BDS ist nur ein kleiner Teil der Dämonisierung Israels

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BDS Demonstration vor Weissen Haus in Wahsington. Foto Creative Commons
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Universitäten sind Orte, an denen Hass auf Israel von weitgehend identifizierbaren Hetzer-Gruppen befördert wird. Der Hass manifestiert sich auf viele Arten. Tendenziöse Lehre zum Nahen Osten, oft begleitet von mit Vorurteilen besetzter Pflichtlektüre, ist nur ein Teil davon.

von Manfred Gerstenfeld

Eine Vielzahl von Quellen weist darauf hin, dass viele der Aufwiegler entweder einen muslimischen oder einen linken Hintergrund haben. Weit weniger bekannt ist, wer sie finanziert. Man weiss aber, dass arabische Länder grosse Summen für die Unterstützung einer Vielzahl von Nahost-Fakultäten und -Studien ausgeben.

In den Vereinigten Staaten begann die antiisraelische Bewegung auf dem Campus etwa 2002 mit den Bemühungen um De-Investition in israelische Wertpapiere – und/oder Anteile an amerikanischen Firmen, die bestimmte Ausrüstung an Israel liefern – durch Universitätsstiftungen. Diese von Lehrenden wie Studenten unterstützten Anstrengungen waren an allen ins Ziel genommenen Universitäten erfolglos.

Im Verlauf der letzten Jahre lag die Konzentration der Aufwiegler gegen Israel auf dem Campus hauptsächlich bei Versuchen israelische Universitäten zu boykottieren. Ein paar Boykotte wurden sogar von verschiedenen akademischen Verbänden angekündigt. Die meisten Mitglieder dieser akademischen Organe machten sich nicht die Mühe zu den Abstimmungen zu gehen, was den Aufwieglern die Gelegenheit gab eine Mehrheit bei denen zu gewinnen, die dort waren. Ein Beispiel dafür ist die American Studies Association. Ihr ehemaliger Präsident Curtis Marez bestritt nicht, dass viele andere Länder, einschliesslich solcher des Nahen Ostens, eine Menschenrechtsbilanz haben, die der Israels vergleichbar oder schlechter ist. Zur Erklärung der Entscheidung der ASA israelische Universitäten zu boykottieren soll Marez gesagt haben: „Man muss irgendwo anfangen.“ [1] Solche Kommentare weisen auf den diskriminierenden Charakter der Entscheidung der Vereinigung hin.

Für das Konzept eines systematischen Boykotts Israels wurde ursprünglich 2001 auf einer grossen NGO-Konferenz in Durban (Südafrika) geworben, die parallel zur UNO-Weltkonferenz gegen Rassismus stattfand. Die Idee entwickelte sich allmählich in eine internationale Kampagne, die als Boykott, De-Investition und Sanktionen oder BDS bekannt ist.

Die anfänglichen NGO-Befürworter des Boykotts wollten eine Vielzahl israelischer Aktivitäten eingeschlossen sehen, so Handel, Kulturveranstaltungen, Sport, die akademische Welt und so weiter. Sie waren sich bewusst, dass die Chancen Israel tatsächlich zu boykottieren minimal waren. Doch gleichzeitig begriffen sie, dass der PR-Effekt, selbst wenn alle Boykotte fehlschlagen würden, der weit wichtiger sein würde.

Verschiedene Organisationen, sowohl auf dem Campus wie auch abseits davon, haben die BDS-Bewegung bekämpft. Die prominenten amerikanischen Geschäftsleute Sheldon Adelson und Haim Saban organisierten vor kurzem eine Konferenz für die am Kampf gegen BDS Beteiligten, um Möglichkeiten für Gegenangriffe auf die Bewegung zu diskutieren.

Die BDS-Bewegung ist allerdings nur ein kleiner Teil eines weit grösseren Phänomens: der systematischen Delegitimierung Israels, die oft von Antisemitismus begleitet ist. Arabische und weitere muslimische Staaten wie der Iran spielen dabei eine wichtige Rolle. Ihre antiisraelische Propaganda nutzt genozidale Muster, die dieselben wie die des Nationalsozialismus sind.

In Europa erhalten diese Hassförderer Hilfe von einer Vielzahl Agitatoren, die in der Hauptsache, wenn auch bei weitem nicht exklusiv, aus Teilen der eingewanderten Muslimischen Gemeinden und der Linken kommen. Man findet diese Aufwiegler in der politischen Welt, den Gewerkschaften, NGOs, linken Kirchen, unter Akademikern und so weiter.

Das Schüren des Hass hat zu einer ziemlich weit verbreiteten Dämonisierung Israels geführt. Sechs verschiedene Studien, von denen die meisten davon in Deutschland durchgeführt wurden und die acht weitere europäische Länder abdeckten, zeigten, dass mehr als 40% der Bürger der Europäischen Union der Aussagen zustimmen, Israel führe einen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser; alternativ stimmen sie der Behauptung zu, dass Israel sich wie die Nazis verhält.

Solche Ergebnisse bedeuten, dass mehr als 150 Millionen der rund 400 Millionen EU-Bürger im Alter ab 16 Jahren aufwärts dämonische Ansichten zu Israel hegen. Die Führungen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedsstaaten haben dieses Thema methodisch ignoriert. Doch die ersten Daten zu solcher Dämonisierung Israels waren bereits vor mehr als zehn Jahren verfügbar. Wäre die Verleumdung Israels wahr, wäre der letzte Palästinenser schon vor langer Zeit getötet worden. In Wirklichkeit – und in krassem Gegensatz dazu – hat die palästinensische Bevölkerung enorm zugenommen.

Die Dämonisierung Israels in Europa geschieht nicht nur wegen der Hasspropaganda. Die EU und viele ihrer Mitglieder haben Israel regelmässig auf voreingenommene Weise verurteilt. Diejenigen, die schnell dabei sind Israel wegen eines bestimmten Handelns zu verurteilen, haben bei ähnlichem Handeln anderer Länder weggesehen. Nach Angaben der Antisemitismus-Definition des US-Aussenministeriums ist zweierlei Mass – wie das, was die Spitze der EU-Führung an den Tag legt – antisemitisch.

Mein Buch The War of A Million Cuts: The Struggle against the Delegitimization of Israel and the Jews, and the Growth of New Anti-Semitism (Der Krieg der Millionen Schnitte: Der Kampf gegen die Delegitimierung Israels und der Juden und die Zunahme von neuem Antisemitismus) beschreibt detailliert die verschiedenen, von den Hassschürern genutzten Muster, ihre Herkunft, wie sie ihre Botschaft in der Gesellschaft verbreiten und wie das Phänomen bekämpft werden kann.

Obwohl die Delegitimisierung Israels in den USA weit weniger fortgeschritten ist, muss man zu dem Schluss kommen, dass sich in Europa langsam eine Atmosphäre entwickelt, die an die 1930-er Jahre erinnert. Das entstammt einer einfachen Wahrheit – dass Antisemitismus nicht nur integraler Bestandteil der europäischen Geschichte, sondern Teil seiner Kultur ist.

[1] Manfred Gerstenfeld: The War of A Million Cuts: The Struggle against the Delegitimization of Israel and the Jews, and the Growth of New Anti-Semitism. RVP Press und The Jerusalem Center for Public Affairds, S. 141.

Manfred Gerstenfeld ist Publizist und ehemaliger Vorsitzender des Präsidiums des Jerusalem Center for Public Affairs. Zuerst erschienen bei http://heplev.wordpress.com