Iran-Deal: Viele offene Fragen

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Der iranische Aussenminister Javad Zarif spricht am Rande der Genfer Atomverhandlungen zu Medienvertretern. 24. November 2013. Foto PD
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Knapp zwei Wochen nach Unterzeichnung des „historischen“ Framework-Abkommens zwischen Iran und den P5+1 in Lausanne hat US-Präsident Obama dem Kongress ein Mitspracherecht bei der Finalisierung eines allfälligen Nuklearvertrags eingeräumt.

Die Obama-Administration hatte sich zuletzt entschieden gegen ein solches Mitspracherecht ausgesprochen, akzeptierte es aber schliesslich, nachdem offensichtlich wurde, dass nicht nur Republikaner, sondern auch demokratische Abgeordnete, darunter enge politische Verbündete Obamas, den entsprechenden Gesetzentwurf unterstützten. Dieser wird dem Kongress die Möglichkeit geben, über ein Abkommen mit dem Iran abzustimmen, wobei Präsident Obama zugleich über ein signifikantes Vetorecht verfügen wird. Insofern ist die Wahrscheinlichkeit derzeit klein, dass der Kongress in der Lage sein wird, einen allfälligen Deal mit dem Iran zu verhindern.

Bezüglich Interpretation und Umsetzung des Nuklear-Deals bleiben weiterhin viele Fragen offen. Während etwa die USA erklärten, dass eine Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran etappenweise vor sich gehen würde, drohte der iranische Präsident Rouhani, dass der Iran einem finalen Abkommen nur dann zustimmen würde, wenn dieses mit der unmittelbaren Aufhebung aller Sanktionen einhergehen würde. Und auch Ali Khameini, das Staatsoberhaupt Irans, erklärte, dass der Iran einer Inspektion seiner militärischen Anlagen nicht zustimmen werde.

Verschleierungstaktik
Darüber hinaus erklärten der iranische Aussenminister Mohammad Javad Zarif und Ali Akhbar Salehi, Vorsitzender der Iranischen Atomenergieorganisation, der Iran werde am Tag der Implementierung des Nuklearabkommens seine schnellsten IR-8 Zentrifugen in Betrieb nehmen. Diese Verlautbarungen widersprechen direkt denjenigen der USA und Frankreichs, wonach sich der Iran verpflichte, für mindestens zehn Jahre kein Uran mit IR-8 Zentrifugen anzureichern. Es scheint offensichtlich, dass der Iran seine erfolgreichen Verzögerungs- und Verschleierungstaktiken der vergangenen Jahre im selben Masse weiterzuführen gedenkt.

Zurecht mahnt Emily Landau vom Institute für Nationale Sicherheitsstudien in Tel Aviv an, dass die Kumulierung von wiederholten Verstössen im kleinen Rahmen letztendlich eine neue Realität kreieren werde, die nicht ohne weiteres zurückgerollt werden könne. Deshalb liege die Aufgabe der P5+1 Staaten darin, sich über mögliche künftige Verstösse des Irans gegen das Abkommen bewusst zu werden und eine entsprechende Strategie gegen ebendiese zu entwerfen, um eine rasche und effektive internationale Reaktion zu gewährleisten.

Derweil hat Russland sich entschieden, die Sperre gegen die Lieferung des S-300 Luftabwehrsystems an den Iran aufzuheben. Gemäss einem iranischen Beamten soll das moderne Abwehrsystem noch dieses Jahr an den Iran ausgeliefert werden. Die USA und Israel kritisierten den iranisch-russischen Deal scharf. Ministerpräsident Netanyahu erklärte etwa gegenüber Putin, dieser Schritt werde die iranische Aggression in der Region weiter befeuern und die Sicherheit des Nahen Ostens unterminieren. Putin hingegen versicherte Netanyahu, dass das S-300-System „kein Sicherheitsrisiko“ für Israel darstelle.

Über Michel Wyss

Michel Wyss ist freischaffender Analyst bei der Audiatur-Stiftung und beschäftigt sich hauptsächlich mit Sicherheitspolitik im Nahen Osten. Er absolviert derzeit ein MA-Studium in Government mit Fokus auf Internationale Sicherheit am Interdisciplinary Center in Herzliya, Israel und ist als Research Assistant beim International Institute for Counterterrorism (ICT) tätig.

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