Warum es Audiatur dringender denn je braucht

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Am Anfang war ein Politiker, der sich unter der Gürtellinie fotografierte. Daraus entstand eine Affäre, welche die Schweizer Öffentlichkeit seit nun mehr zwei Wochen beschäftigt. Seit die Schweiz am Sonntag die Affäre um den Badener Stadtammann und Nationalrat Geri Müller und seine Chatbeziehung mit einer jungen Frau bekannt gemacht hat, ist in den Schweizer Medien die Hölle los. Eine Zeitung versuchte die andere mit weiteren sensationellen Enthüllungen zu überbieten.

Und so dauerte es nicht lange, bis Michèle Binswanger im Tages-Anzeiger die Audiatur-Stiftung als Urheberin eines Anti-Geri-Komplotts verortete. Selbstverständlich sagt Binswanger dies nicht explizit; dazu ist sie schlicht zu clever. Das war aber auch gar nicht nötig: Die unvermeidlichen Kommentarspalten-Journalisten und Verfasser von wütenden Mails an die Stiftung wussten längst Bescheid: Audiatur ist jedes Mittel recht, um sich eines politischen Gegners zu entledigen! Medien stimmten sogleich in den Tenor ein und so wusste auch bald etwa der Blick zu berichten, dass Audiatur den grünen Nationalrat seit Jahren scharf kritisiert.

Das stimmt. Denn Audiatur interessieren die Äusserungen, Haltung und Handlungen von Geri Müller zum Nahen Osten. Darauf – und nur darauf – beruht ihre Kritik, die für jeden nachzulesen ist. Die Audiatur-Stiftung ist nicht im Geringsten an Nacktfotos von Politikern interessiert, weder von Geri Müller noch sonst irgendwem. Mutmassungen diesbezüglich sind lächerlich und dumm. Audiatur schätzt sich vielmehr glücklich, das inkriminierte Material nicht zu Gesicht bekommen zu haben.

Dass aber Müller von der Stiftung scharf kritisiert wird, ist darauf zurückzuführen, dass die Schweizer Medien (mit wenigen lobenswerten Ausnahmen) ihren Job nicht machen. Wiederholt stellen sie ihm eine Plattform zur Verfügung, die er zur Verbreitung der dreistesten Lügen über den israelisch-palästinensischen Konflikt nutzt: etwa, dass in der UN Resolution 242 die Gründung eines Palästinenserstaates und die Rückgängigmachung „der Siedlungen“ gefordert werde (tatsächlich werden in der Resolution aber weder Palästinenser noch Siedlungen auch nur ein einziges Mal erwähnt); dass Gaza (360 km²) so gross sei wie der Kanton Basel Stadt (37 km²). Oder dass Israel willkürlich Leute in Gaza töte, darauf bestehe, dass Palästina nicht existiere und die Autonomiegebiete stattdessen zu „Grossisrael“ gehörten. Umgekehrt behauptet Müller selbstverständlich, dass die Hamas sich von ihrer antisemitischen Charta distanziert und  im Rahmen des „Jimmy Carter-Vertrags“ – den nicht einmal Wikipedia zu kennen scheint – ein Abkommen mit Israel geschlossen habe, das von letzterem gebrochen worden sei.[i]

Doch statt ihn mit seinen eigenen Lügen, seiner Vorliebe für nahöstliche Despoten – von Ahmadinejad über Gaddafi bis jüngst Assad – oder seinen engen Verbindungen zur Hamas als Unterstützer der European Campaign to End the Siege on Gaza (ECESG) und Trustee der Hamas-Lobbyorganisation CEPR (Council for European Palestinian Relations) zu konfrontieren, nehmen ihm Schweizer Medien die Rolle des vielleicht etwas kauzigen Weltverbesserers nur zu gerne ab. Würden die Medien stattdessen ihre Hausaufgaben machen – die Kritik der Stiftung an Müller erübrigte sich.

Stattdessen wird man insbesondere im Hause Tamedia nicht müde, die pro-israelischen Positionen von Audiatur zu betonen; als sei dies etwas Verwerfliches. Die Stiftung hat aus ihrer Position nie einen Hehl gemacht. Und auch wenn bereits in der Vergangenheit von einigen Seiten der Vorwurf der „Propaganda“ zu hören war, hat ihr bislang noch niemand die Verbreitung von Lügen, Falschinformationen oder anderen Unwahrheiten vorhalten können. Im Gegenteil: Als Audiatur im April publik machte, welchen Regime-Hardliner die SVP-Delegation im Iran getroffen hatte, übernahm der Tagesanzeiger den Beitrag praktisch im Wortlaut.

Betrachtet man die hiesige Berichterstattung zu Israel und dem Nahen Osten, verwundert es kaum, dass die Audiatur-Stiftung sich mit ihren Bemühungen um Fairness und Ausgewogenheit unter den hiesigen Medienschaffenden keine Freunde gemacht hat. Die Affäre um Geri Müller muss daher wie ein gefundenes Fressen gewesen sein, eine Möglichkeit, um dem unliebsamen Störenfried endlich mal eins auszuwischen und ein vermeintlich streng geheimes pro-israelisches Netzwerk enttarnen zu können. Dass sich Freunde Israels in der Schweiz dann noch anmassen, sich professionell zu organisieren, dazu gar eine Stiftung zu gründen und dann „handverlesene Meinungsmacher zu Kamingesprächen zu laden“ (was die SonntagsZeitung damit meinte, bleibt einstweilen ihr Geheimnis)? Unerhört! Allein die Verve dieser versuchten Skandalisierung verwundert und zwar aus mehreren Gründen: Einerseits ist Interessensvertretung wahrlich nichts Aussergewöhnliches oder Verwerfliches, gemäss NZZ gehen allein im Bundeshaus in Bern über 400 Lobbyisten ein und aus.  Andererseits muss man sich fragen, ob sich denn auch nur ein einziger Journalist je die Mühe gemacht hätte, die weitverzweigten propalästinensischen Netzwerke und Seilschaften aufzudecken?

Es geht aber noch schlimmer: War man in den Medien und in der Öffentlichkeit vor einigen Wochen noch ganz schockiert über den übersehbaren Antisemitismus junger Muslime im Internet, so wurde nun selbst tief in die Mottenkiste gegriffen. Der Blick am Abend schrieb von einer „jüdischen Verschwörung“ und auch die SonntagsZeitung liess ihre Leserschaft wissen, dass einer der vermeintlichen Verschwörer als „mächtiger und reicher Präsident der israelitischen Kultusgemeinde“ in einer Villa mit Pool über Baden throne wohin er sich zudem noch „hochgedient“ hätte. Die entsprechenden antisemitisch angefeuerten Kommentare im Internet liessen nicht lange auf sich warten. Ihm wurde auch alsbald mit Mord gedroht und damit, dass die Badener Synagoge in die Luft gesprengt würde. Das wiederum nahm ein Nischenjournalist mit sattsam bekannter antiisraelischer Obsession zum Anlass, dem Bedrohten die Bekanntmachung der Morddrohung als „schlechten Stil“ und leicht durchschaubare PR-Massnahme vorzuhalten.

Die Art und Weise wie verschiedene Medien versuchten, die Geri-Müller-Affäre zu einem Komplott pro-israelischer Kreise umzudeuten, zeigt einmal mehr die Notwendigkeit einer Institution wie der Audiatur-Stiftung auf. Solange „Palästinenserfreunde“[ii] wie Geri Müller eine mediale Plattform für die absonderlichsten Nahostmärchen erhalten, wird Audiatur deren Lügen publik machen. Solange in Schweizer Medien bei der Nahostberichterstattung auf fragwürdige Quellen und einseitig voreingenommene Experten gesetzt wird, haben sie von der Stiftung nichts anderes als deutliche Kritik zu erwarten. Und solange vereinzelte Medienschaffende glauben, sich an der Verbreitung von absurden Verschwörungstheorien beteiligen zu müssen und dabei nicht einmal vor antisemitischen Klischees zurückschrecken, wird nichts und niemand die Stiftung davon abhalten können, dies immer wieder öffentlich zu benennen und zu kritisieren.

© Redaktion Audiatur-Online

PS: In den vergangen Tagen erhielten wir viele aufmunternde Zuschriften und Worte der Unterstützung. Dafür bedanken wir uns herzlich.



[i] Den Vertrag erwähnt er in einem Interview mit den Verschwörungstheoretikern von We Are Change aus dem April 2010. Im Interview bezeichnet er zudem die Raketen der Hamas als „Metallhülsen“ und bekundet Zweifel an der offiziellen Version zu den Geschehnissen von 9/11. Siehe: https://www.youtube.com/watch?v=iJPcKRsWAvs#t=648

[ii] Eigentlich handelt es sich bei ihnen fast durchweg um Hamas-Sympathisanten, die nicht nur Israel hassen, sondern auch all jenen einfachen Palästinenser nichts zu bieten haben, die nichts lieber täten, als ihrem Leben – fern von permanenter Mobilmachung gegen Israel und dem daraus für sie resultierenden Elend – nachzugehen und die von Extremisten sowohl islamistischer als auch säkular-nationalistischer Couleur in Ruhe gelassen werden möchten.

6 Kommentare

  1. Wenn man schon dabei ist dann will ich auch meinen dank aussprechen, dafür das es euch gibt 🙂 aus jedem Artikel lernt man was.

  2. Wie wichtig Audiatur ist, erkenne ich daran, dass Audiatur und seine Mitarbeiter Ziel persönlicher,antijüdischer und antiisraelischer Angriffe geworden sind. Audiatur ist eine moralische Instanz, und das missfällt gewissen Personen.
    Erstaunt bin ich, dass sich in der Regel kaum Schweizerjuden und schon gar nicht sogenannte oder selbst ernannte "jüdische Persönlichkeiten" äussern, wahrscheinlich gibt’s die eh nicht mehr. Oder gibt’s wenigstens noch einen im SIG?

  3. Dieses ausgezeichnete Votum spricht einmal mehr für die Sachlichkeit, Fairness und den Stil dieser Plattform.

    Es stünde vielen an, sich daran zu orientieren.

    Danke audiatur online.

    Franziska Pedroietta

  4. Klar, die Juden sind auch dafür verantwortlich, dass sich ein Politiker einer 21 Jährigen im steuergeld-finanzierten Amtsstübchen entblösst. Der Archetyp des bösen Juden hat sich auch in den Köpfen der armen christlichen CH-Sünder festgesetzt. Hauptsache man ist nicht selbst schuld. Das ganze nennt man wahrscheinlich Projektion.

  5. Ich kann Caruso nur beipflichten: Audiatur braucht es dringender denn je zuvor. Es ist zu hoffen, dass auch in andern Ländern mutige Menschen aufstehen und sich gegen diese widerliche Hetze gegen alles, was jüdisch ist, zur Wehr setzen.
    Es ist eine Schande, dass Imame in Europa ungehindert von der Kanzel zum Mord an Juden aufrufen dürfen, z.B. : "Spanish Imam: Allah, Destroy Every Single Jew".

    Leider komme ich nicht mehr in die Webseite von Geri Müller. Ich hätte gerne von ihm gewusst, wie er sich seine politische Zukunft vorstellt.

  6. Na ja, dass Juden sich gegen die Welt verschwören ist altbekannt. Fast so alt wie das jüdische Volk selbst. Naturgemäss sind alle verschwörungsverdächtig, die aufseiten der Juden / Israel stehen. Das kann doch kaum anders sein:-((((
    Bitte bleibt so wie ihr seid! Nicht nur die Schweiz braucht euch, sondern alle die deutsch lesen. Von den Juden / Israel nicht zu reden.
    vlg
    caruso

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