Übersicht ökonomische Situation im Westjordanland und Gazastreifen

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Die Regierung des Staates Israel sieht den bilateralen Prozess mit den Palästinensern als den einzigen Weg, um eine dauerhafte, auf der Grundlage zweier Staaten basierende, Lösung für eine friedliche Koexistenz zu erreichen. Trotz der angespannten Bedrohungslage, insbesondere aus dem Gazastreifen, unternimmt Israel zahlreiche vertrauensbildende Maßnahmen und unterhält einen bilateralen Dialog mit der PA über verschiedene Belange, mit dem Ziel, die palästinensische Infrastruktur in ökonomischen Bereichen und die Lebensbedingungen – auch durch intensive Kooperation Israels mit internationalen Organisationen – zu verbessern.

Dialog der Finanzministerien

Der israelische Finanzminister Yair Lapid und sein palästinensischer Amtskollege Shukri Bishara erneuerten im Juni 2013 den Dialog zwischen den beiden Seiten. Die Minister trafen sich erneut am 1. September des Jahres und besprachen eine mögliche Ausdehnung der bestehenden wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Neben den Treffen auf politischer Ebene fanden mehrere Treffen auf Arbeitsgruppenebene unter Leitung der jeweiligen Steuerbehörden statt. Begleitend dazu werden zu verschiedenen anderen Themen Besprechungen abgehalten, unter anderem zum Steuersystem und der Schaffung einer einheitlichen Besteuerung für Produkte, die die Übergänge passieren, zur Einrichtung von Zolllagerhäusern und von Pipelines für Treibstoffe.

Alle übrigen Themen werden in Arbeitsgruppen als Teil des Dialogs der Finanzministerien behandelt, zuletzt am 30. Oktober 2013.

Ein erster Erfolg dieser Kontakte konnte am 15. Juli verzeichnet werden, als Israel ein Computer-Interface zwischen dem israelischen Verwaltungssystem für Steuern und Zölle (MALAM und SHAAM) und dem palästinensischen System einrichtete. Seitdem werden der PA täglich Zolldaten übermittelt. Diese Maßnahme ermöglicht es den Palästinensern, Steuern besser einzuziehen und zu verwalten, und soll nicht nur die Arbeit der palästinensischen Zollbehörde (PACE) effizienter machen, sondern der PA auch erhöhte Einnahmen durch Zölle einbringen. Zusätzlich wird von der israelischen Seite eine Reihe von Kursen, Touren und Fortbildungsmaßnahmen für palästinensische Zoll- und Steuerbeamten organisiert.

Elektrizität

Ein weiterer Gegenstand der Verhandlungen sind die palästinensischen Schulden bei der israelischen Elektrizitätsgesellschaft, die vor kurzem die Marke von einer Milliarde Schekel (etwa 200 Millionen Euro) übertrafen. Diese Schulden wachsen jeden Monat um 60-80 Millionen Schekel (etwa 12-16 Millionen Euro). Es muss ein Weg gefunden werden, diese Schulden zu begleichen, den Steuereinzug der PA effizienter zu machen und den Schuldenanstieg zu stoppen.

Steuertransfer

Seit März 2013 transferiert Israel Steuergeld, das jeweils zu Monatsbeginn für die PA eingezogen wird. Seit Anfang des Jahres wurden der PA 850 Millionen US-Dollar an Steuergeld überwiesen, abzüglich von Zahlungen für Elektrizität, Wasser und Gesundheitsdienste.

Während der Haushaltskrise der PA in der zweiten Jahreshälfte 2012, überweis Israel der PA einen „Vorschuss“ von 900 Millionen Schekel (etwa 180 Millionen Euro), damit die Gehälter von Angestellten bezahlt werden konnten. Nach derzeitigem Stand müssen von dieser Summe noch 560 Millionen Schekel zurückbezahlt werden.

Der gemeinsame Rechtsausschuss (Joint Legal Committee)

Auch der israelisch-palästinensische Rechtsausschuss nahm am 15. September, nach einer dreijährigen Unterbrechung, mit einem Treffen des israelischen Generaldirektors im Justizministerium und des stellvertretenden palästinensischen Justizministers wieder seine Arbeit auf. Es wurde beschlossen, weitere Treffen in den kommenden Monaten abzuhalten, außerdem wurde ein Unterausschuss eingerichtet, der verschiedene Angelegenheiten behandeln soll.

Weitere gemeinsame Ausschüsse

Die Arbeitsgruppe für Tourismus in Israel und der PA Zivilausschuss erörterten bei einem Treffen mögliche Schritte zur Tourismusentwicklung, wie Touristenvisa für jordanische Staatsbürger und einen erhöhten Busverkehr.  Der Ausschuss für Wasser steht unter der Federführung des Obersten Zivilkommitees und hat ebenfalls beschlossen, weitere Treffen des gemeinsamen Ausschusses zu organisieren.

Beschäftigung palästinensischer Arbeiter in Israel

Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit insbesondere unter jungen Leuten in den von der PA verwalteten Gebieten, erhöhte Israel die Zahl der Arbeitsgenehmigungen für Palästinenser in Israel um 5000. Damit wurden die Zahl von 10 000 Genehmigungen, die in 2012 erteilt wurden, aufgestockt, so dass nun insgesamt 53 000 Palästinenser eine solche Erlaubnis haben (dies schließt Saisonarbeiter in der Landwirtschaft ein). Derzeit verdienen mehr als 100 000 Palästinenser ihren Lebensunterhalt in Israel, darunter 30 000 illegale Arbeiter, oder werden von Israelis im Westjordanland beschäftigt. Ihr Einkommen entspricht mehr als 10 Prozent des palästinensischen Bruttosozialprodukts.

Darüber hinaus hat Israel die Kriterien für Beschäftigung in Israel entschärft und die Zahl der Übernachtungsgenehmigungen für palästinensische Arbeiter erhöht , um die Zahl der in Israelarbeitenden jungen Palästinenser zu steigern und die Arbeitsbedingungen für viele andere zu erleichtern.

Industriegebiete im Westjordanland

Die Erhöhung von Arbeitserlaubnissen für Israel ist eine kurzfristige Lösung. Mittelfristig unterstützt Israel die Schaffung von Arbeitsplätzen in den palästinensischen Gebieten. Um diesem Ziel näher zu kommen, nahm der Minister für Regionalentwicklung, Silvan Shalom, an einem Treffen von vier Parteien teil (Israel, PA, Jordanien und Japan), das im Juni in Jericho stattfand und der Entwicklung eines Industrieparks (Jericho Agrar-Industriepark – JAIP) gewidmet war, der von Japan finanziert wird. Nach japanischer Schätzung werden durch den Park 7000 neue Stellen geschaffen. In der ersten Fabrik im Industriegebiet Bethlehem, mit französischer Hilfe gebaut, läuft bereits die Produktion. Israel begrüßt diese Entwicklung.

Erleichterung von Personen und Güterverkehr

Israel arbeitet weiter an der Verbesserung des Personen- und Güterverkehrs im Westjordanland. Während des letzten Ramadan und im Laufe des ganzen Sommers kamen etwa eine Million Palästinenser nach Israel. Heute existieren 12 Checkpoints, die normalerweise geöffnet sind. Damit ist ein ununterbrochener Verkehrsfluss gewährleistet. Israel baut die Passierstellen für Güter weiter aus. So wurde beispielsweise am Übergang Jalama im Oktober 2013 ein Scanner installiert, um den Transport auch von Containern aus dem Hafen in Haifa zu erleichtern. An den Übergängen Tarkumiya und Shaar Ephraim sind solche Scanner bereits in Betrieb. Damit wurde die Durchgangszeit an den Übergängen verkürzt, die etwa 45 Minuten beträgt. In der ersten Hälfte des Jahres 2013 passierten mehr als 190 000 Lastwagenfuhren mit Gütern die Übergänge zwischen Israel und dem Westjordanland, eine Steigerung von 12% im Vergleich zu einem vergleichbaren Zeitraum des Vorjahrs. Israel verlangt an diesen Übergängen keine Steuern, trotz der erheblichen Betriebskosten, die jedes Jahr Hunderte Millionen Schekel betragen. An der Allenby-Brücke wurden vor kurzem Arbeiten an einer Aufenthaltshalle abgeschlossen, die den Komfort für Touristen und andere Reisende erhöhen soll. Israel investiert etwa 10 Millionen US-Dollar, um einen Cargo-Scanner am Terminal zu installieren (der Scanner selbst wurde von der niederländischen Regierung gespendet). Zudem wurden ab dem 24. Oktober die Öffnungszeiten des Übergangsausgedehnt; das Terminal ist für Passagiere von Sonntag bis Donnerstag jeweils von 7:30 Uhr bis 1:30 Uhr und von Freitag bis Samstag jeweils von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr geöffnet.

Handel zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten

Exporte nach Israel machen 89% der palästinensischen Gesamtexporte aus und beliefen sich bis Juni des Jahres auf 63,7 Millionen US-Dollar (Angaben des Palestinian Central Bureau of Statistics). Importe aus Israel machen 66% der palästinensischen Importe aus, hier beläuft sich der Gesamtbetrag auf 256 Millionen US-Dollar (Stand Juni 2013). Dazu kommen hunderttausende arabischer Israelis, die in die Städte im nördlichen Westjordanland reisen und für Einkäufe und Dienstleistungen etwa 70,7 Millionen US-Dollar jährlich ausgeben. Dieser Wirtschaftsfaktor wird in den Statistiken des israelisch- palästinensischen Handels nicht erfasst, stärkt aber deutlich die palästinensische Wirtschaft.

Energie

Vier Umspannwerke werden von den Israelischen Elektrizitätswerken derzeit gebaut, um die Stromversorgung und die Versorgungsqualität im Westjordanland zu verbessern. Die Gasfelder im Meer vor dem Gazastreifen sind eine wichtige potentielle Quelle sauberere Energie für die PA und der damit verbundene Gewinn könnte erheblich zu einem ausgeglichenen Haushalt der PA beitragen. Israelische und palästinensische Verantwortliche stehen zu diesem Thema in Kontakt.

Wasser

Israel versorgt das Westjordanland mit jährlich 53 Millionen Kubikmeter Wasser (etwa 22 Millionen Kubikmeter mehr als in den Oslo-Verträgen vorgesehen). Das Wasser wird mit dem ursprünglichen Preis von 2,6 Millionen Schekel berechnet (1,26 Millionen Schekel unter dem Wasserpreis für israelische Einrichtungen). In anderen Worten: Israel bezuschusst die Wasserversorgung der PA mit 18,9 Millionen US-Dollar jährlich. Im Sommer 2013 erhöhte Israel die Wasserversorgung der PA um 11 000 Kubikmeter täglich (etwa 4 Millionen Kubikmeter jährlich). Darüber hinaus arbeitet Israel am Ausbau von 136 Brunnen im Westjordanland. In einer ersten Phase wurden 54 Brunnen genehmigt. Die PA hat bereits Wasserzähler an 17 dieser Brunnen installiert. Im nächsten Schritt wird die JWC prüfen, wie mit den verbleibenden Brunnen verfahren wird.

Entwicklung in Gebiet C

In den vergangenen Jahren hat Israel mehr als 300 Projekte im Gebiet C – das Gebiet unter vollständiger israelischer Kontrolle – genehmigt, wo etwa 90 000 Palästinenser leben (etwa 3% der Bevölkerung im Westjordanland). Israelfördert 19 Bebauungspläne für palästinensische Siedlungen im Gebiet C und bietet einen kurzen Antragsweg an, um die Genehmigung der Projekte zu erhalten, die von der internationalen Gemeinschaft unterstützt werden.

„Preisschild“- Angriffe

Israel verfolgt mit großer Sorge die oft gewaltsamen Vorfälle, die als „Preisschild“-Angriffe (hebr. tag mechir) bekannt wurden und hat die präventiven und juristischen Anstrengungen gegen diese Vorfälle erhöht. Aufgrund eines Regierungsbeschlusses richtete die israelische Polizei 2013 eine Sondereinheit für das Westjordanland ein, die viele Millionen Schekel jährlich kostet. In der Einheit, die auf 80 Polizisten ausgeweitet werden soll, dienen zurzeit 30 Polizisten. Im Jahr 2013 wurden bislang 165 Akten zu „Preisschild“-Aktionen angelegt, 76 Personen wurden verhaftet und 31 Verfahren eingeleitet. „Preisschild“ wurde als illegale Organisationen eingestuft und entsprechende einstweilige Verfügungen in Kraft gesetzt. Kommissar Yohanan Danino betonte, man könne diese Vorfälle nicht ernst genug nehmen und der Bekämpfung müsse oberste Priorität eingeräumt werden.

Tourismus

Im Jahr 2013 besuchten 1,8 Millionen Touristen das Westjordanland, ein Anstieg von 12% im Vergleich zu 2011. Israel investiert jährlich eine halbe Million Schekel in den Übergang Rachelsgrab, um die Passage von Touristen nach und aus Bethlehem zu erleichtern.

Gesundheit

Etwa 5800 Palästinenser wurden im Jahr 2012 zur Notfallbehandlung in israelische Krankenhäuser gebracht. In der ersten Jahreshälfte 2013 waren es mehr als 94 000 Palästinenser, die in Israel in Krankenhäuser eingeliefert wurden. Israel stellte in den Jahren 2012-2013 etwa 632 000 Euro bereit, um die Krankenkosten palästinensischer Patienten in Israel abzudecken. 2455 medizinische Fachkräfte aus der PA nahmen im selben Zeitraum an Ausbildungskursen in Israel teil.

Landwirtschaft

Nach Auskunft des palästinensischen Statistikamtes beruhen 11% der palästinensischen Wirtschaft auf Landwirtschaft. Mehr als 52 Tonnen landwirtschaftlicher Produkte wurden in der ersten Jahreshälfte 2013 nach Israel exportiert, ein Anstieg von 71% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Etwa 5000 Tonnen landwirtschaftlicher Produkte wurden aus der PA über Israel ins Ausland exportiert. Israel bietet Weiterbildungskurse für palästinensische Bauern an, um ihnen zu helfen, die Qualität ihrer Produkte zu verbessern. In der ersten Jahreshälfte 2013, nahmen 743 palästinensische Bauern an solchen Kursen in Israel teil. Zudem hat Israel ein Projekt zur biologischen Schädlingsbekämpfung der Mittelmeer-Fruchtfliege mit etwa 52 000 Euro finanziert und mehr als 210 000 Euro für Programme zur Verbesserung palästinensischer landwirtschaftlicher Produkte bereitgestellt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die palästinensische Olivenernte im Jahr 2012 um 12% höher ausfiel als 2011. Palästinensische Bauern verdienten schätzungsweise 6,76 Millionen Euro.

Gazastreifen

Projekte

In den letzten drei Jahren bewilligte Israel 277 Entwicklungsprojekte der internationalen Gemeinschaft im Gazastreifen, 16 davon erst vor kurzer Zeit.

Wasser

Israel bewilligte zuletzt die Lieferung zusätzlicher 5 Millionen Kubikmeter Wasser, was einer Verdoppelung der Wassermenge entspricht, die Israelin den Gazastreifen transferiert. In naher Zukunft werden Arbeiten für eine zusätzliche Röhre in der Gegend Nahal Oz, die eine erhöhte Versorgung des Gazastreifens ermöglichen wird. Israel unterstützt die Fertigstellung einer von der Weltbank finanzierte Kläranlage im nördlichen Gazastreifen und bewilligte die Einfuhr der dafür notwendigen Ausrüstung und des Baumaterials. Zudem hilft Israel der Weltbank bei einem weiteren Projekt, mit dessen Hilfe die Leistung des Elektrizitätswerkes im Gazastreifen gesteigert wird, so dass dieses den Bedarf des Klärwerks abdecken kann.

Baumaterial

Über das Baumaterial für internationale Projekte hinaus, erhöhte Israel deutlich die Menge des sonstigen Baumaterials für den privaten Sektor von 20 auf 70 Lastwagenladungen am Tag (jeweils 20 Ladungen Betonzuschlag und Zement, sowie 10 Ladungen Eisenstangen). Angesichts des jüngsten Vorfalls am 13. Oktober, als ein betonierter, gut ausgebauter Tunnel entdeckt wurde, der den Gazastreifen mit Israel verband und zweifellos terroristischen Zwecken dienen sollte, hat Israel jedoch diesen Lieferungen vorerst eingestellt.

Übergang Keren Shalom

Jeden Tag werden 380 bis 420 Lastwagenladungen Verbrauchsgüter über den Terminal in den Gazastreifen geschafft, zusätzlich zu Treibstoff und Kochgas. Mehrere Dutzend Ladungen mehr könnten über den Terminal jeden Tag abgefertigt werden.

Mobilfunk Wataniya im Gazastreifen

Vor kurzem bewilligte Israel die Belieferung des Gazastreifens mit technischer Ausrüstung von Wataniya, der palästinensischen Telekommunikationsfirma, die derzeit nur im Westjordanland operiert. Damit wird die Einrichtung eines weiteren Netzbetreibers im Gazastreifen ermöglicht. Bislang existierte dort mit der Firma Jawwal lediglich ein Anbieter.

Quelle: Aussenministerium des Staates Israel, November 2013

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