„Brot für die Welt“ und „archaische Tötungsbefehle in der Hebräischen Bibel“

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„Brot für die Welt- Evangelischer Entwicklungsdienst“ ist ein evangelisches Hilfswerk in Deutschland. Es fördert auch eine Zeitschrift, die antiisraelische Propaganda mit deutlichen antisemitischen Untertönen betreibt. Angesichts der aktuellen Debatte in der Schweiz über das Hilfswerk  „HEKS“ und dessen Unterstützung antiisraelischer Organisationen stellen wir diesen Beitrag zur Diskussion hier ein. Der Autor, Dr. theol. habil. Wolfgang Stegemann, ist emeritierter Professor der Theologischen Hochschule der Bayerisch-lutherischen Kirche Augustana in Neuendettelsau.

„Man fragt sich, wieso die israelische Seite, geführt von einer rechtsradikalen Regierung und mit voller Unterstützung einer extrem-nationalistischen jüdischen Bevölkerung, zu derart barbarischen Taten fähig ist. Es ist die allgemeine Menschenverachtung des israelischen Judentums gegenüber nichtjüdischen Menschen, speziell gegenüber arabischen, die für Israel keine Menschen im vollen Sinne sind.

Es ist der Geist des überwundenen westlichen Nationalismus, der den Zionismus bestimmt und heute noch in Israel seine Blüten treibt. Er wird verstärkt durch archaische Tötungsbefehle gegenüber Nicht-Israeliten in der Hebräischen Bibel.

Wer Menschen in solchem Maße verachtet, macht immer wieder dieselben Fehler. Denn der ewig unterdrückte und eingesperrte Mensch wird nie Ruhe geben. Er wird immer revoltieren auf verzweifelte, irrationale und sei es auf wenige moralische Weise. Weil er Mensch ist. Der eigentliche Terror ist die Unterdrückung, Beraubung, Demütigung.“

Dies ist ein Zitat aus dem redaktionellen Vorspann der „PalästinaIsraelZeitung für Völkerrecht und Menschenrechte“. Er stammt von einem Peter Bingel, der zur Redaktion dieser „Zeitung“ gehört. Mit ihm begrüßt er die Leserinnen und Leser in der Ausgabe vom Oktober 2014. Das aktuelle Ereignis, auf das sich sein Kommentar bezieht, ist der Gaza-Krieg von 2014. Die „Zeitung“ hat eine Auflage von 4.500 und wird herausgegeben von der „Arbeitsgemeinschaft Völkerrecht und Menschenrechte in Palästina und Israel e.V.“ Die hier zitierten Sätze sind – nach meiner Meinung – eine akkurate Verdichtung ihrer Message. Meine vorläufige Schlussfolgerung: „Zeitung“ ist ein bemerkenswerter Begriff für dieses Druckerzeugnis.

Schauen wir uns das Zitat genauer an: Israel wird von einer „rechtsradikalen Regierung“ geführt, seine „jüdische Bevölkerung“ ist „extrem nationalistisch“. Darum ist dieser Staat zu „barbarischen Taten“ fähig. Doch das ist nichts Besonderes, sondern nur Ausdruck der „allgemeinen Menschenverachtung des israelischen Judentums“ – und zwar gegenüber allen anderen Menschen, insbesondere „arabischen“, die „für Israel keine Menschen im vollen Sinne sind“. Zionismus ist ein anachronistisches Gebilde, da es einen längst überwundenen „westlichen Nationalismus“ vertritt. Die Aggressivität des Zionismus hat einen religiösen Verstärker, denn schon in der „Hebräischen Bibel“ sind vergleichbare „Tötungsbefehle gegenüber Nicht-Israeliten“ zu lesen. Schließlich: Was die palästinensischen Terroraktivitäten gegen Israel betrifft: Daran sind die jüdischen Israelis selbst schuld, ja sie sind die eigentlichen Verursacher und Terroristen.

Dank seiner tiefen anthropologischen Weisheit dreht der Autor die Geltung des Zusammenhangs von Ursache und Wirkung um und zieht den Joker der Rechtfertigung aller palästinensischen Gewalt gegen jüdische Israelis: „der ewig unterdrückte und eingesperrte Mensch wird nie Ruhe geben“. Alle Taten dieses „unterdrückten und eingesperrten Menschen“ gegen jüdische Israelis – sagen wir mal seit den Terroranschlägen der 70er Jahren des letzten Jahrhunderts bis jetzt und in alle Ewigkeit – sind gerechtfertigt. Zum Beispiel die Entführung und Ermordung jener drei jüdisch-israelischer Teenager, oder die hunderte von Raketenangriffen der Hamas aus Gaza auf Israel usw. und so fort.

Herr Bingel braucht nicht die Bibel, um „barbarische Taten“ gegen jüdische Israelis zu rechtfertigen. Das macht der Tiefenanthropologe selbst. Denn die jüdischen Israelis sind ja, wie wir wissen, die „Unterdrücker“ und „Einsperrer“ und damit die Bösen. Sie sind sozusagen die „ewigen Juden“. Die ewig Guten sind dagegen die Palästinenser, und zwar: weil sie Menschen sind, die „immer revoltieren“ dürfen, auch „auf verzweifelte, irrationale und … wenig moralische Weise“. Kurz: Palästinensischer Terror gegen jüdische Israelis ist Ausdruck eigentlicher Menschlichkeit, die Reaktion der jüdischen Israelis darauf ist die eigentliche Ursache. Oder – wie jemand geschrieben hat: Der Gazakrieg begann damit, dass die Juden sich gegen Raketen-Angriffe der Hamas verteidigt haben. Verteidigung ist also in dieser Logik der eigentliche Angriff – jedenfalls soll sie gelten, wenn es um Israel geht.

Angesichts des Namens des Vereins, der diese „Zeitung“ herausgibt („Arbeitsgemeinschaft Völkerrecht und Menschenrechte in Palästina und Israel“), sind allein die wenigen zitierten Sätze ein bemerkenswerter Beitrag zum Völkerecht wie zu den Menschenrechten. Er erinnert an die Sprachverwirrungen in Orwells Roman „1984“ („Krieg ist Friede“). Zugespitzt: „Terror“ ist jüdisch-israelisch, die Ermordung von Israelis und Raketenangriffe auf den jüdischen Staat sind menschlich. Weniger poetisch ausgedrückt: Das Interesse dieses Vereins und seiner „Zeitung“ bzw. ihrer Redakteure scheint mir darauf hinauszulaufen, Israel als Staat und dessen jüdische Bevölkerung aus der Geltung des Völkerrechts und der Menschenrechte, wenn es um ihren Schutz geht, auszunehmen.

Zeitungen und auch Internet-Auftritte kosten etwas. Wer finanziert die „PalästinaIsraelZeitung“? Die Mitglieder des erwähnten Vereins und ich. Warum ich? Einmal, weil ich für „Brot für die Welt“ spende. Denn „Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst“ fördert diese Zeitung. Zum Zweiten auch darum, weil wiederum diese Abteilung von „Brot für die Welt“ – also „Evangelischer Entwicklungsdienst“ vom deutschen „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ gefördert wird, also auch so mit meinen Steuergeldern. Diese Förderkette – vom Bundesministerium über Brot für die Welt bis zum genannten Verein und schließlich dessen Publikationsorgan – ist geradezu kafkaesk. An ihrem Anfang stehe offenbar ich, und zwar als Steuerzahler und Spender.

Von meinen unfreiwilligen Anteil an dieser Förderung des Anti-Israelismus habe ich freilich nur durch Zufall erfahren. Denn „Brot für die Welt“ sagt nirgendwo, dass ein Teil meiner Spenden in die Förderung dieser „Zeitung“ geht. Es wird immer nur gesagt, dass ich für die Armen und Hungernden dieser Welt spenden soll. Wer, der nicht hartherzig ist, hört nicht auf diese Appelle? Doch dass er oder sie damit auch eine antisemitische und anti-israelische „Zeitung“, mit welch kleinerem oder größerem Beitrag auch immer, unterstützt, weiß kein Spender und keine Spenderin. Warum auch – es gibt ja Funktionäre, die für uns denken und entscheiden und ihre politischen Interessen mit Hilfe der Steuerzahler und Spender realisieren. Sie müssen wohl auch darüber niemandem darüber Rechenschaft ablegen. Bei „Brot für die Welt“ und im Bundesministerium hat vermutlich auch noch niemand das Druckerzeugnis gelesen, das sie finanziell fördern. Oder doch? Übrigens, diese „Zeitung“ wird von einem gemeinnützigen Verein herausgegeben. Man kann also die Spenden für ein antisemitisches und anti-israelisches Blatt steuerlich geltend machen. Antisemitismus lohnt sich wieder.

Dank „Brot für die Welt“ werden meine Steuer- und Spendengelder zur Unterstützung einer „Zeitung“ eingesetzt, die anti-jüdischen mit anti-israelischem Hass verbindet und weder für Völkerrecht noch Menschenrechte eintritt – jedenfalls wenn deren Verletzung gegen den Staat Israel und jüdische Menschen gerichtet sind. Diese Agenda kennen wir aus einer langen Geschichte – an der leider immer auch die christlichen Kirchen und ihre Organisationen einen wesentlichen Anteil hatten.

Wolfgang Stegemann – geschrieben am siebzigsten Jahrestag der Befreiung von Auschwitz

 

10 Kommentare

  1. Gibt's da eigentlich noch ne Antwort von Svenja Koch? Die Fragen sind ja denkbar klar und weiterhin unbeantwortet. Ich finde dieses Schweigen seitens Brot für die Welt irritierend und entlarvend.

  2. Grundsätzlich fast ehrenwert, dass Brot für die Welt die oben zitierte Ausgabe 6 der PalästinaIsraelZeitung nicht gefördert hat (was die Zeitung inzwischen zugegeben hat). Dennoch bleibt ein fader Beigeschmack zurück:
    Gefördert wurden offenbar die Ausgaben 4+5, und in denen ist nicht minder antisemitische Hetze verbreitet worden. Im Übrigen auch schon in den Ausgaben "Nullnummer" und 1-3! Bleibt die Frage, warum Brot für die Welt – Evangelischer Friedensdienst überhaupt dieses Pamphlet unterstützt hat? Warum dauerte es offenbar 2 Ausgaben bis die Förderung eingestellt wurde?
    Insgesamt bleibt der Vorwurf an Brot für die Welt, antisemitische Hetze unterstützt zu haben also bestehen – wenn auch mit anderern Ausgaben der Unterstützung.
    Deshalb: Augen auf ihr Spender, wem ihr Euer Geld anvertraut – Brot für die Welt hat damit das Vertrauen verspielt!

  3. Danke für den Artikel, Sie sprechen mir aus dem Herzen, da ein Mitglied aus unserer Gemeinde an diesem "Pamphlet" und in diesem Verein mitarbeitet.

  4. Ich bedanke mich für die positiven Reaktionen. Inzwischen hat Brot für die Welt auf der Facebook-Seite
    von Audiatur-online mitgeteilt, dass dieses Hilfswerk nicht die Veröffentlichung der Ausgabe 6 dieser Zeitung gefördert habe. Ich habe inzwischen sowohl den presserechtlich verantwortlichen Redakteur der Zeitung angeschrieben und auch auf Facebook ein paar Fragen an Brot für die Welt gepostet. Diese Aktivitäten mache ich auch hier auf Audiatur-online publik:

    Sehr geehrter Herr Kercher, ich schreibe Ihnen in Ihrer Funktion als presserechtlich verantwortliches Mitglied der Redaktion der Zeitung “PalästinaIsraelZeitung”. Im Impressum der Ausgabe 6 dieser Zeitung behaupten Sie, dass diese Ausgabe von “Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst” gefördert wurde. “Brot für die Welt” bestreitet dies. Haben Sie also die Leserinnen und Leser Ihrer Zeitung in die Irre geführt und den guten Namen von “Brot für die Welt” missbraucht?
    Für eine zeitnahe Antwort wäre ich Ihnen sehr verbunden.
    Darf ich Sie bei dieser Gelegenheit auch fragen, welches Finanzamt für den Verein, der diese Zeitung herausgibt – Arbeitsgemeinschaft Völkerrecht und Menschenrechte in Palästina e.V.- zuständig ist?

    MfG

    Dr. Wolfgang Stegemann

    Reaktion auf Post von Brot für die Welt auf Facebook

    Ich habe da mal ein paar Fragen. 1. Haben Sie den Verantwortlichen der PalästinaIsraelZeitung inzwischen mitgeteilt, dass zu Unrecht im Impressum die Förderung durch Brot für die Welt genannt wurde? 2. Haben Sie die Verantwortlichen aufgefordert, diesen Hinweis im Impressum der Zeitung wenigstens in der Online-Ausgabe zu tilgen? 3. Könnten Sie mir und der interessierten Öffentlichkeit das Ablehnungsschreiben des entsprechenden Förderungsantrags des Vereins zur Kenntnis bringen? Ich meine nur wegen der Transparenz. Denn es steht doch ziemlich viel auf dem Spiel, wenn Brot für die Welt eine anti-israelische und antisemitische Zeitung unterstützt und wir uns nicht einmal selbst davon überzeugen können, ob Sie wirklich den Antrag abgelehnt haben. 4. Werden Sie gegen den entsprechenden Verein, der diese Zeitung herausgibt, wegen des Missbrauchs von Brot für die Welt juristisch vorgehen? 5. Hat Brot für die Welt die Ausgaben 4 und 5 dieser Zeitung finanziell gefördert? So ist jedenfalls der Homepage der Zeitung zu entnehmen. Und 6. Wenn ja, warum eigentlich? 7. Hat jemand bei Brot für die Welt jemals eine der Ausgaben dieser Zeitung vor der Bewilligung von Fördermitteln gelesen?

  5. Lieber Wolfgang Stegemann,

    Brot für die Welt fördert diese Zeitschrift nicht. Ein Antrag auf Förderung der Ausgabe 6, aus der die beanstandeten Zitate stammen, wurde im Oktober 2014 abgelehnt.
    Der Verweis im Impressum ist falsch.

  6. Wenn audiator-online auch uns – die andere Seite – vor Veröffentlichung des Artikels angefragt hätte, hätten wir mitgeteilt:
    Brot für die Welt fördert diese Zeitschrift nicht. Ein Antrag auf Förderung der Ausgabe 6, aus der die beanstandeten Zitate stammen, wurde im Oktober 2014 abgelehnt.
    Der Verweis im Impressum der Ausgabe von "PalästinaIsraelZeitung für Völkerrecht und Menschenrechte" ist falsch.

  7. Danke,lieber Wolfgang Stegemann,für die Analyse. Auch ich werde an BfdW schreiben und zur Einstellung der Unterstützung auffordern. Ansonsten: schön, mal wieder von Ihnen zu lesen 🙂

  8. Ich danke Ihnen für diesen Artikel. Ich habe sofort einen Brief an die Zentrale von Brot für die Welt geschrieben und um sofortige Einstellung der Unterstützung für dieses Machwerk gebeten. Ich werde diesen Artikel im Gedächtnis behalten und wieder inms Bewusstsein holen, wenn in den Heiligabend-Gottesdiensten für Brot für die Welt gesammelt wird.

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