Muslimischer Antisemitismus in Europa

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Europäische Regierungen umgehen oftmals, muslimischen Antisemitismus in ihren Ländern offenzulegen oder erst anzusprechen. Der Rassismus zu Kolonialzeiten überstieg jede andere Form der Diskriminierung. Mit dem daraus gebliebenen Schuldgefühl bringt man es nicht zustande, einer Migrationsminderheit die Tatsache anzulasten, dass ein hoher Prozentsatz ihrer eigenen Mitglieder eine andere Minderheit, beispielsweise Juden, hasst. Dazu kommt, dass Muslime in westlichen Gesellschaften diskriminiert werden und es zudem den sozialen Frieden „stören“ könnte, wenn ein Grossteil der muslimischen Gemeinde offiziell des Antisemitismus beschuldigt würde.

Daher stehen nur begrenzte Daten über muslimischen Antisemitismus in Europa zur Verfügung. Doch die wenigen Untersuchungen, die es gibt, weisen alle in die gleiche Richtung. Der belgische Soziologe Mark Elchardus veröffentlichte 2011 einen Bericht über niederländisch-sprachige Grundschulen in Brüssel. Er stellte fest, dass beinahe 50 Prozent der muslimischen Schüler und Schülerinnen der dritten und vierten Klasse im Gegensatz zu 10 Prozent der anderen Schüler, als Antisemiten gelten könnten.[1] Angesichts des Alters der Kinder ist logischerweise anzunehmen, dass ihre Eltern sie mit Judenhass getränkt haben.

Ebenfalls 2011 veröffentlichte der Antisemitismusforscher Günther Jekeli die Ergebnisse seiner 117 Interviews, die er mit jungen muslimischen Jugendlichen im Durchschnittsalter von 19 Jahren, in Berlin, Paris und London führte. Die Einstellungen dieser Jugendlichen in den verschiedenen Städten unterschieden sich nur gering. Eine Mehrheit der Interviewten brachte einige oder starke antisemitische Gefühle zum Ausdruck, die sie offen und oftmals aggressiv bekundeten.[2]

In Amsterdam wurde an 13 Handelsschulen ein Pilotprojekt mit marokkanischen Schülern zum Thema Zweiter Weltkrieg und Nahostkonflikt durchgeführt. Mit diesem Projekt sollte ihre diskriminierende Einstellung und insbesondere ihre antisemitische Ausdrucksweise bekämpft werden. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Einstellungen nach Ende des Projekts abgenommen haben. Vor Beginn des Projekts dachten 32 Prozent der marokkanischen Schüler, dass Juden „genauso nette Menschen wie andere sind“, nach dem Projekt 50 Prozent.[3]

Eine Studie in Frankreich von 2005 zeigt, dass antijüdische Vorurteile besonders unter religiösen Muslimen verbreitet sind. 46 Prozent der Befragten vertraten solche Ansichten im Vergleich zu 30 Prozent unter nicht praktizierenden Muslimen. Es wurde festgestellt, dass nur 28 Prozent der religiösen Muslime in Frankreich völlig vorurteilsfrei sind.[4] Dieses Projekt wie Einzelinformationen zeigen, dass der Antisemitismus unter einem bedeutenden Teil der muslimischen Gemeinde wesentlich grösser ist als unter der heimischen Bevölkerung. Da sich dieser bereits in jungen Jahren manifestiert, können nur äusserst leichtgläubige Menschen glauben, dass der Antisemitismus in den nächsten Jahrzehnten verschwinden wird.

Ein zweiter wichtiger Aspekt ist, dass, verglichen mit heimischen Antisemiten, Muslime sich in ihrer Ausübung antisemitischer Handlungen hervorheben. Das ist besonders in Frankreich zu erkennen: Der Anschlag 1982 auf das jüdische Restaurant Goldberg in Paris wurde von arabischen Terroristen aus dem Ausland verübt. Dabei wurden sechs Personen getötet.[5]

In den letzten Jahren ermordeten in Frankreich lebende Muslime Juden auf brutale Weise. Sebastian Selan, ein jüdischer DJ, wurde 2003 von seinem Nachbarn Abdel Amastaibou getötet.[6] 2006 wurden der junge jüdische Mann Ilan Halimi von einer muslimischen Bande entführt, 24 Tage lang gefoltert und dann getötet. Der Anführer dieser Bande, Youssouf Fofana, rief zu Beginn der Gerichtsverhandlung 2009 „Allah Akbar“ (Gott ist gross“).[7] Im letzten Jahr tötete Mohammed Merah, ein Franzose algerischer Herkunft, einen Lehrer und drei Kinder vor ihrer jüdischen Schule.[8]

Während der israelischen Operation Gegossenes Blei in Gaza 2009 kam es in Oslo zu den grössten antisemitischen Ausschreitungen in der Geschichte Norwegens. Alle Beteiligten waren Muslime. Die Angreifer verletzten Christen, die an einer pro-Israel Kundgebung teilnahmen und warfen lebensbedrohliche Projektile auf sie.[9]

Die drittgrösste Stadt Schwedens, Malmö, wird oft „die Hauptstadt des europäischen Antisemitismus“ genannt. Die Täter physischer und verbaler Angriffe dort sind nahezu alle Muslime.[10] Die Stadt verzeichnete 2010 und 2011 eine Rekordzahl an Anzeigen wegen Hassverbrechen, doch es erfolgten keine Verurteilungen.[11]

In Kopenhagen waren die wichtigsten Übergriffe auf Juden von Arabern. Die jüdische Gemeinde reichte vergebens Anzeige wegen Tatenlosigkeit der Behörden ein.[12] Stephan J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, sagte 2007, dass „die Gewaltbereitschaft im muslimischen Lager vergleichbar ist mit der im rechtsextremen Lager.”[13]

Viele europäische Behörden müssten für ihre Einstellung Juden gegenüber in dieser Angelegenheit zweifach beschuldigt werden: Erstens lassen sie wahllos Einwanderer in ihre Länder ohne die kulturellen Unterschiede zu beurteilen oder zu bedenken, wie sie in ihre Gesellschaften integriert würden. Sie müssten wissen, dass ein aktiv gelebter Antisemitismus ein wesentlicher Bestandteil der Kulturen ist, aus denen diese Einwanderer kommen. Folglich muss die wahllose Zulassung von Einwanderern als indirekte Form des staatlich geförderten Antisemitismus verstanden werden.

Zweitens ist im Verlauf der Jahre deutlich geworden, dass zwar keineswegs alle Muslime Antisemiten sind, doch ein erheblicher Prozentsatz es bereits mit jungen Jahren ist. Und einige geben sogar offen zu, dass sie zu gewalttätigen Handlungen bereit sind. Behörden in europäischen Ländern unterlassen es absichtlich, diese Angelegenheit vertieft zu untersuchen. Es ist die wahllose Zulassung muslimischer Einwanderer, welche die beunruhigendste Entwicklung für das europäische Judentum der letzten 50 Jahre ist. Die Schuld liegt nicht nur bei den Immigranten, sondern auch bei den europäischen Behörden.

Dr. Manfred Gerstenfeld ist Mitglied des Aufsichtsrats des Jerusalem Center of Public Affairs, dessen Vorsitzender er 12 Jahre lang war. Er erhielt den Lifetime Achievement Award (2012) des Journal for the Study of Anti-Semitism.



[1] Nicole Vettenburg, Mark Elchardus, and Johan Put, eds., Jong in Brussel (Leuven, The Hague: Acco, 2011). [Dutch]  

[2] Günther Jikeli, Antisemitismus und Diskriminierungswahrnehmungen junger Muslime in Europa, Ergebnisse einer Studie unter jungen muslimischen Männern, (Essen: Klartext Verlag, 2012). [German]

[3] Tweede Wereldoorlog in Perspectief, 35 [Dutch]

[4] Cécilia Gabison, “Les musulmans pratiquants ont plus de préjugés,” Le Figaro, 7 December 2005. [French]

[5] New York Times Service, “Terrorist Abu Nidal Reportedly Found Dead,” Baltimore Sun, August 20, 20012.

[6] Brett Kline, “Two Sons of France,” Jerusalem Post, January 21, 2010.

[7]“Trial Begins of French ‘Gang of Barbarians’ Accused of Killing Young Jew after 24-Day Torture,” Daily Mail, April 30, 2009.

[8] Murray Wardrop, Chris Irvine, Raf Sanchez, and Amy Willis, “Toulouse Siege as It Happened,” Telegraph, March 22, 2012.

[9] Eirik Eiglad, The Anti-Jewish Riots in Oslo, (Oslo: Communalism, 2010)

[10] Cnaan Liphshiz, “In Scandinavia, kipah becomes a symbol of defiance for Malmo’s Jews,” JTA, 24 September 2012.

[11] “In Malmo, record number of hate crimes complaints but no convictions,” JTA, 9 January 2013.

[12] Hannes Gamillscheg,Dänemark: Juden fühlen sich unter Druck, Die Presse, 1 January 2013. [German]

[13] “Hitler gefällt mir,” Zeit Online, 7 June 2007. [German]

 

6 Kommentare

  1. Im Antisemitismusbericht der Antisemitismuskommission des deutschen Bundestages wird – wenn auch nur halbherzig – auf den muslimischen Antisemitismus eingegangen. In der Öffentlichkeit wird dieser Aspekt allerdings unterdrückt – ebenso wie der Antisemitismus aus dem linken Millieu, der sich häufig hinter israelfeindlichen Bekundungen und Aktionen versteckt. Die Medien verschweigen schlicht die Angaben zu diesen beiden antisemitischen Tätergruppen. Hierzu gibt es viele Beispiele der Berichterstattung über den Bericht der Kommission. Auf Nachfrage erklärte die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG man habe den linken Antisemitismus aus Platz nicht mehr einbeziehen können. Der muslimische Antisemitismus wurde bagatellisiert und heruntergespielt.
    In Deutschland erhalten "Kulturzentren" von Milli Görüs kommunale Vereinsförderung, obwohl in den dortigen Seminaren "die Neubewertung der jüdischen Geschichte" gefordert wird.

  2. Zum Thema jüdisch-muslimischer Dialog ist die US- Organisation Foundation fpr Ethnic Understanding stark engagiert und betreibt Projekte, u.a. auch zwischen jüd-musl. Gemeinden in Lateinamerika https://www.audiatur-online.ch/2012/06/01/lateinam

    Foundation for Ethnic Understanding https://www.ffeu.org/

    Viel in diesem Bereich jüd-musl Dialog findet in den USA statt; folgender Beitrag über ein Projekt was sich "kritisch" auseinandersetzt: https://www.audiatur-online.ch/2012/07/04/gemeinsa

    Vielleicht ein Vorbild für ähnliche Dialogprojekte in der Schweiz?

    Lesenswert auch Moshe Sokolows auseinandersetzung: Cousins – Juden und Araber kommen einander näher https://www.audiatur-online.ch/2013/01/03/cousins-

  3. Ein interessanter Artikel über ein sehr aktuelles Thema! Der "moslemische Antisemitismus" wird aus meiner Sicht generell viel zu wenig (wenn überhaupt!) wahrgenommen. Die jüdische Seite spielt hier die "Maus vor der Schlange" und ist diesbezüglich einfach viel zu passiv. Ich persönlich bin der Meinung, dass es einen jüdisch-moslemischen Dialog geben soll. Aber dieser "Dialog" soll nicht nur "lieb" sein, sondern eben auch die ganze problematische Thematik des moslemischen Antisemitismus in den Fokus stellen!Ich habe selber erlebt, dass in interreligiösen Gesprächen von islamischer Seite gerade dieser Punkt des bissigen Antisemitismus geleugnet wird!

  4. Dank den grünen "Politiker" Geri Müller und Daniel Vischer wird der braune politische Dreck auch in der schweizerischen Politik Einzug halten.

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