Arafat und der jüdische Staat: Eine Richtigstellung

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Arafat Mausoleum, Foto von Copper Kettle. Lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 über Wikimedia Commons.
Arafat Mausoleum, Foto von Copper Kettle. Lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 über Wikimedia Commons.
Lesezeit: 4 Minuten

Bei seinem Auftritt am 13. März vor dem aussenpolitischen Ausschuss des US-Kongresses hielt es Aussenminister John Kerry für nötig, einen erstaunlich einseitigen und vorverurteilenden Kommentar zu einem zentralsten und schwierigsten Streitpunkte der Verhandlungen abzugeben: Israels grundsätzliche und prinzipielle Forderung, dass Israel als Heimstätte des jüdischen Volkes anerkannt wird.

Kerry meinte, er halte Israels Position „für einen Fehler“, da der „Jüdischer Staat“-Streitpunkt „von der Resolution 181 der UN Generalversammlung in 1947, die Gründung eines unabhängigen arabischen und eines jüdischen Staates in Palästina empfahl, ausreichend adressiert“ worden sei. Er fügte zudem an, dass der verstorbene Palästinenserführer Yassir Arafat „bestätigte, er stimme zu, dass [Israel] ein jüdischer Staat sein werde“ und dies sowohl 1988 als auch 2004.

In dem er sich auf Arafat beruft, versucht Kerry zu demonstrieren, dass die Frage der palästinensischen Unterstützung für einen jüdischen Staat bereits 1988 vom PLO-Führer geklärt wurde. Allerdings – und trotz Kerrys Willigkeit, dies als rückwirkender Beweis für die palästinensische Akzeptanz eines jüdischen Staates zu betrachten – trifft das Gegenteil zu: Die US-Regierung, die sich damals abmühte, Arafat zur Anerkennung von Israels Existenzrecht zu bewegen, glaubte nicht daran, dass Arafats Worte ihrer Bestrebung genügten. Mehr noch, Arafats Statement von 1988 entspricht nicht einmal annähernd der Forderung, dass Palästinenser Israel als Heimstätte des jüdischen Volkes anerkennen.

Ende 1988 wurden grosse Bemühungen unternommen, um den Beginn eines diplomatischen Dialogs zwischen der PLO und den USA zu ermöglichen. Alle US-Regierungen zuvor hatten sich strikt an die US-Verpflichtung gehalten, dass die PLO Israel anerkennen, die UN-Resolution 242 akzeptieren, und sich von Terrorismus distanzieren müsse, bevor mit ihr in einen Dialog getreten wird.

Diese Bemühungen waren einer der Faktoren hinter Arafats Entscheidung, am Treffen des Palästinensischen Nationalrats in Algier, 19. November 1988, eine palästinensische Unabhängigkeitserklärung zu veröffentlichen. Arafats Erklärung beinhaltet nicht eine klare Anerkennung Israels als jüdischen Staat, sondern summierte lediglich die Sprache der UN-Resolution 181 zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für den Palästinenserstaat.

Die US-Regierung folgerte, dass Arafats Statement nicht ihrer Forderung nach der unmissverständlichen Anerkennung des Staates Israels durch die PLO nachkam, und folglich wurde zu der Zeit kein Dialog zwischen Washington und der PLO gestartet.

Weitere Bemühungen zu der Zeit, wie von Schweden bei der Zusammenbringung der Anführer der amerikanischen Juden mit der palästinensischen Führung, sowie während einer Sonder-Session der UN-Generalversammlung, führten nicht zu Verlautbarungen von Seiten der Palästinenser, die die USA zu einer Eröffnung des Dialogs bewogen hätten. Erst unter übermässigem Druck veröffentlichte Arafat widerwillig eine separate Erklärung, die sich dem annäherte, was die USA sehen wollten.

Kerrys Versuch, diese Ereignisse als Beweis für eine bereits erfolgte Anerkennung Israels als des jüdischen Staats durch die palästinensische Führung zu präsentieren, ist eine eindeutige Verzerrung der historischen Tatsachen.

Tatsächlich trifft das Gegenteil zu: Die Palästinensische Nationalcharta, das Gründungsdokument der „moderaten“ Fatah-Organisation und ratifiziert von der 6. Generalversammlung der Fatah-Bewegung in Betlehem 2009, bewilligte einen Plan, welcher das Prinzip der „absolut unwiderruflichen Opposition zur Anerkennung Israels als eines „jüdischen Staates“, um die Rechte der Flüchtlinge und die Rechte unseres Volkes  [israelische Araber] hinter der Grünen Linie zu schützen.“

In zahlreichen Verlautbarungen der vergangenen Wochen haben Palästinenserführer ad nauseam ihre prinzipielle Weigerung wiederholt, einer Anerkennung von Israels Charakter als der Heimstätte des jüdischen Volkes zuzustimmen. Das ist nicht einfach eine politische Laune, sondern repräsentiert vielmehr eine Strategie, um künftigen Einspruch gegen einen Massenzustrom von Palästinensern nach Israel unter dem vermeintlichen „Rückkehrrecht“ zu verhindern.

Mit Blick auf genau dieses Problem, beharrte Israel 2003 während den Nahost-Quartett Gesprächen darauf, dass „offen erklärte Verweise auf Israels Existenzrecht als jüdischer Staat und den Verzicht auf jegliches Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge in den Staat Israel.“

Es war im Übrigen Israels Justizministerin Tzipi Livni, die gegenwärtige Verhandlungspartnerin von Minister Kerry und Mahmud Abbas, die diese Klausel formulierte und auf ihre Einfügung bestand. Vielleicht sollte sich Kerry künftig erst mit ihr beraten, bevor er weiter Verlautbarungen zu dieser Angelegenheit abgibt.

Alan Baker ist ehemaliger Rechtsberater des israelischen Aussenministeriums und ehemaliger Botschafter Israels in Kanada.

Originalversion: Arafat and the Jewish State: Setting the Record Straight
by Amb. Alan Baker © Jerusalem Center for Public Affairs, March 17 2014.

 

Siehe auch den Beitrag von Lee Smith: Wikileaks – Einblicke in Arafat

1 Kommentar

  1. Die amerikanische Nahost-Politik unter Obama ist eine Katastrophe. Nicht weniger als unter G.W. Bush, nur anderswie. Wann kommt die
    US-Administration endlich zu Vernunft? So dass sie die Realität sehen und nicht ihre eigene Wunschträume? Die gleiche Frage könnte man auch den europäischen Politikern stellen.
    lg
    caruso

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