Gemeinsame Ausbildung für Sanitäter

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Jede Abschlusszeremonie ist bewegend. Doch die letzte Abschlussfeier an der Ben-Gurion Universität BGU war besonders ergreifend, denn der Abschlussjahrgang der Sanitäterausbildung war eine ungleiche Mischung aus Studierenden aus Jordanien und Israel.

Israel und Jordanien unterzeichneten 1994 zwar einen Friedensvertrag, doch die Beziehungen beider Länder befinden sich auf dem Minimum. Und das macht die allererste jordanisch-israelische Zusammenarbeit in der akademischen Notfallmedizin an der Ben-Gurion Universität des Negevs BGU umso bemerkenswerter.

Die Ausbildung in der Notfallmedizin (Emergency Medical Service EMS) dauert drei Jahre und schliesst mit einem Bachelor ab (B.EMS); 55 Studierende nahmen daran teil – 14 Jordanier und 40 Israelis. Die BGU ist die einzige Universität im Nahen Osten, die einen akademischen Studiengang für Sanitäter anbietet.

„Ich möchte, dass unsere Absolventen stolz sind, ihre Ausbildung an dieser feinen, hochrangigen und humanitären Universität zu erhalten, „ sagte Dr. Mohammed al-Hadid, Direktor des jordanischen Roten Halbmond, in seiner Ansprache vor dem ersten Abschlussjahrgang. „Die Ben-Gurion Universität ist in den örtlichen Gemeinden sehr aktiv und spielt eine zentrale Rolle in der Entwicklung der Bereiche Industrie, Landwirtschaft, Erziehung und beim Aufbau der Beziehungen mit seinen Nachbarn, „ ergänzte er.

Al-Hadid ist Mitinitiator dieses Programmes zusammen mit Professor James Torczyner, Gründer und Direktor des McGill Middle East Program in Civil Society and Peace Building, und dem ehemaligen Rektor der BGU Jimmy Weinblatt (heute Präsident des Sapir Academic College).

Dr. Bruria Adini, Programmleiterin, betonte gegenüber israel21c, dass „es auf akademischer und sozialer Ebene, sowie hinsichtlich der Integration ein grosser Erfolg war.“ Das Programm begünstigt nicht nur gemeinsamen Respekt, auch stellt die Initiative sicher, dass im Fall einer Naturkatastrophe in der Region, Israel und Jordanien zusammenarbeiten werden, um Leben zu retten.

Regionale Zusammenarbeit

Seismologen warnen, dass die Bruchlinien entlang des syrisch-afrikanischen Grabens ein Erdbeben in israelischen und jordanischen Städten auslösen kann. Daher hat die BGU das Joint Disaster Management Project als Teil des Notfallmedizinprogramms organisiert.

Jordanische und israelische Studenten erstellten gemeinsam mit Vertretern des israelischen Roten Davidsterns (Magen David Adom) und dem jordanischen Roten Halbmond ein Scheinerdbeben-Szenario inmitten des Timna Tals in der Negevwüste, um die regionale Einsatzbereitschaft unter Ersthelfern zu überprüfen.

„Wir werden nicht warten, bis etwas passiert,“ sagte al-Hadid. „Wir haben angefangen, etwas zu unternehmen, bevor etwas passiert und das ist, uns gegenseitig kennenzulernen, wissen was wir können, Fachkenntnisse und Erfahrungen austauschen, so dass dann unsere gemeinsamen Bemühungen sein wird, so viele Leben wie möglich im Fall der Fälle zu retten.“

„Wir hatten alles das grossartige Gefühl, etwas erreicht zu haben,“ sagt Adini über diese Übung. Sie würde gerne, dass das Programm weiterläuft und nicht nur Jordanier und Israelis daran teilnehmen, sondern auch Palästinenser, Libanesen, Syrer und Ägypter.

Das EMS Programm (Emergency Medical Service) wurde mit Geldern des israelischen Ministeriums für regionale Zusammenarbeit, des Aussenministeriums, der Europäischen Union und privaten Donatoren finanziert.

„Medizin ist die Brücke zum gemeinsamen Arbeiten. Wir sind alle Menschen und es besteht überhaupt kein Unterschied zwischen uns,“ sagt Adini. „Wir hoffen, dass sich das zu einem regionalen Teamwork [Projekt] entwickelt, so dass wir auf potenzielle Unfälle in der Region wirklich am effektivsten reagieren können.“

Persönliche Bekanntschaften verändern Wahrnehmung

Während der ersten zwei Jahre des EMS Programms wohnten die 14 jordanischen Studierenden im Studentenwohnheim der BGU. Im dritten Jahr kehrten einige von ihnen nach Jordanien zurück, um in jordanischen Krankenhäusern ihr Praktikum zu absolvieren, andere blieben an israelischen Krankenhäusern. In Beer Sheva nahmen sie zusammen mit ihren israelischen Kommilitonen am Uni-Leben, sozialen Treffen und Kompetenzkursen teil. Die Kurse fanden auf Englisch statt.

„Es ist nicht das erste Mal, dass wir jordanische Studenten haben, aber das erste Mal, dass sie Notfallmedizintechnologie an der BGU studieren“, sagt Adini.

Die BGU kann auf eine lange Geschichte der Zusammenarbeit mit arabischen Akademikern zurückblicken, darunter ein jordanisch-israelisches Programm zur Wiederherstellung des Korallenriffs im Roten Meer; Abkommensvorschläge zur Wasserreinhaltung- und Verbrauch; Einschreibung von Studierenden aus arabischen Ländern an der Albert Katz School for Desert Studies; und Sozialarbeit mit Beduinen in den Bereichen Business, Bildung und Landwirtschaft.

Die BGU verlieht al-Hadid für seine humanitäre Arbeit beim Roten Halbmond und seine Hilfe beim Aufbau des EMS Programm die Ehrendoktorwürde. „Mein ganzes Leben war ich Optimist und glaubte an den Frieden und ich glaube, dass humanitäre Beziehungen einen Einfluss darauf haben, Brücken zur Verständigung, der Liebe und Respekt zwischen den Nationen, zu bauen. Ich und meine Kollegen haben uns für den humanitären Weg zum Frieden entschieden und sind bereit, allen Herausforderungen entgegenzutreten und die Hürden auf diesem Weg zu überwinden,“ sagt al-Hadid.

Adini hofft, dass neue Gelder gefunden werden, um die akademische Zusammenarbeit fortzusetzen. „Ich bin mir sicher, die jordanischen Studierenden, die zurückkehren, alle gute Botschafter des Landes, der israelischen Bevölkerung und der BGU sind,“ sagt Adini. „Persönliche Bekanntschaften verändern [Vorurteile]. Frieden wird zwischen Menschen geschlossen. Es ist eine so gute Erfahrung und ich fühle mich privilegiert, Teil dieses herzerwärmenden Programms zu sein.“

Originalversion: Training paramedics from Jordan and Israel by Viva Sarah Press © israel21c, January 13, 2013.