Abbas und das „Recht auf Rückkehr” werden John Kerry eine Schlappe einbringen

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Barack Obama und Mahmoud Abbas. Foto PD
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Sollten die Kerry-Verhandlungen für einen israelisch-palästinensischen Frieden scheitern, werden viele Beobachter in Europa und sogar in den USA die Enttäuschung darüber Israel zuschreiben, besonders der „israelischen Rechtsregierung“ unter Ministerpräsident Netanyahu.

Zu dieser Schlussfolgerung gelangt man nur, wenn man die vielen Aussagen und Positionen ausblendet, die vom palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas vertreten werden. Seine jüngsten Aussagen galten jungen Fatah-Aktivisten am 6. März, abrufbar auf der Webseite von MEMRI. Für Abbas waren „Flüchtlinge“ und das „Recht auf Rückkehr“ das Thema. Nachfolgend ein Auszug seiner Worte:

[pull_quote_center]Jeder Palästinenser, von Kanada bis Japan – das schliesst die im Ausland lebenden Palästinenser mit ein – muss dem Vorschlag zustimmen. Sie werden dafür oder dagegen stimmen. Falls sie dagegen stimmen, wird der Vorschlag nicht angenommen…Das Recht auf Rückkehr ist ein persönliches Recht. Wenn du ein Flüchtling bist, ist dein Sohn ebenfalls ein Flüchtling. Vielleicht entscheidest du dich, dieses Recht abzutreten, während sich dein Sohn anders entscheidet, oder umgekehrt. Es steht deinem Sohn frei. Wenn wir sagen, dass es eine persönliche Entscheidung ist, heisst das, dass er für sich selbst entscheiden kann. Wir alle treffen eine Wahl: Eine Option ist, dort zu bleiben wo wir sind – in Jordanien, im Libanon und so weiter – und Wiedergutmachung zu erhalten. Er kann sich aber auch dazu entscheiden, in den Staat Israel zurückzukehren. In diesem Fall, erhält er Wiedergutmachung und kehrt zurück…Alle Flüchtlinge, die heute 5 Millionen zählen, und ihre Nachfahren gelten als Flüchtlinge von 1948.[/pull_quote_center]

Das ist eine beeindruckende Aussage; sie erledigt mehr oder weniger jede Aussicht auf ein Friedensabkommen. Warum?

In jeder echten Verhandlung werden Israel und die PLO Kompromisse eingehen müssen und es ist klar, dass sich die PLO von der Vorstellung verabschieden muss, dass fünf Millionen Palästinenser das Recht haben, nach Israel zu ziehen. Keine israelische Regierung wird je ein solches Abkommen unterzeichnen, das Israel zu einem arabischen Mehrheitsstaat macht.

Indem er das „Recht auf Rückkehr“ für jeden Palästinenser zu einem persönlichen Recht macht, besagt Abbas damit, dass die PLO kein Recht hat, zu verhandeln und ein Abkommen zu unterzeichnen, welches dieses „Recht“ negiert oder begrenzt. Sollte das tatsächlich die Position der PLO sein, wird es nie ein Abkommen geben.

Zweitens, falls es Abbas doch nicht so meinen sollte, bereitet er aber offensichtlich sein Volk nicht auf einen Kompromiss vor, den Frieden mit sich bringt.

Drittens, seine Definition von „Flüchtling“ ist so weit ausgedehnt wie nur irgend möglich. Gemäss Abbas hat ein Palästinenser, der 1948 oder 1967 Israel verlassen hat, das Recht, sich in Israel niederzulassen oder dies abzulehnen, aber seine Ablehnung bindet nicht seine im Ausland geborenen Kinder an diese Wahl. Sein Sohn, und vermutlich sein Enkel, die beispielsweise die kanadische Staatsbürgerschaft besitzen, haben ihr eigenes Recht, nach Israel zu ziehen. Fünf Millionen eigenen Entscheidungen, sagt Abbas.

Viertens, laut Abbas erhält jede Person Wiedergutmachung. Die nach Palästina ziehen, erhalten Wiedergutmachung; die nach Israel „zurückkehren“, erhalten Wiedergutmachung; die nach Kanada ziehen und dort bleiben, erhalten Wiedergutmachung und so weiter. Konkret heisst das, dass ein Mann oder Frau, der/die in Jordanien oder Kanada geboren wurde und dort die volle Staatsbürgerschaft besitzt und dort bleibt, Wiedergutmachung erhält. Das ist eine schöne Fantasie, die ein Politiker beschreibt – jeder Palästinenser als Teil dieser Bonanza – aber genau das ist es eben: ein Fantasie. Einmal mehr hat das weder mit den eigentlichen Entscheidungen zu tun, die für Frieden vonnöten sind, noch mit der Vorbereitung der Palästinenser auf die reelle Zukunft.

Letztendlich ist es nicht falsch, zu wichtigen nationalen Entscheidungen ein Referendum abzuhalten. Die Schweizer machen das schliesslich andauernd, den Schotten steht eins bevor, wenn sie demnächst darüber abstimmen, ob sie ein Teil Grossbritanniens bleiben wollen oder nicht, und Palästinenser und Israels könnten ein Referendum zum Friedensabkommen durchführen. Die Frage ist, wer wahlberechtigt ist. Abbas will nicht nur Palästinenser im Westjordanland und Gaza und Wahlberechtigte in der PA zulassen, sondern „jeden Palästinenser von Kanada bis Japan.“ Abbas spricht von fünf Millionen Flüchtlingen. Als er 2005 zum Präsidenten gewählt wurde, gab es 800.000 Wähler, was als 2/3 Wahlbeteiligung galt und auf 1.2 Millionen wahlberechtigte hinwies. Das bedeutet also, dass fast vier Millionen Palästinenser wahlberechtigt würden, die weder im Westjordanland und Gaza leben, oder auch weniger, wenn man Minderjährige abzieht – aber immerhin wären es sieben Mal mehr Wahlberechtigte als dann im zukünftigen Palästina leben.

Ein bedeutsames und grosszügiges Friedensabkommen, das aber das „Recht auf Rückkehr“, das Abbas jedem einzelnem palästinensischen „Flüchtling“ zuspricht, ausschliesst, könnte von Palästinensern im Libanon, Jordanien und Syrien abgelehnt werden. Gerade erst wurde ihnen mitgeteilt, dass nun 2014 inmitten der Friedensverhandlungen, Abbas ihnen das Recht verschaffen wird, nach Israel zu ziehen und dass sie alle Wiedergutmachung erhalten werden. Wenn das endgültige Abkommen doch nicht die Möglichkeit beinhaltet, nach Israel zu ziehen, oder ihnen die Wiedergutmachung nicht angemessen erscheint, werden sie mit Nein stimmen.

Abbas‘ Manöver macht ein aufrichtiges Friedensabkommen unrealistisch und in der Tat unmöglich. Die Bedingungen, die er just dargelegt hat, werden nie eingehalten werden können. Statt sich auf den Frieden vorzubereiten, macht er es nicht nur sich selbst unmöglich, einen Vertrag zu unterzeichnen, sondern ordnet Bedingungen an, die es auch für seinen Nachfolger unmöglich machen werden, einen Vertrag zu unterzeichnen.

Vom CFR.org. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung. Für weitere Analysen und Blogeinträge über den Nahen Osten und Aussenpolitik besuchen Sie CFR.org.

Originalversion: Abbas and the “Right of Return” Will Defeat John Kerry by Elliott Abrams © Council on Foreign Relations, March 12, 2014.

3 Kommentare

  1. Darf ich hier in diesem Kontext einwenden, was aus meiner Sicht immer wieder ausgeklammert wird: Was ist eigentlich ein Palästinenser? Wie wird "ein Palästinenser" genau definiert? Ich habe bis heute noch keine saubere und überzeugende diesbezügliche Definition gehört! Warum wird im Zusammenhang mit "palästinensischen" Flüchtlingen nie das Los der jüdischen Flüchtlinge aus arabischen Ländern, die unter echten Verfolgungen vor und nach der israelischen Staatsgründung zu leiden hatten, aufs Tapet gebracht?

  2. "Abbas spricht von fünf Millionen Flüchtlingen."

    Hhhmmm, vermutlich ist das als Untergrenze anzusehen, da kommen dann sicher noch ein paar dazu. Die nächste Flüchtlingsenkelkindergeneration wartet auch schon auf ihre Rückkehrrechte. Auf jeden Fall dürfte es dann ganz schön eng werden in Israel.

    Weiter will er Wiedergutmachung einfordern. Wofür? Wegen der unzumutbaren Erfahrung neben Juden bzw. Israelis leben oder ihre Existenz hinnehmen zu müssen. Oder weil nach mehreren erfolglosen Versuchen, das Gegenteil umzusetzen, posttraumatische Frustrationen aufgetreten sind.

    Aber die jährlichen Zuwendungen der UNO könnten dann doch eingestellt werden? Ach so, die sollen natürlich zunächst auf unbestimmte Zeit weiterlaufen, weil die UNRWA infolge des enorm gestiegenen Verwaltungsaufwandes nunmehr erheblich vergrößert werden muss um das alles zu organisieren und zu überwachen, das leuchtet ein. Man hat schließlich lange genug gedarbt.

    Diese „Forderungen“ werfen erneut ein bezeichnendes Licht auf die PA-Führung. Man zelebriert sich zum wiederholten Male erfolgreich als „Opfer“. Irgendwelche Zahlungswilligen werden sich schon finden, die stehen hier in Europa – aber auch in den USA – geradezu Schlange.

  3. Nur ein Blinder sieht nicht, nur ein Dummkopf versteht nicht, dass es die PalAraber sind, die einen Friedensschluss unmöglich machen. Die
    Politiker die das nicht sehen, nicht verstehen, sind weder blind noch dumm. Sie wollen es nicht sehen, nicht verstehen. Sie hätten es am liebsten – bewusst, unbewusst, im Endeffekt egal – würde Israel verschwinden. Nachdem sie dies aus den bekannten Gründen nicht offen sagen können, versuchen sie es auf diese Weise: was immer geschieht ist Israel schuld. Eine prima Gesellschaft, die Politiker. Wie immer: Ehre der Ausnahmen, die es ja auch gibt.
    lg
    caruso

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