Die Schweiz ist offen für das Geschäft mit dem Iran

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Während seines Auftritts am diesjährigen World Economic Forum in Davos sagte der iranische Präsident Hassan Rohani, dass der Iran „bereit ist, Entrepreneure und grosse Wirtschaftsunternehmen zu begrüssen.“

Nun bleibt abzuwarten, ob der Iran offen für Geschäfte von Unternehmen ist, die begierig darauf sind, die Erleichterung der Sanktionen auszunutzen, die von den USA und ihrer europäischen Verbündeten unter dem Joint Plan of Action beschlossen und letztes Jahr in Genf unterzeichnet wurden.

Eins steht jedoch fest: Abgesehen von ihrer Rolle als Gastgeberin der Rohani Charme-Offensive und der Verhandlungen zum iranischen Atomprogramm, ist die Schweiz nicht nur bereit, sich anderen europäischen Unternehmen im Ansturm auf Teheran anzuschliessen; sie übernimmt auch weiterhin die Rolle der Gastgeberin für iranische Beschaffungsbemühungen.

Seit geraumer Zeit füllt die Schweiz die Handelslücke der wackeligen iranischen Wirtschaft aus. Nach Angaben der staatlich kontrollierten iranischen Medien liegt die Schweiz mit einem Export in Höhe von 1.9 Mrd $ an erster Stelle in Europa. Der Tages-Anzeiger bestätigt diese Summen weitgehend und gibt 1.7 Mrd $ für eine fast identische Zeitspanne an.

Als Nicht-Mitglied der EU konnte Bern jenen Teil der europäischen Sanktionen ignorieren, die für die eigenen Wirtschaftsinteressen ungelegen kamen. Donald S. Beyer, US-Botschafter in der Schweiz, bemängelte im Juni 2012 die fehlende Schweizer Folgebereitschaft: „Wir sind enttäuscht. Wir hätten gerne, dass sie es tun [sich den EU Sanktionen gegen den Iran anzuschliessen].“

Als wäre die Schweizer Nonchalance in Sachen Sanktionen und Geschäfte mit dem Iran nicht genug, nutzt der Iran die Schweiz weiterhin als Zwischenpunkt für seine Bemühungen, Öl zu verkaufen, Beschaffungen zu finanzieren und durchzuführen und im Allgemeinen seine von den Sanktionen betroffenen Aktivitäten mittels verschiedener Zwischenfirmen zu verdecken.

Diese Praxis wurde kürzlich evident, als das US-Finanzministerium ein iranisches Netzwerk von Sanktionssündern identifizierte, dem die European Oil Traders SA (oder EOT SA) angehört, eine Schweizer Firma, die vorher MSL & Co SA hiess.

Pourya Nayebi ist einer von drei iranischen Geschäftsleuten, die in die Umgehung der Sanktionen verwickelt war; im Dezember 2010 in Genf gründete er die Firma mithilfe eines schweizerisch-iranischen Doppelbürgers. Dieser löste diese in Genf nach nur drei Monaten auf und verlegte sie nach Stadel im Kanton Zürich, bevor er von seinem Posten zurücktrat.

Diese Firma hat keine offenkundige Iran-Verbindung – Nayebi, der aktuelle Präsident der Firma, ist Staatsbürger des Inselstaates St. Kitts und Nevis auf den Kleinen Antillen und lebt in Dubai. Die Firma wird von einem Treuhänder geleitet und das Handelsregister gibt keine Auskunft über die Identität der Aktionäre. Das amerikanische Finanzministerium sieht das anders und erklärte, dass die EOT SA aufgebaut wurde, „um irreführende Transaktionen für oder zugunsten von Personen, die von US-Sanktionen gegen Iran betroffen sind, zu ermöglichen.“

Was Nayebi und seine Partner offensichtlich in der Schweiz taten, ist weder ein Einzelfall – noch fiel die Wahl willkürlich auf die Schweiz.

Seit mehr als einem Jahrzehnt wählen vom Iran gestützte Firmen die Schweiz – und besonders den Kanton Zug – als komfortablen Standort zur Gründung von Tarnfirmen. Als Kanton mit dem niedrigsten Steuersatz in der steuerfreundlichen Schweiz ist Zug seit jeher ein Anziehungsmagnet für Unternehmen; örtliche Treuhänder können als Strohmänner für die echten Besitzer fungieren und bis vor kurzem noch konnten Kunden anonyme Bankkonten eröffnen. Ist eine solche Firma erst einmal gegründet, können iranische Transaktionen in Zug der Kontrolle entkommen und zugleich grosse Profite einheimsen.

Die Iran Foreign Investment Company IFIC, die seit 2010 von US-Sanktionen betroffen ist, führte bis 2012 eine Tochtergesellschaft in Baar (Zug). Anders als ihre Mutterfirma war SWIFIC Holding, mittlerweile liquidiert, von den Sanktionen unberührt.

mapna
Logo der Mapna Group

Die IFIC war kein Einzelfall. Mapna ist ein iranisches Konglomerat für nachgelagerte Energie, dem über 30 Firmen angehören; darunter einige, wie die Mapna Europe GmbH (amtlich eingetragen in Düsseldorf), die 2011 von der  britischen Regierung als „bedenkliche Unternehmen“ in Bezug auf Beschaffung von Massenvernichtungswaffen genannt wurden. Obwohl nicht sanktioniert, wird die Mapna beschuldigt, als Tarnung für Angehörige der iranischen Revolutionsgarden in Syrien fungiert zu haben; Bis vor kurzem war noch der Luftwaffenkommandant der Revolutionsgarden Mitglied des obersten Management.

Mapnas Tätigkeiten in Zug scheint die Firma Zutec AG zu sein. Laut Handelsregistereinträgen ist Hooman Amirpour, CEO von Mapna Europe, Direktor der Zutec AG. Doch von dieser Verbindung wüsste man nichts  – denn Zutec wird gänzlich von Schweizer Staatsbürgern geleitet, die als Treuhänder für die wahren Inhaber agieren.

Nummernkonten sind in der Schweiz zwar nicht mehr erlaubt, doch die Schweiz bleibt weiterhin ein günstiger Standort für all jene, die ihre Tätigkeiten gerne diskret abwickeln. Iranische Firmen machen das, indem sie eine Firme gründen und dann den Firmensitz in einen anderen Kanton verlegen, wie das Beispiel mit EOT gezeigt hat. Dieses simple Vorgehen erschwert es, Firmen zurückzuverfolgen, besonders wenn sie während dieses Vorgangs den Namen der Firma ändern, wie es EOT tat. Oder sie übergeben die Firma einem Treuhänder, der die echten Inhaber vor dem Rampenlicht abschirmt.

Das hat zur Folge, dass die Schweiz mit ihrer Tradition des Bankgeheimnisses und unternehmerischer Diskretion die Rolle der Gastgeberin für iranische Firmen spielt, die mit allem handeln – von der Öl- bis Automobilbranche, von wertvollen Metallen bis Finanzierung, einschliesslich von Sanktionen betroffener Firmen.

Die Automobilbranche, die im Juni 2013 von den USA sanktioniert wurde, hat die Schweiz genutzt, um die Identitäten ihrer Firmen und Tätigkeiten zu verbergen. Diese Sanktionen wurden nun unter dem Interims-Abkommen suspendiert. Dennoch scheint es, dass iranische Autohersteller die diskrete legale Tarnung bevorzugen, die das Schweizer Unternehmensrecht anbietet, als sich offen darzulegen, wie es grosse Firmen handhaben, die im Ausland eine Tochtergesellschaft gründen.

Der grösste Autohersteller, Iran Khodro oder IKCO, kontrolliert zwei Firmen, die bei einem Treuhänder in Genf registriert sind; formell gehören sie der IKCO Tochtergesellschaft in London und Düsseldorf, genauer gesagt deren Managern. Saipa, der zweitgrösste iranische Autohersteller, scheint auch durch einen Namensvetter in Genf aktiv zu sein, der im Handel mit Ersatzteilen für die Automobilbranche tätig ist und von einer Privatadresse aus geleitet wird, die dem gleichen schweizerisch-iranischen Doppelbürger gehört, der EOT im Namen von Nayebi eingetragen hat.

Tondar 90, hergestellt von Iran Khodro (Bild: Wikipedia)
Tondar 90, hergestellt von Iran Khodro (Bild: Wikipedia)

Manchmal sind die Namen der Aktionäre bekannt – doch oftmals, wie im Fall iranischer Tarnfirmen, gehören diese Privatpersonen, die entweder für börsennotierte Unternehmen aus dem Iran arbeiten oder einst tätig waren – und die ihnen und ihren Treuhändern  zusätzlich weitere glaubwürdige Bestreitbarkeit liefern.

Jeder weiss, dass beispielsweise die Naftiran Intertrade Company Ltd oder NICO, eine ausländische Tochtergesellschaft der National Oil Company des Iran (NIOC), ihren Sitz von der britischen Kanalinsel Jersey nach Pully verlegt hat. NICO wurde von OFAC 2008 designiert; sie wurde 2013 unter Executive Order 13382 wegen Hilfeleistung iranischer Proliferationsbemühungen sanktioniert. In einem Interview mit iranischen Medien am 18. Januar 2012 räumte der damalige CEO von NICO und Senior Executive von NIOC, Seifollah Jashanshaz, ein, dass NICO ‚an der Spitze‘ aller Bemühungen stand, iranisches Öl trotz internationaler Sanktionen zu verkaufen. Er behauptete, dass NICO dabei fast eine halbe Million Tonnen Öl pro Tag verkaufte  und nannte Nico ‚eine Schildwache gegen Sanktionen‘.

Weniger bekannt ist, dass die Firma und seine Exekutive – als Naftirans Rolle beim Verkauf iranischer Energieprodukte und der Beschaffung seiner Technologien öffentlich bekannt wurde – in ein Katz-und-Maus Spiel verwickelt waren, bei dem sie in der Schweiz Firmen gründeten, liquidierten und wiedereröffneten. NICO ist weiterhin offizielle Besitzer von NICO Ltd, die in Jersey ansässige Firma, die nun ihren legalen Aufenthalt in die freundlicher gesinnte Offshore-Jurisdiktion von Labuan, Malaysia verlegt hat. Zwischenzeitlich waren eine Reihe ehemaliger iranische Partner damit beschäftigt, neue Firmen aufzubauen. Einige wurden seither sanktioniert – wie Pearl Energy (November 2010) oder Petro Suisse Intertrade (Juli 2012)

Laut dem US-Finanzministerium war die Pearl Energy Services eine Tochtergesellschaft der Pearl Energy Company, einem von einer Niederlassung der Bank Mellat gegründeten Unternehmenzur Unterstützung der iranischen Ölindustrie. Gemäss Angaben im Schweizer Handelsregister befand sich die Pearl Energy Services, die nun aufgelöst ist, vollumfänglich im Besitz des ehemaligen NICO CEO, in ihrem Verwaltungsrat befand sich  der Generaldirektor der Bank Mellat Türkei, Sheikh Tabag Younes Hormozi, und sie wurde liquidiert einem anderen Iraner, Abdollah Emadi Allahyari, ehmaliger Direktor der Londoner Filiale der von UN-Sanktionen betroffenen Bank Sepah – die Bank der iranischen Revolutionsgarden IRGC. Aber es bedeutet gar nichts, dass diese Firmen geschlossen wurden. Firmen kommen und gehen – ihre Manager sind in der Schweiz, dank ihrer günstigen Unternehmensbedingungen, weiter aktiv am Aufbau von Fassaden, um Sanktionen zu umgehen.

Im Lauf der Jahre wurden einige dieser Firmen von westlichen Regierungen enttarnt und ins Visier genommen – doch während Iraner infolge schwerer fassbar geworden sind, scheint Schweiz als ihre Gastgeberin nicht realisiert zu haben, wie einfach sich ihre Unternehmensgesetze für die iranischen Bemühungen eignen, um die Sanktionen zu umgehen.

Auf die Aussagen des iranischen Präsidenten Rohani erwiderte Staatssekretärin für politische Angelegenheiten im US-Aussenministerium Wendy Sherman kürzlich, dass der Iran in der Tat für Geschäfte nicht offenstehe.

Die Unterbindung des iranischen Zugangs zur Schweiz für seine Sanktionen sprengende Tätigkeiten, wäre ein grosser Schritt, um sicherzustellen, dass sie damit den Nagel auf den Kopf trifft.

Emanuele Ottolenghi is a Senior Fellow at the Foundation for Defense of Democracies, where Mr Benjamin Weinthal is a Research Fellow. 

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von Forbes.

Originalversion: Switzerland Is Open To Iranian Businessby Emanuele Ottolenghi and Benjamin Weinthal © Forbes Magazine, March 25, 2014.