„Tobi der Deutsche“ und Schweizer NGOs

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„Schnappt die Juden“ hat Tuvia Tenenbom seinen hebräischen Bestseller genannt. Am 10. November erschien er beim Suhrkamp Verlag unter dem Titel „Allein unter Juden – Eine Entdeckungsreise durch Israel“. Tenenbom hat es sich mit Humor, Selbstherrlichkeit und Charme zur Aufgabe gemacht, Israelis und Palästinenser zu „schnappen“. Und er erwischt sie alle: Rechte, Linke, Extremisten und „gemässigte“ Träumer.

Gegenüber Palästinensern wie Chanan Aschrawi und Jibril Rajoub präsentiert sich der in Israel geborene Rabbiner mit dem amerikanischen Pass zünftig mit Lederhose als „Tobi der Deutsche“. Wenn man unter sich ist, kann man offen reden.

So hörte er „als Deutscher“ von einem arabischen Rechercheur der israelischen Menschenrechtsorganisation B`tselem, Atef Abu-Alrub, zum Holocaust: „Das ist eine Lüge. Ich glaube es nicht. Kurzum: Der Holocaust ist eine Erfindung der Juden.“

Für die Menschenrechtsorganisation hatte diese gefilmte Szene eine peinliche Folge, zumal Atef Abu-Alrub einer der „vertrauenswürdigen“ Informanten des Goldstone-Reports zum Gaza Krieg von 2009 war. Erst dementierte B’tselem Tenenboms Behauptungen, dann kam eine „Distanzierung“ auf Hebräisch. Auf Anfrage erklärte die Sprecherin von B’tselem, dass er demnächst sein Arbeitsverhältnis beende.

Nachdem Tenenbom im Schutze seiner falschen Identität ähnliche Ruhmeshymnen auf Hitler und die Nazis auch aus dem Munde prominenter Palästinenser wie Jibril Rajoub gehört hat, konzentrierte er sich auf die Tausenden Nicht-Regierungs-Organisationen, die Steuer- und Spendengelder verschleudern, und den Konflikt schüren.

Auch Schweizer Organisationen tummeln sich in Nahost. Kapitel 38 ist den Ärzten gewidmet, die „keine Grenzen kennen“, den Medecins Sans Frontieres (MSF) mit Sitz in der Schweiz.

Tenenbom trifft Christina, eine „sexy“ Italienerin, die er sogleich zu Mutter Teresa kürt. Sie kümmere sich um Menschen, die nicht wohnen können, wo sie wollen, Palästinenser natürlich. Tenenbom fragt schlagfertig, ob Juden im palästinensischen Ramallah wohnen dürften. „Interessant ist hier die Tatsache, dass es sich unsere Liebe Frau von Palästina zu Herzen nimmt, ob Menschen die freie Wahl haben, wo sie leben möchten, obwohl ihr eigenes Büro in einem Viertel liegt, das keine Juden duldet, eine Tatsache, die sie sofort einräumt, wenn man sie damit konfrontiert.“ Tenenboms Frage, ob MSF auch Juden behandle, hat einen Wutausbruch zur Folge und die Frage, auf welcher Seite er stehe.

Tenenbom beim IKRK

„Wenn Sie zufälligerweise ein geltungsbedürftiger Fanatiker oder ein rabiater Kerl sind und sehen wollen, wie Ihr Traum von Ländern ohne Juden Wirklichkeit wird, dann kommen Sie nach Israel und schliessen Sie sich dem Roten Kreuz an.“

Er begibt sich zum IKRK-Büro im Jerusalemer Viertel Scheich Dscherach. Das Büro in Tel Aviv gebe es „nur aus politischen Gründen, um zu demonstrieren, dass wir die israelische Souveränität über Jerusalem nicht anerkennen“. Im IKRK-Van wird Tenenbom nach Jenin gebracht. Der Fahrer erzählt ihm von Häusern in Scheich Dscherach, die von den Israelis abgerissen würden, weil deren palästinensische Bewohner ihre Besitztumsansprüche nicht nachweisen könnten. Wie viele Häuser denn zerstört worden seien, fragt Tenenbom. Nach längerem Nachdenken sagt der Mann: „Keines“. Tenenbom kommentiert: „Ich kenne den Mann nicht, höre aber am Klang seiner Stimme, dass er Juden nicht mag. Gott sei Dank bin ich Deutscher.“

Der Mann erzählt weiter: „Um zu einem vollen Mitglied des IKRK zu werden, muss Israel all seine Rettungsstationen aus den umstrittenen Gebieten abziehen.“ Weiter erfährt der Leser, dass israelische Ambulanzen mit dem roten Davidstern nicht ausserhalb der Landesgrenzen eingesetzt werden dürften, denn der Davidstern sei ein „religiöses Symbol“. Tenenbom hakt nach, ob denn der Halbmond kein religiöses Symbol sei. „Das ist etwas anderes“, erklärt der Mann, kann aber nicht sagen, warum.

So sei das Vierte Genfer Abkommen das „geistige Kind“ der Schweizer Organisation. Obgleich rechtlich nicht bindend, diktiert diese Konvention, was Israel in den 1967 eroberten Gebieten tun oder nicht tun darf. Auch Gaza werde als „besetztes Gebiet“ betrachtet, trotz des Rückzugs von 2005. Tenenbom fragt, warum. „Weil Israel seine Grenze zu Gaza geschlossen hat.“ Tenenbom hakt nach: „Syrien hat seine Grenze zu Israel geschlossen. Hat Syrien, rechtlich gesprochen, Israel besetzt?“ Das sei etwas anderes, sagt der IKRK-Vertreter. Israel verhindere den Zugang zu Gaza durch internationales Gewässer. Tenenbom lässt nicht locker. Ob das IKRK auch Zyprern und Tibet zum „besetzten Gebiet“ erklärt habe. Der „Mann kriegt Kopfschmerzen von mir und hat keine Idee, wie er mit mir umgehen soll.“

Es gibt kaum ein Klischee oder Tabu, das Tenenbom in seinem frisch geschriebenen Buch nicht anpackt. So „erwischt“ er den radikalen Kritiker der israelischen Regierung und Befürworter palästinensischer Positionen, Ha’aretz-Reporter Gideon Levy, dass er keinen einzigen Palästinenser persönlich kenne und als „Freund“ bezeichnen würde. Er nimmt an einer „Friedensbegegnung“ von Israelis, Palästinensern und Jordaniern teil, und erlebt, wie die Israelis ausgegrenzt werden. Als er später den Chef der Adenauer-Stiftung in Jerusalem dazu befragt, ist der „beleidigt“. Er lässt sich von NGOs führen, die alle von Frieden reden, in Wirklichkeit aber nur gegen Israel sticheln. Denn „Friede“ würde sie schnell arbeitslos machen.

„Mitzuerleben, wie die Europäer, von den Deutschen ganz zu schweigen, enorm viel investieren und sich unablässig bemühen, um das Leben der Juden in diesem Land, in Israel, zu untergraben, war eine extrem verstörende Erfahrung.“

‚Allein unter Juden – Eine Entdeckungsreise durch Israel’ von Tuvia Tenenbom erscheint am 10.11.2014 bei
suhrkamp taschenbuch 4530, Klappenbroschur, 473 Seiten, ISBN: 978-3-518-46530-1

2 Kommentare

  1. Traurig, aber wahr. Was Tuvia Tenenbom schreibt ist erschreckend, auch wenn es im heiteren Stil geschrieben ist. Mir persönlich sind die muslimischen Judenhasser mittlerweile sogar lieber als die europäischen Palästinenserfreunde. Erste verbergen ihren Hass nicht – das ist immerhin ehrlich, auch wenn es scheiße ist. Man weiß zumindest woran man bei ihnen ist. Der Judenhass der Europäer sitzt tiefer und versteckt sich hinter wohlfeilen Lügen und faulen Ausreden. Die Europäer sind schlimmer, ohne sie, ihre Medien, ihre NGOs, ihre Fördertöpfe für Terroristen und die Bereitschaft, den orientalischen Zionistenhass willkommen zu heißen, wäre der arabische Antisemitismus kaum der Rede wert.

  2. "Allein unter Juden" ist das bestmögliche Buch zu einem der schlimmsten Verbrechen dieser Zeit: Dem EU- finanzierten Judenhass und der totalen moralischen Bankrotterklärung der Linken. Und dennoch ist es eine hinreißende Liebeserklärung an die Menschen in Nahost. Ob Gläubige oder Soldaten, Huren oder Beduinenfrauen, Politiker oder europäische Naive, er lässt sie alle ausreden. Das Besondere an Tenenboom: Du merkst in jedem Kapitel, selbst wenn er nichts übersieht, jede Lüge aufdeckt: Hier schreibt einer, der gerne mit Menschen zusammen ist. Mal ein Beispiel…Jeder andere hätte hier vielleicht gesagt: Ein paar naive Gänse und diese Begegnung damit abgehakt. Tenenboom lässt die Leute reden und du lachst dich schlapp: "Neben mir sitzen ein paar deutsche
    Mädchen. Sie sind hier, berichten sie mir, weil sie dem palästinensischen
    Volk helfen wollen.
    Ich plaudere mit einer der deutschen Freiwilligen.
    Was hat Sie dazu gebracht, den Palästinensern Ihre Hilfe anzubieten?

    ≫Vor drei Jahren war ich ehrenamtlich in Israel, und ich habe
    mich in das jüdische Volk verliebt.≪
    Und deshalb beschlossen Sie, zurückzukommen?
    ≫Ja.≪
    Vor drei Jahren verliebten Sie sich in die Juden, und deshalb
    helfen Sie jetzt den Palästinensern?
    Sie schaut mich ungläubig an, sichtlich verärgert: ≫Was wollen
    Sie damit sagen?≪ "

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