinensische Parlament, das über begrenzte Kontrollbefugnisse verfügt, ist seit der Amtsenthebung der Abbas-Regierung in Gaza durch die islamisch militante Gruppe Hamas im Jahr 2007 ausser Kraft gesetzt.

Rafeq Natsheh, der die palästinensische Antikorruptionskommission leitet, sagte, dass bereits Millionen gestohlener Dollar zurück gewonnen seien. Aber für die Palästinenser habe sich durch die durchgesickerten Dokumente, die Wahrnehmung, dass ihre Regierung verdorben sei, verstärkt.

“Wir müssen das wirkliche Bild sehen, das viel grösser ist als die Gebühren von Muhannas Tochter”, schrieb Rami Mehdawi, Kolumnist der palästinensischen Al-Ayam-Zeitung, auf Facebook. “Das gesamte palästinensische System muss angegangen und zur Bereinigung der grassierenden Korruption, Misswirtschaft und Vetternwirtschaft reformiert werden.”

Quellen: Times of Israel, Ynetnews, Agenturen, Alresalah, Facebook