Der HEKS’sche Partner Zochrot

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Das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS) ist in die Kritik geraten, weil es die israelische NGO „Zochrot“ mitfinanziert. Zochrot ist bekannt für ihre extremistischen gegen Israel gerichteten Aktivitäten. Die 2002 gegründete NGO bezieht inzwischen Spenden in Höhe von über einer halben Million US-Dollar, vor allem kirchlicher Organisationen in Europa und in den USA. Im Jahr 2005 machte sich Zochrot mit einer App zu einem internationalen „Medienereignis“. Die App zeigt die arabischen Namen der Dörfer und Städte in Israel, ehe sie infolge von Flucht oder Vertreibung der Araber 1948 von Juden übernommen worden sind. Die NGO Zochrot steht für eine Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge und derer Nachkommen in das heutige Israel. Eine Umsetzung des weltweit einzigartigen „Rückkehrrechts“ für die 5 Mio. Kinder, Enkel und Urenkel der ehemals rund 600.000 Palästinenser, wie Zochrot sie unterstützt, würde aus Israel einen arabischen Staat mit jüdischer Minderheit machen. Das wäre nicht nur das Ende Israels, sondern auch die Zerschlagung des einzigen Staates in der Region, in dem Religionsfreiheit und Bürgerrechte für alle Menschen garantiert sind. Von Israelis als „extrem links“ bezeichnet, wird Zochrot von Neonazis in Internetforen bejubelt, weil sie zudem den Holocaust relativiert.

Im April hatten Mitarbeiter von Zochrot, darunter deren Gründer Eitan Bronstein, in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem vor dem Denkmal für den Aufstand im Warschauer Ghetto, eine Aufführung der Schauspielerin Natali Cohen Vaxberg gefilmt. In ein rotes Kleid gehüllt, mit Bronstein als „Holocaust Bodyguard“ hinter sich, brüllt Vaxberg unflätige Beschimpfungen und Verunglimpfungen der Opfer des Holocaust: „Ich bin der Holocaust, das beste was Euch passieren konnte.“ In den Film hineingeschnitten sind Fotos der „Künstlerin“, wie sie sich im Berliner Holocaustdenkmal bis auf die Unterhose entkleidet. Dieser Film dauert knapp 8 Minuten. Gleich zu Beginn des Films taucht ein Sicherheitsmann von Yad Vashem auf, der erklärt, dass das Filmen an der Stelle verboten sei. Danach scheint es keine Einmischungen oder Störungen mehr zu geben. Doch anhand des Standes des Schattens der Sonne an der Wand hinter den Schauspielern und zuvor des Sicherheitsmanns ist unschwer zu erkennen, dass diese Szene mit dem Sicherheitsmann zu einem anderen Zeitpunkt aufgenommen und dann eingefügt worden ist, um den Eindruck zu erwecken, als hätte Yad Vashem die Filmaufnahmen genehmigt.

Estee Yaari, Sprecherin von Yad Vashem, erklärte zu diesem „widerwärtigen“ Film, dass die Gedenkstätte in „keiner Weise“ beteiligt gewesen sei. „Wahrscheinlich haben die das heimlich gefilmt, als keine Besucher dort waren.“ Zynisch sei deshalb auch der am Ende des Films eingeblendete Dank an die Gedenkstätte.

Kurz vor Weihnachten entdeckten mehrere Schweizer, darunter Blogger, den Film und die Tatsache, dass Zochrot mit HEKS eine enge Kooperation pflegt und von HEKS erhebliche Spendengelder erhält.

Die in Blogs und offenen Briefen geäusserte Kritik an HEKS wurde in fast gleichlautenden Briefen von Dieter Wüthrich beantwortet, Abteilungsleiter Medien und Information, Kommunikation von HEKS – Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz.

„Unter dem reisserischen Titel «HEKS-Spenden für Shoah-Gedenkstätten-Schändung» wird in diesem Blog unterstellt, dass die HEKS-Partnerorganisation «Zochrot» eine provokante Performance einer israelischen Schauspielern unterstützt hätte, dass dafür Spendengelder von HEKS verwendet worden seien und dass «Zochrot» eine verzerrte Geschichtsschreibung betreibe, Israel gar das Existenzrecht abspreche. All diese polemischen Aussagen entbehren jeglicher Grundlage und haben nichts mit der Realität zu tun.“

Wüthrich scheint die Selbstdarstellungen von Zochrot nicht zu kennen.

Konkret erwidert er, dass die „fragliche Performance im Frühling 2014 ausserhalb der Gedenkstätte Yad Vashem stattgefunden“ hätte. Tatsache ist, dass das Denkmal für den Aufstand im Warschauer Ghetto mitten in der Gedenkstätte steht. Man muss die Eingangskontrollen passieren, um dorthin zu gelangen. Und dort findet am Holocaust-Tag die jährliche Gedenk-Zeremonie statt. Das wird sogar in dem besagten Film durch die Szene mit dem Sicherheitsmann bestätigt.

Weiter behauptet Wüthrich, dass „«Zochrot» diese „Performance weder produziert noch unterstützt hat. Der ehemalige Direktor und Gründer von «Zochrot», der heute nicht mehr für die Organisation arbeitet, hat als Privatperson an der Performance teilgenommen.“ Das kann so nicht stimmen. Der Gründer von Zochrot ist weiterhin über die Email-Adresse der Organisation erreichbar. Und auf der Homepage von Zochrot wird er bis heute als Mitarbeiter angeführt. Ebenso wurde das Video von Moran Barir gefilmt, der ausdrücklich als Zochrot-Mitglied aufgeführt wird. Weiter behauptet der Sprecher, dass „selbstverständlich keine Spendengelder von HEKS für die fragliche Aktion eingesetzt worden sind“. Auf der Homepage von Zochrot ist noch das Video einer früheren Veranstaltung von Zochrot verlinkt, moderiert von Eitan Bronstein, wie er die „Künstlerin“ Vaxberg vorstellt und das Ganze gefilmt von Moran Barir.

In einer weiteren Passage widerspricht sich Wüthrich selbst. Denn obgleich doch Zochrot „diese Performance weder produziert noch unterstützt hat“, behauptet er nun, dass „HEKS im letzten Frühjahr im Gespräch mit den heutigen Verantwortlichen von «Zochrot», nach Ansätzen gesucht hat, wie sich in Zukunft vermeiden lässt, dass derart polarisierende und fragwürdige Aktionen in Verbindung mit «Zochrot» gebracht werden.“

Man bittet die Freunde also darum, künftig die Agenda der NGO nicht mehr öffentlich darzustellen, um den guten Ruf des „Hilfswerks der evangelischen Kirchen Schweiz“ nicht zu schädigen. Grundsätzlich scheint man mit den Inhalten einverstanden zu sein, und die evangelische Kirche in der Schweiz stört es nicht, wie da eine möglicherweise psychisch gestörte Frau immer wieder von einer geschätzten Partnerorganisation vermarktet wird.

Über Ulrich W. Sahm

Ulrich W. Sahm, Sohn eines deutschen Diplomaten, belegte nach erfolgtem Hochschulabschluss in ev. Theologie, Judaistik und Linguistik in Deutschland noch ein Studium der Hebräischen Literatur an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Seit 1975 ist Ulrich Sahm Nahost-Korrespondent für verschiedene deutschsprachige Medien und berichtet direkt aus Jerusalem.

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2 Kommentare

  1. Nein, Frau Lahusen, das stimmt nicht. Im Artikel von Herrn Sahm wird erwähnt, Zochrot erhalte von NGOs weltweit Spenden von einer halben Million Dollar. Die von HEKS angegebenen 1.19 Mio Fr. sind die Zielsumme für das Jahr 2014 für a l l e unterstützten Projekte in Israel und Palästina und das sind Projekte zur Unterstützung von Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung (darum geht es HEKS!).

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